Gesundheit: Tief Luftholen

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Einatmen, ausatmen: Das klingt eigentlich so simpel und trotzdem kommt es genau hier immer wieder zu Problemen beim Pferd. Denn nicht nur Husten ist eine Folge von Atemwegserkrankungen, auch ein stockender Bewegungsablauf im Galopp oder Konzentrationsverlust beim Pferd können vorkommen. Meist wird in diesen Fällen jedoch eher an der Rittigkeit oder der Motivation des Tiers gezweifelt, als dass ein Problem mit der Atmung vermutet wird.

Die Atmung

Die Atmung verrät viel über den Gesundheitszustand des Pferdes. Daher ist es zunächst wichtig, die Atmung als solche zu verstehen. Anders als Hunde oder Menschen, können Pferde ausschließlich durch die Nüstern atmen. Das liegt an dem langen Gaumensegel, dass die Mund- und Nasenhöhle voneinander trennt, wodurch das Atmen durch das Maul unmöglich wird. Die Atmungsorgane ermöglichen einen Gasaustausch im Körper des Pferdes, sprich Sauerstoff kommt rein und Kohlenstoffdioxid wird ausgeschieden. Der Weg führt die Luft dabei über die Nüstern in die Nasenhöhle, den Kehlkopf, die Luftröhre entlang durch die Bronchien bis in die Luftbläschen der Lunge. In den Luftbläschen findet der Gasaustausch statt. Umso weniger Luft in die Lungenbläschen gelangt, umso schlechter wird das Pferd mit Sauerstoff versorgt, was sich schnell im Leistungsabfall zeigt.

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Eine weitere Besonderheit neben der ausschließlichen Nasenatmung der Pferde ist der Aufbau der Nüstern. Diese bestehen ausschließlich aus Weichteilgewebe, welches sich bei angestrengter Atmung zusammenzieht und das Nasenloch verengt. Dadurch kann weniger Luft eingesogen werden. Während des Trainings kann allein das Überwinden des Atemwiderstands der Nüstern zehn bis 15 Prozent der Herzleistung beanspruchen. Ebenfalls ein wichtiger Faktor bei der Atmung ist das Zwerchfell. Dieses spannt sich zwischen Brust- und Bauchhöhle, es trennt die Atmungsorgane von den übrigen Organen und spannt und entspannt sich je nach Atmung. Beim aufrechtgehenden Menschen ist es nach oben gewölbt und spielt eine entscheidende Rolle bei der Bauchatmung. Wird in den Bauch geatmet, spannt sich das Zwerchfell und die Wölbung wird flacher, wodurch dich der Brustraum und die Lungenflügel ausdehnen können. Bei Vierbeinern muss das Zwerchfell die Eingeweide nach hinten statt nach unten verschieben, um mehr Platz im Brustraum freizugeben. In der Bewegung werden die Innereien durch die Einwirkung der Schwerkraft in der Stützbeinphase wieder nach unten-vorne geschoben. Die Gedärme des Pferdes wiegen etwa 250 Kilogramm, dagegen kann das Zwerchfell nicht anatmen. Aus diesem Grund ist der Atemrhythmus im Galopp vorgegeben, ausatmen in der Stützbeinphase und einatmen in der Schwebephase. Während der Schwebephase richtet sich das Pferd vorne leicht auf, wodurch die Verdrängung der Innereien nach hinten erleichtert wird. Daraus ergibt sich, dass ein aufgerichtetes Pferd, welches zudem weit unterspringt und großen Raumgriff in der Galoppade zeigt, umso tiefer einatmen kann. Im Trab lässt sich die Atmung nicht ganz so präzise auf den Bewegungsablauf anpassen, doch gilt auch hier der Grundsatz: Einatmen in der Schwebephase und Ausatmen in der Stützbeinphase. Im Schritt zeigt sich die Atmung ähnlich wie in Ruhephasen. Diese synchronisierte Atmung des Pferdes in der Bewegung ist nur möglich, wenn das Pferd korrekt geritten und losgelassen ist. Das freie und rhythmische Atmen unterm Reiter ist auch hörbar.

