Auf der sicheren Seite: Versicherungen und Recht rund ums Pferd

Die meisten Rechtsstreits entstehen nach dem Pferdekauf, trotz vorangegangener Ankaufsuntersuchung. Foto: Slawik

Ein großes, ein wichtiges Thema im Alltag mit Pferden: Welche Versicherungen sind für mein Pferd und im reiterlichen Alltag nötig, damit ich im Ernstfall nicht auf extremen Kosten sitzenbleibe? Was sollten Reitstallbesitzer, Reitlehrer und andere Personen, die mit Pferden ihr Geld verdienen, in dieser Hinsicht beachten? Und was tun, wenn man doch einmal rechtlichen Beistand braucht? Viele Fragen, auf die wir, auch Anhand einiger Beispiele, für Sie Antworten zusammengetragen haben.

Pferdekauf – Eine besondere Rechtsfrage

„Im Optimalfall ist das neu gekaufte Pferd „scheckheftgepflegt“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Sascha Brückner, Autor des Werkes „Pferdekauf heute“. „Das bedeutet, sämtliche tierärztlichen Behandlungen und Rechnungen sind dokumentiert. Je transparenter Verkäufer und Pferd, desto sicherer für den Käufer. Vertraglich gibt es für den Käufer einen einfachen Tipp: Schließt er den Kauf per Handschlag ab, also ohne schriftlichen Vertrag, kann er kaum etwas falsch machen. Der Verkäufer haftet dann nach der vollen Strenge des Gesetzes. Die Erfahrung zeigt: Gefahren lauern für den Käufer eher in schriftlichen Verträgen. Diese sind meist darauf ausgelegt, die Haftung des Verkäufers für Sachmängel auszuschließen oder zumindest einzuschränken. Viele dieser Vertragsmuster beinhalten zwar unwirksame Haftungsausschlüsse. Der juristisch nicht versierte Käufer kann dies normalerweise nicht einschätzen. Viele Rechtsstreitigkeiten ließen sich vermeiden, wenn sich die Kaufvertragsparteien auch rechtlich beim Pferdekauf beraten lassen würden. Ich sage das nicht nur im Interesse von uns Anwälten, sondern aus Überzeugung und als Erfahrungswert aus der Bearbeitung von mittlerweile einigen tausend Pferdekaufrechts-Fällen in meiner Kanzlei.“

Es lohnt sich folglich bei jedem Pferdekauf die Unterstützung eines versierten Anwalts in Anspruch zu nehmen. Die Kosten, die ein nachträglicher Rechtsstreit beinhaltet, sind erheblich höher als eine rechtliche Absicherung.

Im Falle von Auktionen haben Käufer häufig falsche Erwartungen, was möglich ist: „Einige denken, sie hätten bei einem Auktionskauf sämtliche Rechte im Falle eines Mangels. Das Gegenteil ist meist der Fall: Der Veranstalter einer öffentlichen Versteigerung kann die Sachmängelrechte des Käufers in den Auktionsbedingungen ausschließen. Dies ist sogar dann möglich, wenn der Verkäufer ein professioneller Händler ist“, erläutert Dr. Sascha Brückner. „Die meisten Auktions-Veranstalter machen hiervon Gebrauch. Erfahrungsgemäß gehen die deutschen Warmblutzuchtverbände trotzdem oft kulant mit berechtigten Sachmängelrügen ihrer Kunden um. Die Rechte sind jedoch dieselben, sofern sie nicht im Vertrag wirksam ausgehebelt werden: Hat das Pferd zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs auf den Käufer einen Mangel, haftet der Verkäufer dafür in der Regel innerhalb einer zweijährigen Verjährungsfrist.“

Verletzt ein Pferd ein anderes, zieht manch ein Besitzer vor Gericht. Foto: Equipics

Mangel, Weideunfälle, Tierarztversagen?

Es gibt unzählige Rechtsfragen, mit denen sich Anwälte mit Spezialisierung auf Pferderecht über den Pferdekauf hinaus beschäftigen. Deshalb kann man nur exemplarisch einige herausgreifen.

