Wer hat Recht? - Hilfe im Netz

Auch in der Pferdehaltung ist es zu empfehlen, schriftliche Verträge zu vereinbaren. Sei es beim Pferdekauf oder bei dem Mieten einer Pferdebox oder eines Offenstallplatzes. (Foto: Pixabay)

„Bei etwa 1,3 Millionen in Deutschland gehaltenen Pferden sind Auseinandersetzungen um das Lebewesen Pferd vorprogrammiert“, steht für Rechtsanwältin Daniela Lemke fest. Das ist wohl auch einer der Gründe, weshalb ihre Facebookgruppe „Pferderecht“ so beliebt ist.

 

Täglich beantwortet sie und ihre Experten die Fragen rund um das Thema Recht und Versicherung ihrer über 41.000 Mitglieder in ihrer privaten Gruppe auf Facebook. „Ich bin selbst Eigentümerin zweier Pferde, wovon eines an dem Gendefekt PSSM Typ 1 leidet. Ich habe mir damals Hilfe und Beratung in einer dafür spezialisierten Gruppe auf Facebook geholt“, beschreibt Lemke den Weg zu ihrer eigenen Facebookgruppe. „Dadurch bin ich auf die Idee gekommen, Pferdemenschen so ebenfalls schnell und unkompliziert Hilfe anbieten zu können – und die Pferderechtsgruppe war geboren. Die Moderation liegt in der Hand eines kompetenten Teams von Fachleuten.“ Jede Anfrage der Mitglieder wird von einem Mitglied des fünfköpfigen Teams beantwortet. „Neben mir stehen der Versicherungsexperte Dennis Keller (bekannt als der Vierpfotenmakler), meine Kollegin Dr. Nina Ollinger, Pferderechtsexpertin aus Österreich, die Tierärztin Marion Eltze-Nergiz und der sachverständige Versteigerer und Hufexperte Burkard Rau den Hilfesuchenden mit Rat und Tat zur Seite.“

Folgende Bereiche werden vom Pferderecht abgedeckt und werden in der Gruppe erörtert: Pferdekauf, Pferdetransport, Obhutspflichten und Haftung des Stallbetreibers, Pflichten und Haftung des Hufschmieds, Pflichten und Haftung des Tierarztes, insbesondere bei einem Behandlungsfehler oder einer fehlerhaften Ankaufsuntersuchung, Pflichten und Haftung des Reitlehrers und die Haftung der Reitbeteiligung bei Verletzung des Pferdes oder Dritter. „Auch die vorbeugende Beratung sowie Fragen zu Verträgen wie zum Beispiel Kauf-, Einstell-, Reitbeteiligungs- und Nutzungsüberlassungsverträge werden in der Gruppe erörtert.“

Unter anderem beschäftigt die Frage nach der Wirksamkeit fristloser Kündigungen und die Abzugsfähigkeit von ersparten Aufwendungen beim vorzeitigen Auszug aus dem Pensionsstall viele Mitglieder der Pferderecht-Facebook-Gruppe.

 

Rechte des Stallbetreibers

 

Einen zwischenzeitlichen oder dauerhaften Wechsel der Box darf der Betreiber des Stalles veranlassen, sofern dies von vornherein im Vertrag geregelt wurde. „Andernfalls bedürfte es einer wechselseitigen nachträglichen Anpassung des Vertrages. Zumindest dann, wenn eine konkrete Boxennummer darin genannt ist“, erklärt der Experte. Er empfiehlt: „Es ist anzuraten, die konkrete Haltungsform im Einstellervertrag zu spezifizieren – zum Beispiel Einzelhaltung, Gruppenhaltung, Innenbox, Außenbox oder Laufstall.“ Die Ausweichbox solle von der Größe her vergleichbar sein.

Des Weiteren trägt der Einsteller eine Hinweispflicht bezüglich etwaiger Besonderheiten des Pferdes – dazu zählt auch der Charakter des Pferdes. „Der Stallbetreiber sollte im Einstellervertrag daher ausdrücklich auf eine solche Hinweispflicht des Einstellers aufmerksam machen und Verhaltensauffälligkeiten wie Schlagen, Steigen, Weben, Koppen oder ähnliches im Vertrag explizit festhalten.“ Auch auf Unverträglichkeiten oder Allergien im Zusammenhang mit Futter habe der Einsteller den Reitstallbesitzer hinzuweisen. Bestehe durch ein bestimmtes Pferd eine Gefahr für die restliche Herde, dürfe der Stallbetreiber aufgrund seiner Obhuts- und Schutzpflichten gegenüber den eingestellten Tieren Problempferde der Herde entnehmen. Er könne sogar dazu verpflichtet sein.