Fehler unterm Sattel

Bei einer korrekten Reitweise mit synchronisierter Atmung kippt das Pferd das Becken nach hinten ab und der Brustkorb hebt sich an. Dabei spannt sich das Zwerchfell vom Brustbein zur Lendenwirbelsäule. Dreht das Becken jedoch zurück, ohne dass sich der Brustkorb hebt oder hält der Reiter den Pferdekopf eng an der Brust, wird verhindert, dass sich das Pferd nach vorne strecken kann. Dadurch wird die Spannung des Zwerchfells so groß, dass es für das Pferd unmöglich ist, vollständig durchzuatmen. Genauso schlecht ist es, wenn das Pferd den Kopf sehr hochträgt und dabei den Rücken wegdrückt. Damit verliert das Pferd die Spannung im Zwerchfell und die Bauchmuskulatur muss die Atmung unterstützen. Ist dies regelmäßig der Fall, verändert sich die Bauchmuskulatur des Pferdes deutlich sichtbar. In beiden Fällen bekommt das Tier auf Dauer Probleme mit der Atmung bei größerer Anstrengung. Fehler in Dressurlektionen und am Hindernis sind die Folge. Denn das Pferd kann nur eine bestimmte Zeit lang die Luft anhalten und wenn diese dann knapp wird, sind Hektik und Fehler die vorprogrammiert.

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Atemprobleme

Es gibt verschiedene Krankheiten wie Equines Asthma oder Infektionen, die die Atemwege entzündlich verändern und somit den reibungslosen Gasaustausch stören. Wird eine solche Entzündung der Atemwege nicht rechtzeitig und gewissenhaft behandelt, kann es zu dauerhaften Veränderungen des Lungengewebes kommen, was oftmals deutliche Leistungseinbußen zur Folge hat. Aber auch äußere Einflüsse bedingen die Atmung. So kann ein schlecht sitzender Sattel oder ein zu enger Sattelgurt dem Pferd die Atmung erschweren. Aber auch der Reiter oder seine Reitweise können die Ursache für Atemprobleme sein. Angespannte Pferde, die sich unterm Sattel nicht lösen, können auch nicht vollständig durchatmen. Je höher die Trainingsbelastung, desto höher ist auch der Sauerstoffbedarf des Körpers, wird dieser nicht gedeckt, kann es zu einer Übersäuerung der Muskeln kommen. In besonders schlimmen Fällen kann dies sogar zu einer Beeinträchtigung des Bewegungsapparats des Tieres führen. Wie gut die Sauerstoffversorgung tatsächlich ist, lässt sich anhand einer Laktatuntersuchung erkennen. Dazu wird dem Pferd im Ruhezustand Blut abgenommen und untersucht, das Gleiche wird dann unmittelbar nach der Belastung wiederholt. Ist der Lactatwert nach der Belastung sonders hoch, weist dies auf eine zu geringe Sauerstoffaufnahme hin. Auch eine Blutgasanalyse kann weiteren Aufschluss geben. Auch dabei wird arterielles, also sauerstoffreiches Blut entnommen. Die Untersuchung vor und nach der Belastung zeigt dann, ob generell ausreichend Sauerstoff aufgenommen wird und ob das Kohlenstoffdioxid vollständig wieder ausgeatmet wird.

Atemproblemen vorbeugen

Die Atmung des Pferdes ist eng verbunden mit dem Herz-Kreislauf-System, dem Wasser- und Elektrolythaushalt, der Thermoregulation und dem Energiestoffwechsel. Somit ist auch der Bewegungsapparat beeinflusst. Um ebendiesen zu schonen, ist es besonders wichtig, das Pferd vor dem Training ausreichend aufzuwärmen. Durch die Aktivierung von Kreislauf und Milz werden rote Blutkörperchen von der Milz ausgeschüttet. Diese binden den Sauerstoff bei der steigenden Belastung und somit ist kein angestrengtes Atmen nötig, um den steigenden Sauerstoffbedarf zu decken. Stehen nicht genügend rote Blutkörperchen zur Verfügung, zeigt das Pferd schneller Erschöpfungserscheinungen. Weiterer Vorteil der Aufwärmphase: Das Pferd lockert die Muskulatur, was die Atmung erleichtert.