Rechtsanwältin Jasmin Lisa Himmelsbach, spezialisiert auf Pferde- und Sportrecht, ist selbst begeisterte Reiterin. Sie führt an: „Ein ganz typisches Thema ist beispielsweise die Frage, was überhaupt ein Mangel ist und wann man diesen rechtlich geltend machen kann. Ob im rechtlichen Sinne ein Mangel vorliegt beurteilt der Rechtsanwalt stets im Einzelfall. Hier kommen Fragen auf wie „Welche Beschaffenheit soll das Pferd haben? Eignet es sich für die gewöhnliche Verwendung? Was wurde beim Kauf vereinbart?“ Pauschallösungen gibt es also selten. „Auch bei den oft bemängelten Kissing Spines muss man beispielsweise die Befunde genau betrachten, ob diese sich etwa klinisch auswirken und das Pferd nachweisbar Schmerzen hat.“

Verletzungen des Pferdes, etwa auf der Weide, sind ein weiteres häufiges Streitthema. Hier entscheidet am Ende ebenfalls immer der Einzelfall. „Kommt es zu Verletzungen von Pferden auf der Weide beispielsweise durch andere Tiere, unerklärliche Gründe oder einen Ausbruch entsteht oft Streit und die Stallbetreiber werden in die Verantwortung genommen“, beschreibt Jasmin Himmelsbach. „Oft geschieht dies jedoch auch ungerechtfertigt. Die Umzäunung muss regelmäßig kontrolliert werden, Höhe und Beschaffenheit variieren jedoch erheblich. Man muss Punkte beachten, wie etwa das Geschlecht des Pferdes, die Umgebung der Weide, die Frage, ob es sich etwa um Springpferde handelte. Grundsätzlich haftet ein jeder Pferdehalter für die von seinem Pferd ausgehende so genannte „typische Tiergefahr“. Hintergrund ist, dass der Tierhalter in den Augen des Gesetzgebers allein durch die Haltung eines Tieres eine potentielle Gefahrenquelle für Dritte schafft. Problematisch gestaltet sich etwas der Fall, dass ein Pferd auf der Weide verletzt wird und unbekannt ist, welches Pferd der Herde den Schaden verursacht hat, bzw. wie es überhaupt zu dem Unfall bzw. Schaden gekommen ist. Die Ursache ist oft unaufklärbar. Es gibt sodann im Einzelfall juristische Handgriffe und Zurechnungsnormen. Wichtig ist jedoch immer der jeweilige Sachverhalt. Die Anwendung setzt voraus, dass sich in dem Verhalten aller als Schadensverursacher infrage kommenden Tiere eine spezifische Tiergefahr gezeigt hat und dass diese spezifische Tiergefahr im Hinblick auf den eingetretenen Schaden möglicherweise ursächlich war.“

Immer wieder wenden sich Pferdebesitzer zudem an Rechtsanwälte, weil sie einen Behandlungsfehler des Tierarztes vermuten. Wichtig ist zu wissen, dass eine Einsichtnahme der Behandlungsunterlagen wie auch der Abrechnungen erfolgen kann. „Aus einem tierärztlichen Behandlungsvertrag ergibt sich nach Treu und Glauben ein Recht zur Einsichtnahme in die tierärztlichen Behandlungsunterlagen“, betont Himmelsbach. „Es besteht kein Zurückhaltungsrecht auf Grund offener Rechnungen. Lässt die Dokumentation erkennen, dass Zweifel vor allem an der Vollständigkeit bestehen, kann der Tierarzt verpflichtet werden, dies ausdrücklicher zu erklären. Kommt der Tierarzt dieser Verpflichtung verspätet nach und provoziert er einen Prozess, setzt er sich einer Kostentragungspflicht aus.“

Unverzichtbar: Die Tierhalterhaftpflicht

Nicht jede Versicherung ist für jeden Pferdehalter obligatorisch. Keine Zweifel gibt es allerdings an der Tierhalterhaftpflicht. Die Haftung des Tierhalters ist in § 833 des Bürgerlichen Gesetzbuches geregelt. 

„Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist […]“

Pferde von privaten Haltern fallen jedoch nicht in diese letztgenannte Gruppe, sondern sind ein „Luxusgut“. Dies bedeutet, dass der Halter für entstandene Schäden vollumfänglich haftet, wenn er seiner Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen ist. 

