Eigentümer-Pferd-Reiter – Wer haftet in welchem Fall?

Tierhalter und Tierhüter

Einige Versicherungen sind für Pferdehalter obligatorisch. Auf die Tierhalterhaftpflicht sollte beispielsweise keinesfalls verzichtet werden, selbst wenn diese bei Pferdebesitzern anders als bei Hundehaltern auf Freiwilligkeit basiert. Die Versicherung betrifft all jene, die ein eigenes Pferd besitzen.

Die Tierhüterhaftpflicht ist interessant für all jene, die mittels eines Vertrages die Beaufsichtigung eines Tieres übernehmen. In den meisten Fällen sind dies Pensionsstallbesitzer, aber auch Bereiter.

„Beide Versicherungen decken Schäden an Dritten ab. Das ist vielen gar nicht bekannt, wenn sie diese abschließen. Die Tierhüterhaftpflicht greift beispielsweise, wenn das Auto eines Unbeteiligten, das zu Schaden kommt, weil Pferde durchgegangen und auf die Fahrbahn gelaufen sind, beschädigt wird“, erläutert Rechtsanwältin Iris Müller-Klein. Eintrittspflichtig wäre in diesem Fall die Tierhüterhaftpflicht des Stallbetreibers, wenn die Pferde z.B. beim Verbringen auf die Weide durchgehen, der Zaun beschädigt war und die Pferde ausbrechen etc. „Schäden an eigenen Gegenständen oder am eigenen Körper deckt diese Versicherung nicht ab.“

Die verschuldensunabhängige Haftung des Tierhalters stammt noch aus Zeiten, als sich Menschen der Tiergefahr nicht entziehen konnten, da Tiere als einziges Transportmittel die Straßen bevölkerten. Anders als heute hatte der Bürger keine Möglichkeit, sich aus der Gefahrenzone von Tieren zu entfernen. Häufig kam es hier zu Unfällen mit Kutschen, durchgehenden Pferden etc. Solche Unfälle passierten Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts praktisch am laufenden Band. Oft wurden unbeteiligte Passanten aufgrund durchgegangener Pferde teils schwer verletzt. Deren Anrecht auf eine finanzielle Entschädigung sollte durch die verschuldensunabhängige Haftung des Tierhalters abgedeckt werden.

Um die verschuldensunabhängige Haftung des Tierhalters und auch die Haftung des Tierhüters, der sich entlasten muss, dass ihn kein Verschulden trifft, abzusichern gib es entsprechende Versicherungen. Allerdings ist oft problematisch, ob und welche Versicherung überhaupt eintrittspflichtig ist.

Nicht alles lässt sich auf den ersten Blick für einen Laien durchschauen. Und auch sie selbst ist in ihrem Beruf als Anwältin manchmal überrascht, zu welchem Urteil das Gericht kommt, gibt Müller-Klein zu. „Selbst die jahrzehntelange Auseinandersetzung mit der Thematik kann nicht alle Fragezeichen ausradieren.“

Tierhalterhaftpflicht oder Unfallversicherung?

Die komplizierte Dreierkonstellation zwischen Pferdebesitzern, Reitern und dem Pferd, welches der Auslöser des Problems war, tritt immer wieder vor allem bei Unfällen und im Zuge dessen Verletzungen auf.

„Ein Beispiel ist das Verladen auf dem Turnier“, beginnt Iris Müller-Klein mit ihrem ersten Beispiel. „Es dauert ewig, das Pferd auf den Hänger zu bekommen. Ein freundlicher Turnierteilnehmer unterstützt. Plötzlich schießt Pferd zurück, Klappe fällt auf das Bein des Helfers und die Folge ist ein Bruch, im schlimmsten Fall sogar ein komplizierter, offener Bruch. Da stellt sich die Frage, ob die Tierhalterhaftpflicht eintrittspflichtig ist oder etwa die gesetzliche Unfallversicherung.“

Zunächst muss in diesem Fall die Frage erörtert werden, ob die Hilfe beim Verladen über eine reine Hilfe im Rahmen einer Reiterkameradschaft hinaus geht, oder nicht. „Wie lange hat das Verladen gedauert? Wenn die Tätigkeit des anderen Teilnehmers über eine Hilfeleistung unter Reiterkameraden hinaus geht, ist der Teilnehmer „wie ein Beschäftigter“ zu behandeln. Dessen Unfall unterfällt dann gegebenenfalls der gesetzlichen Unfallversicherung und eben nicht der Tierhalterhaftpflicht. Eine komplizierte Situation, mit der wir ständig als Anwälte in diesem Bereich konfrontiert sind.“

Darüber gibt es häufig Streit. Diesen löst man, indem man den Fall der gesetzlichen Unfallversicherung meldet, das kann auch der Tierhalter des Pferdes tun. Die Entscheidung der gesetzlichen Unfallversicherung ist für alle Parteien bindend. Sieht sie sich als eintrittspflichtig an, scheiden Ansprüche gegen den Tierhalter aus. Meist ist es nämlich so, dass der Verletzte Ansprüche geltend macht und der Tierhalter seine Versicherung einschaltet. Diese lehnt dann in der Regel ab und verweist auf die gesetzliche Unfallversicherung. Da die Bearbeitung nicht ganz schnell geht, kommt es oft zur Klage. In dem Verfahren muss dann ausgesetzt werden, bis entschieden ist, wer eintrittspflichtig ist. Für den Verletzten ist es oft nicht so toll, wenn die gesetzliche Unfallversicherung eintrittspflichtig ist, da er dann kein Schmerzensgeld erhält, wie es bei der Tierhalterhaftpflicht der Fall wäre. Die Unfallversicherung muss zwar die Arztkosten zahlen, da man aber in der Regel ohnehin krankenversichert ist, bringt das praktisch nicht so viel.“

Problematisch ist auch, ob Personen, die ständig mit dem Tier umgehen, vom Schutzbereich der Tierhalterhaftung erfasst sind oder nicht. Iris Müller-Klein erläutert, dass diese Fragestellung ebenfalls im Raum steht, wenn beispielsweise eine Reitbeteiligung mit dem Pferd eines anderen Besitzers an einem Wochenend- oder gar Wochenkurs teilnimmt und dabei eine Verletzung erleidet. „Die Rechtsprechung geht in derartigen Fällen häufig davon aus, dass die Reitbeteiligung das Pferd im eigenen Interesse wie ein Besitzer genutzt hat. Man geht dann davon aus, dass der Schutzbereich der Tierhalterhaftung gar nicht eröffnet ist, weil die Reitbeteiligung mit dem Pferd quasi wie ein Tierhalter selbst umgegangen ist. Dies hat zur Folge, dass es für die Reitbeteiligung gar nichts geben kann, da die verschuldensunabhängige Tierhalterhaftung nicht greift.

Lesen Sie als Premium-Kunde den ganzen Artikel
und nutzen Sie viele weitere Vorteile

Jetzt informieren!

Ich habe bereits ein Konto

Ihre Meinung!

comments powered by Disqus

Ähnliche Artikel

Zum Seitenanfang