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Krankhafte Atmung

Leider ist die Lunge auch anfällig für Erkrankungen. Entscheidend für die Gesundheit ist die Art der Haltung. Die Pferdelunge kommt erst unter Bewegung zum vollen Einsatz, darum ziehen orthopädische Erkrankungen wie Lahmheiten oder auch Koliken oft Erkrankungen der Lunge mit sich. Feinste Staubpartikel werden auch durch die Atemluft aufgenommen und bleiben in der Lunge der Pferde haften. Um die Staubpartikel bildet sich Schleim, der über feine Härchen durch die Luftröhre zurück transportiert und ausgehustet wird – allerdings nur dann, wenn der Körper ausreichend in Bewegung ist. „Die meisten Pferde sind chronisch zu wenig ausgelastet. Pferde sind Lauftiere, Fluchttiere und Dauerfresser, darauf ist ihr Körper ausgelegt und nur so funktioniert er auch“, erklärt Futterberaterin Conni Fritz. Sie empfiehlt zur Gesunderhaltung der Pferde gute Raufutter- und Einstreuqualität und regelmäßige Bewegung, die auch die Lunge in Schwung bringt. „Ein Großteil der Lunge wird bei den meisten Pferden kaum noch genutzt, darum kann sie sich auch nicht mehr selbst heilen“, führt Fritz weiter aus. Wer nicht sofort auf Atemprobleme reagiert, riskiert, dass diese chronisch werden. „Schon beim ersten Husten sollte zunächst die Temperatur gemessen werden. Hat das Pferd kein Fieber, liegt kein Infekt vor und durch gezieltes Intervalltraining und die Fütterung von hoch konzentrierten und ätherischen Ölen kann ich eine dauerhafte Erkrankung vermeiden und das Leistungsniveau meines Pferdes erhalten“, ist sich Fritz sicher. Mit Intervalltraining, bei dem das Pferd mehrmals täglich außer Puste kommt und einen erhöhten Puls hat, wird der Schleim in der Lunge gelöst und kann dann in den Ruhephasen mit gestrecktem Hals abgehustet werden. Um das Intervalltraining richtig zu gestalten, sollte der Reiter die PAT- Werte (Puls, Atmung, Temperatur) seines Pferdes kennen. Das Intervalltraining sollte vorbeugend schon bei gesunden Pferden etabliert werden. Wird die Lungenerkrankung chronisch, kann dies dazu führen, dass ein Reitpferd unter Umständen nicht mehr reitbar ist.

Vorbeugende Maßnahmen

Neben dem ausgiebigen Training, das auch die Lunge richtig arbeiten lässt, steht die richtige Haltung ganz oben auf der Liste der Dinge, die zur Gesunderhaltung der Atemwege führen. Ein Stallklima mit guter Luftqualität kann nicht bei geschlossenen Türen und Fenstern und mit Matratzeneinstreu entstehen. Außerdem sollte Staub verhindert werden. Also empfiehlt sich, die Stallgasse vor dem Fegen zu befeuchten und die Boxen nur zu misten, wenn die Pferde draußen sind. „Der größte Faktor ist jedoch das Raufutter. Schimmelsporen und Bakterien machen unsere Pferde krank. Und auch ein „nur“ von außen schimmliger Heuballen muss komplett entsorgt werden. Nur, weil ich den Schimmel nicht sehe, ist er trotzdem da. Und wenn ich das Futter dann noch in engmaschigen Heunetzen oder anderen Fressbremsen verfüttere, schüttelt das Pferd die schädlichen Sporen bei jedem Bissen auf und atmet diese ein“, verdeutlicht die Expertin. Gleiches gilt für Einstreu – besonders bei Stroheinstreu sind Schimmel und Bakterien ein großes Problem. Als beste vorbeugende Maßnahmen gegen Husten sieht die Expertin hygienisches Raufutter und so viel Bewegung wie möglich. „Und zwar Bewegung, bei der das Pferd tatsächlich aus der Puste kommt und schwitzt. Ein bisschen von links nach rechts auf dem Paddock und ein gemütlicher Schrittausritt tut nichts für den Atmungsapparat des Pferdes“, warnt Fritz.


Infektiöse Erkrankungen

Aber nicht nur die Boxenhaltung kann Lungenprobleme verursachen. Gerade junge Pferde, die noch kein ausgereiftes Immunsystem haben, neigen zu Infektionserkrankungen der Atemwege. Ebenso ältere Pferde, Pferde im Fellwechsel oder Pferde, die gerade neu in den Stall oder die Herde gekommen sind, sind anfällig. Allergien sind der häufigste Grund für Atemprobleme beim Pferd.
 

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Liegt eine Erkrankung der Lunge vor, sind die Pferde sind schneller aus der Puste und blähen die Nüstern stärker als gesunde Pferde. Zudem haben sie eine vermehrte Bauchatmung. Oft gehen die Atemprobleme einher mit erhöhter Schleimproduktion, die sich durch starken Nasenausfluss und/oder vermehrtes Husten zeigt. Der Nasenausfluss ist meist zunächst wässrig und wird im Verlauf der Krankheit zähflüssig und gelblich grün. Zudem sind Probleme bei der Atmung oft mit einer generellen Verhaltensänderung des Tieres verbunden. Abgeschlagenheit und Lustlosigkeit bis hin zur Futterverweigerung können Begleiterscheinungen sein.

Chronisch erkrankte Pferde können schon Wochen lang krank sein, ohne ausgeprägte Symptome zu zeigen. Erste Anzeichen können kurzes Abhusten zu Beginn des Trainings oder weniger Vorwärtsdrang sein.
 