Abgedeckt werden durch eine Tierhalterhaftpflicht Sachschäden, Personenschäden, sowie Vermögensschäden. Schäden an eigenen Gegenständen wie etwa nach einem Tritt des Pferdes ans eigene Auto können nicht angeführt werden. „Ganz typische Situation: das Pferd erschrickt sich, keilt aus, eine Person wird verletzt. Genau in solchen Fällen greift die Tierhalterhaftpflicht“, erklärt Versicherungsexperte Thoms Lehmann, der im Kreis Warendorf tätig ist. „Alle Versicherer übernehmen eine pauschale Summe für Personen-, Sach- und Vermögensschäden.“ Lediglich bei grober Fahrlässigkeit können Versicherer die Zahlung verweigern. Die Deckungssumme sollte so hoch wie möglich sein. Die FN rät: „Es sollten etwa 15 Millionen Euro pauschal für Personen-, Sach- und Vermögensschäden einberechnet werden.“

Bei Abschluss der Versicherung sollte beachtet werden, ob eine Reitbeteiligung oder Fremdreiter mit einbezogen werden sollen. Die Tierhalterhaftpflicht gehört zu den günstigen Versicherungen für Pferdehalter. Der Preis beträgt in der Regel unter zehn Euro pro Monat. 

Betriebshaftpflicht

Die Betriebshaftpflicht funktioniert ähnlich wie die Tierhalterhaftpflicht, wird jedoch auf Reitschulen und Reitvereine zugeschnitten angeboten. Der Beitrag wird häufig nach der ha-Fläche berechnet. In die Versicherungssumme involviert werden können häufig Einzelpunkte wie eine Schulpferdehaftpflicht, Reitpferdehaftpflicht, Pensionspferdehaftpflicht oder Reitlehrerhaftpflicht, sodass der Versicherungsschutz ganz individuell angepasst werden kann. 

Die Kosten für diese Versicherung können sich je nach Umfang von ca. etwas über 100 Euro bei Kleinstbetrieben bis hin zu 500 Euro oder mehr pro Jahr erstrecken.

Die Kosten für Operationen können mit entsprechenden Versicherungen abgedeckt werden. Foto: Equipics

Tierhüterhaftpflicht

Diese Versicherung ist interessant für alle, die mittels eines Vertrages die Beaufsichtigung eines Tieres übernehmen. In den meisten Fällen sind dies Pensionsstallbesitzer, aber auch Bereiter. Durch die Regelung in §834 des BGB – „Wer für denjenigen, welcher ein Tier hält, die Führung der Aufsicht über das Tier durch Vertrag übernimmt, ist für den Schaden verantwortlich, den das Tier einem Dritten in der im § 833 bezeichneten Weise zufügt[…]“ – können diese Personen für Schäden bei geschädigten Dritten haften. 

Die Jahresbeiträge liegen ähnlich wie bei der Tierhalterhaftpflicht bei rund fünf bis zehn Euro pro Monat. 

Reitlehrerhaftpflicht

Reitlehrer und Bereiter sollten sich mit der sogenannten Reitlehrerhaftpflichtversicherung absichern. Dabei sollte beachtet werden, dass auch Personen, die nur ab und zu entgeltlich Unterricht geben, nicht aber als Reitlehrer angestellt sind, ebenfalls vollumfänglich für Schäden an Reiter oder Pferd haften. 

Die Kosten für eine Reitlehrerhaftpflicht belaufen sich auf rund 100 Euro pro Jahr.

Unfallversicherung und Berufsunfähigkeitsversicherung

Eine Unfallversicherung für den Reiter kann häufig direkt beim Abschluss einer privaten Unfallversicherung hinzugefügt werden. Das "Reitrisiko" wird dabei mit einkalkuliert. Auch eignen sich spezielle Freizeit-Unfallversicherungen. Bei der Unfallversicherung sind sämtliche Reitunfälle abgedeckt. Allerdings gibt es oft Ausschlusskriterien, wenn der Unfall bei der Interaktion mit dem Pferd, nicht jedoch beim Reiten selbst passiert ist. 

Neben der obligatorischen Pflicht-Krankenversicherung ist insbesondere bei Berufsreitern eine Berufsunfähigkeitsversicherung sinnvoll. Sie greift, wenn es aufgrund eines Reitunfalles unmöglich wird, den eigenen Beruf weiterhin auszuüben. 