 

Pflichten des Stallbetreibers

 

„Der Stallbetreiber übernimmt gemäß § 688 BGB die Obhut über das Pferd und damit auch die Pflicht, das Pferd vor zum Beispiel Verletzungen zu schützen“, hält der Rechtsanwalt fest. Er habe sicherzustellen, dass von seinem Reitstall und seiner Reitanlage keine Gefahren für das eingestellte Pferd ausgehen. „Diese Pflicht reicht von einer angemessenen Größe der Box über die Rutschfestigkeit der Stallgasse und einer dauerhaft funktionsfähigen Trinkwasseranlage bis hin zur ordnungsgemäß erbauten und regelmäßig kontrollierten Zaunanlage auf der Weide.“ Er habe außerdem dafür Sorge zu tragen, dass das Pferd in seiner Stallung keinen Schaden erleide, worunter auch die Verhinderung von Erkrankungen durch beispielsweise verunreinigte Nahrungsmittel fällt, sofern neben der Unterbringung auch die Fütterung als Hauptleistungspflicht in den Vertrag aufgenommen wurde – das sei jedoch der Regelfall.

 

Krankheit des Pferdes und allgemeine Tiergefahr

 

„Im Einstellervertrag sollten die wechselseitigen Rechte und Pflichten bei Erkrankung des Pferdes sorgfältig geregelt sein“, merkt Cherkeh an. „Hierzu gehören vor allem auch klare Vertretungsregelungen bei Einbindung des Tierarztes.“ Eine Nebenpflicht des Stallbetreibers sei nämlich, den Pferdebesitzer bei einer Erkrankung des Pferdes zu informieren, damit dieser die Entscheidung über eine tierärztliche Versorgung treffen und einleiten kann. „Ist der Eigentümer des Tieres nicht erreichbar, dann sollte der Betreiber eigenständig und unverzüglich den Tierarzt einbestellen oder es in eine Tierklinik bringen.“ Bei einem verzögerten Beginn einer tierärztlichen Behandlung, die beispielsweise zu höheren Behandlungskosten oder zum Tod des Pferdes führe, könne der Eigentümer den Stallbetreiber gegebenenfalls auf Schadensersatz in Anspruch nehmen.

Der Einsteller selber sei als Pferdehalter gemäß § 833 BGB stets für Schäden beim Stallbetreiber und auch Dritten haftbar, die auf die allgemeine Tiergefahr zurückzuführen seien. „Der Betreiber sollte sich daher im Vertrag versichern lassen, dass der Einsteller für sein Pferd eine ordnungsgemäße Tierhalterhaftpflichtversicherung besitzt und diese auch für die Dauer der Einstellung aufrechterhält“, merkt Cherkeh an.


Haftung bei Unfällen

 

Unfälle sind im Reitsport keine Seltenheit. „Reiten ist ein Gefahrensport und jeder Reiter sollte sich ausreichend versichern, um im Falle des Schadens nicht ungeschützt zu sein.“ Aus diesem Grund ist es definitiv ratsam, beim Reiten einen Helm zu tragen. Eine direkte Helmpflicht gibt es jedoch nicht. Wie ist es nun also, wenn ein Reiter ohne Helm bei einem Ritt zu Schaden kommt, ohne selbst die Schuld an dem Unfall zu tragen? „Bei der Frage, ob dem helmlosen Reiter aufgrund eines nicht verschuldeten Unfalls Schadensersatzansprüche gegen den Schädiger zustehen, wird erörtert werden, ob der Schaden mit einem Helm hätte vermieden werden können“, verdeutlicht Lemke. „Das ändert aber nichts daran, dass dem Reiter dem Grunde nach Ansprüche gegen den Schädiger zustehen.“ Der Verletzte müsse aber nicht fürchten, dass die eigene Krankenversicherung nicht leisten wird. Dies müsse sie aufgrund des Versicherungsvertrages. Verursache der Reiter selbst einen Unfall, hafte er. „Dabei ist es egal, ob er einen Helm trägt oder nicht.“

 

 

Unsere Expertin:

Daniela Lemke (*1980) ist Rechtsanwältin und lebt mit ihrer Familie in Mittelhessen. Ihre Leidenschaft hat die begeisterte Pferdehalterin, Reiterin, Fahrerin und Sachverständige zu ihrem Beruf gemacht und arbeitet in ihrem Spezialgebiet „Pferderecht“ deutschlandweit.

In ihrer Facebook-Gruppe „Pferderecht“ beantwortet sie zudem täglich als kompetente Ansprechpartnerin Rechtsfragen rund um das Thema Pferd. Kontakt: Mainzer Landstraße 13, 65589 Hadamar, Telefon 06433/93020, Telefax 06433/930229, info@lemke-kanzlei.de

In der Facebookgruppe können Interessierte sich erste Einschätzungen zu ihrem Anliegen holen. Eine konkrete Rechtsberatung ist so natürlich nicht möglich. „Unsere Antworten sind daher nicht verbindlich und ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit. Wir zeigen nur Möglichkeiten auf, orientiert an den uns mitgeteilten Informationen.“ Lemke ergänzt außerdem: „Das Hinzufügen oder Weglassen von Tatsachen kann die rechtliche Einordnung erheblich ändern, so dass wir grundsätzlich eine konkrete Rechtsberatung empfehlen. Diese kann dann natürlich auch durch mich erfolgen.“

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