Die chronische Erkrankung der Pferdelunge wird umgangssprachlich auch Dämpfigkeit genannt. Tierärzte sprechen hingegen heutzutage von dem sogenannten „Equine Asthma“, welches in unterschiedlicher Ausprägung vorliegen kann. Die Begriffe COPD oder auch RAO sind inzwischen gängig. Kennzeichnend für die Erkrankung ist, dass man die Pferde mit einer Haltungsumstellung und der richtigen medizinischen Behandlung in vielen Fällen symptomfrei bekommen bzw. die Symptome minimieren kann.



Wege der Heilung
 
Die meisten Erkrankungen der Lunge werden mit schleimlösenden Medikamenten behandelt. In akuten Fällen verschreibt der Tierarzt häufig zusätzlich Antibiotika, bei chronischen Erkrankungen ist dies jedoch wirkungslos.
Bei Pferden bildet sich durch die angestrengte, asthmatische Atmung eine Rinne entlang des Rippenbogens, dies ist ein Zeichen für einen so genannten Bronchospasmus. Hier sollten bronchienerweiternde Medikamente zum Einsatz kommen, die die Atmung erleichtern. Bei der chronischen Bronchitis sind die Atemwege dauerhaft entzündet, die Pferde reagieren allergisch auf Staub, Pilze und Pollen. In diesem Fall kann eine vorübergehende Therapie mit einem effektiven Entzündungshemmer in Form von Kortison helfen.
 
Außerdem können durch Inhalation Erfolge erzielt werden. Wie auch in der Humanmedizin gibt es hier verschiedene Ansätze wie Soleinhalation oder der gezielte Einsatz von Medikamenten wie Kortison. Dabei ist es entscheidend, dass die Wirkstoffe möglichst tief in die Lunge gelangen und dadurch direkt an der betroffenen Stelle wirken.

Liegt eine Erkrankung der Lunge vor, sind die Pferde sind schneller aus der Puste und blähen die Nüstern stärker als gesunde Pferde. Zudem haben sie eine vermehrte Bauchatmung. Oft gehen die Atemprobleme einher mit erhöhter Schleimproduktion, die sich durch starken Nasenausfluss und/oder vermehrtes Husten zeigt. Der Nasenausfluss ist meist zunächst wässrig und wird im Verlauf der Krankheit zähflüssig und gelblich grün. Zudem sind Probleme bei der Atmung oft mit einer generellen Verhaltensänderung des Tieres verbunden. Abgeschlagenheit und Lustlosigkeit bis hin zur Futterverweigerung können Begleiterscheinungen sein.

Chronisch erkrankte Pferde können schon Wochen lang krank sein, ohne ausgeprägte Symptome zu zeigen. Erste Anzeichen können kurzes Abhusten zu Beginn des Trainings oder weniger Vorwärtsdrang sein.
 
Die chronische Erkrankung der Pferdelunge wird umgangssprachlich auch Dämpfigkeit genannt. Tierärzte sprechen hingegen heutzutage von dem sogenannten „Equine Asthma“, welches in unterschiedlicher Ausprägung vorliegen kann. Die Begriffe COPD oder auch RAO sind inzwischen gängig. Kennzeichnend für die Erkrankung ist, dass man die Pferde mit einer Haltungsumstellung und der richtigen medizinischen Behandlung in vielen Fällen symptomfrei bekommen bzw. die Symptome minimieren kann.



Die Atmung des Pferdes

Insgesamt atmen Pferde zwischen acht und 16-mal die Minute ein und aus. Im Allgemeinen lässt sich sagen: Je kleiner das Pferd, desto häufiger muss es aufgrund des geringeren Lungenvolumens jede Minute ein- und ausatmen. Dabei werden zwischen vier und sechs Liter Luft bewegt, bei Belastung kann sich das Luftvolumen auf 15 bis 20 Liter pro Atemzug ansteigen. Ebenso erhöht sich die Atemfrequenz.

PAT-Werte des Pferdes

Je nach Rasse, Größe, Alter und Trainingszustand des Tiers variieren die Werten, aus diesem Grund sollte jeder Besitzer die Werte seines Pferdes im Ruhezustand kennen.
Richtwerte für ein gesundes Pferd:
Puls: 28 bis 40 Pulswellen pro Minute (gut zu fühlen in der Ganasche)
Atmung: Acht bis 16 Atemzüge pro Minute
Temperatur: 37,5 bis 38,2 Grad

Unsere Expertin

Foto: Privat

Conni Fritz ist selbstständige Futterberaterin mit fast 30 jähriger Erfahrung im Bereich Pferdefütterung und besonderer Leidenschaft für gutes Raufutter.

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