OP-Kosten-Versicherung

Ein Schreckgespenst für jeden Pferdehalter ist eine Operation des Pferdes. Welchen Operationen die jeweilige Versicherung übernimmt und was alles in die Versicherung miteinbezogen wird, unterscheidet sich zum Teil deutlich. Meist gibt es einen Basis-Tarif, welcher einen bestimmten Satz der GOT (Gebührenordnung für Tierärzte) übernimmt. Auch wenn die Versicherung bereits in ihrer Basis-Variante unabhängig davon agiert, fehlen oftmals bestimmte Operationen oder sind nur bis zu einem bestimmten Kostenpunkt gedeckt. 

Vor Abschluss sollte überprüft werden, ob bestimmte Vorerkrankungen des Pferdes die Kostenübernahme ausschließen. Denn die meisten Versicherungen setzen voraus, dass das Pferd bei Abschluss der Versicherung gesund ist. 

OP-Kosten-Versicherungen kosten in ihrer Basis-Variante in der Regel unter zehn Euro pro Monat, in der Premium Variante rund 20 bis 40 Euro.

Pferdekrankenversicherungen übernehmen ambulante und stationäre Behandlungen bis zu einem bestimmten GOT-Satz. Foto: Equipics

Pferdekrankenversicherung

Auch Pferde können eine Krankenversicherung haben und diese kann durchaus sinnvoll sein. Bei dieser Versicherung werden ambulante und stationäre Behandlungen bis zu einem bestimmten Satz der GOT übernommen. Obendrein werden für Vorsorgemaßnahmen wie Impfungen bestimmte Zuschüsse bezahlt. Meist kann der Pferdehalter einen Eigenanteil flexibel zubuchen und den Tarif dadurch niedrig halten. 

Die monatlichen Gebühren für die Pferdekrankenversicherung belaufen sich auf rund zehn Euro, können jedoch auf 30 oder gar über 100 Euro pro Monat je nach Leistungsumfang ansteigen.

Pferdelebensversicherung

In einer Tierlebensversicherung sind in der Regel alle Schäden, die am eigenen Pferd entstehen, inbegriffen. Allerdings muss im Kleingedruckten darauf geachtet werden, ob lediglich der Tod bzw. die Nottötung des Pferdes unter diesen Versicherungsschutz fällt oder ob sich dieser zudem auf „Unbrauchbarkeit“ auswirkt. Außerdem umfasst die Basis-Version meist den Tod infolge Diebstahls, Raubs und Abschlachten in diebischer Absicht. 

Basisvarianten gibt es für rund fünf Euro pro Monat, Premium Varianten kosten meist fünfzehn bis zwanzig Euro pro Monat.

Transportversicherung

Die Transportversicherung kann bei Pferden, die sehr häufig transportiert werden, sinnvoll sein. Bei seltenem Transport ist sie nur bei besonders teuren Pferden zweckmäßig. Schäden, die ein Pferd beim Transport erleidet, sind durch die Versicherung abgedeckt. 

Die Nottötung des Pferdes ist in der Versicherungssumme in der Regel immer inbegriffen. Bei bestimmten langfristigen Tarifen wird die Versicherung zudem aktiv, wenn es sich um Verletzungen beim Transport handelt. 

In der Regel gibt es bei Transportversicherungen lang- und kurzfristige Möglichkeiten. Die Preise belaufen sich auf rund 30 bis 60 Euro pro Jahr.

Voll- oder Teilkasko für den Hänger

Die Pferdehänger-Versicherung sollte jeder abschließen, der im Besitz eines Pferdeanhängers ist. Bei Unfällen mit dem Auto plus Hänger greift die Versicherung. Sie kann in Kombination mit einer Voll- oder Teilkasko-Versicherung abgeschlossen werden. Heute gibt es bei vielen Versicherungen Möglichkeiten, durch mittels Sensors bewiesenes defensives Fahren einen gewissen Anteil der Versicherungssumme erstattet zu bekommen. 

Ausrüstungsversicherung

Eine Ausrüstungsversicherung ist sinnvoll für Reiter mit sehr teuren Ausrüstungsgegenständen. Da diese jedoch unter Freizeitreitern eher selten zu finden sind, lohnt sich eine derartige Versicherung meist nicht. Allerdings ist diese beispielsweise für Reitvereine sinnvoll. Die Ausrüstungs-Versicherung greift, wenn Gegenstände gestohlen wurden. Teilweise gilt sie auch für Beschädigungen. Oftmals kann eine Versicherung des Sattels in eine Hausratsversicherung als Zusatzoption eingebucht werden.

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