Die Winterreise: Sicher durch Eis und Schnee

Der Transport im Winter muss besonders durchdacht sein. (Foto: Slawik)

Frühe Dunkelheit, Eisesglätte und mitunter wildes Schneegestöber – das sind nur einige der Faktoren, die das Fahren mit Pferdeanhänger während des Winters zu einem echten Albtraum werden lassen können. Nichts desto trotz: Auch jetzt müssen Pferde von A nach B transportiert werden. Wie das trotz Winterwetter sicher gelingt, erfahren Sie in unserem Report „Die Winterreise“.

 

Auch wenn es häufig nicht angenehm ist, so müssen sich Ross und Reiter auch im Winter hin und wieder auf die Straße begeben: Im Notfall, wenn es zur Tierklinik geht oder aber um wöchentliches Training, Lehrgänge oder Hallenturniere anfahren zu können.

Sowohl das Fahrverhalten mit Anhänger bei widrigen Straßenverhältnissen als auch das Handling des Pferdes während der winterlichen Eiszeit verlangen nun besonderes Augenmerk, um jede Fahrt  so sicher und komfortabel wie möglich zu gestalten.

 

 

Belüftung kann auch im Winter sinnvoll sein, um gefrierendes Schwitzwasser zu vermeiden. Allerdings: Achtung vor Zugluft bei langen Fahrten. (Fotos: Equipics)

Bestens vorbereitet

 

Wichtig ist primär, dass das Zugfahrzeug absolut wintertauglich ist. Hierzu gehören nicht nur die obligatorischen Winterreifen: Sämtliche Fenster und Leuchten müssen von Eis und Schnee befreit werden. Es empfiehlt sich, neben dem Scheibenkratzer immer auch ein Tuch im Auto mitzuführen, um den feuchten Scheibenbeschlag zu Beginn der Fahrt wegwischen zu können. Das Dach des Anhängers muss von Schnee oder Eisplatten gesäubert sein. Ebenfalls geprüft und gebenenfalls enteist werden muss die Strom-Verbindung von Auto und Anhänger. Am besten wird die Zug-Kupplung und Stecker am Anhänger in trockenem Zustand durch eine Plastiktüte vor Witterungseinflüssen geschützt. Was nur wenige vor den Anhängerfahrten im Hellen machen, sollte jetzt im dunklen Winter Pflicht sein: Die Kontrolle sämtlicher Leuchten am Anhänger. Also unbedingt: Lichtcheck vorm Losfahren!

Auch die Anhängerklappe gilt es, zu überprüfen. Der Boden muss frei von Eis und Schnee sein, damit das Pferd sicheren Fußes in das Gefährt steigen kann. Auch der Boden rings um den Anhänger muss absolut trittsicher sein. Gerade Pferde, die nicht ganz sicher beim Verladen sind, brechen aus, springen zur Seite. Hier muss entsprechend viel rutschfreier Raum eingeplant werden. Dieser sollte freigeräumt und mit Sand oder Salz abgestreut werden. Das gilt nicht nur für den Verladebereich auf dem heimischen Hof, sondern auch am Zielort, an welchem ab- und wieder aufgeladen wird.

Bei Eis und Schnee sollte der Reifendruck 0,2 bar höher sein als normal.

Augen auf und Fuß vom Gas

 

Das Fahren mit Anhänger, Transporter oder Lkw im Winter ist ohne Zweifel gefährlicher als sonst: Die brenzlichen Situationen, die man ja bereits mit dem Auto erlebt, verdoppeln sich vor allem mit dem längeren, instabileren und schwereren Gespann. Deshalb ist es ratsam, deutlich größeren Abstand zum Vordermann als normal zu halten – langsames und vorausschauendes Fahren sollte ein Muss sein. Neben der Glätte, die den Anhänger leicht ausbrechen lässt, können auch verschneite Spurrinnen das Gespann ins Schlingern bringen. Auch hier gilt schlicht und einfach: Fuß vom Gas! Das sogenannte „Strecken“ des ausbrechenden Anhängers, bei dem man kurzweilig Gas gibt, bis der Pferdeanhänger dem Zugfahrzeug auf gerader Linie folgt, sollten im Winter auf keinen Fall versucht werden.

Manche Fahrer lassen ihren Pferden das Licht in der Anhängerkabine brennen. Das ist auch im Hinblick auf die gute Sichtbarkeit des Anhängergespanns ratsam. Aber: Gerade bei neueren Gespannen ist es wegen der vielen Fahrzeug-Features so, dass die verantwortliche Sicherung bei durchgehender Beleuchtung überlastet ist und hinausfliegt. Hier sollte das Zugfahrzeug entsprechend nachgerüstet werden. Die Autohersteller bieten dafür diverse technische Lösungen wie stärkere Kabel, ein zwischengeschaltetes Relais oder ähnliches an.

Schutz für Deichsel und Haube in der kalten Jahreszeit.

Kein Warten im Kühlschrank

 

Nicht nur das Fahrverhalten von Auto und Anhänger ist im Winter immer wieder problematisch. Auch die Bedingungen im Anhänger sind alles andere als komfortabel.

Das grundsätzliche Problem ist an allererster Stelle die fehlende Isolierung des Fahrzeuges. Dadurch wird die Außentemperatur direkt und ungefiltert in den Innenbereich weitergegeben. Das bedeutet im Sommer oftmals Hitzestau. Im Winter aber bedeutet das: Es ist häufig bitterkalt auf dem Anhänger. Da sich das Pferd nicht durch Bewegung aufwärmen kann, steckt es gewissermaßen „im Kühlschrank“ fest. Eine Situation, die so kurz gehalten werden sollte, wie möglich.

Wenn also beispielsweise zwei Pferde zum Training gefahren werden, kann es bei starken Minusgraden wirklich sinnvoll sein, das wartende Pferd entweder zu führen, in eine Gastbox zu bringen oder zumindest auf die Stallgasse zu stellen.

Doch nicht nur Eiseskälte droht im Winter, sondern in vielen Fällen gibt es auch eine veritable Problematik mit dem Kondenswasser. Wenn nämlich die Außentemperatur die Innentemperatur unterschreitet, entsteht durch die „Heizung Pferd“ (besonders nach getaner Arbeit und innerhalb der Abschwitzphase) eine Menge Kondenswasser im Innenraum des Anhängers: Sobald sich der Innenraum erwärmt, kondensiert der in der Luft enthaltene Wasserdampf an der kühleren Außenwand. Jeder hat schon mal gesehen, wie der Anhänger dann gewissermaßen unter Dampf steht. Keine guten Voraussetzungen für das Pferd, um gesund abzuschwitzen. Ohne Zirkulation von Luft ist das Thema Kondenswasser nicht in den Griff zu bekommen.

 

Nach dem Winter sollte eine gründliche Reinigung des Anhängers vorgenommen werden. (Foto: Slawik)

Gefahr in Verzug

 

Nicht nur diese Problematik befeuert die Diskussion, ob man mit geöffnetem oder geschlossenem Verdeck fährt. Hier scheiden sich einfach die Geister und es gibt Für und Wider für beide Varianten

Es gibt die Frischluftverfechter, die tatsächlich erst bei Hagelschlag und Orkanböen die Schotten dicht machen, die Pferdewärme ansonsten aber mittels Decke regeln. Sie argumentieren mit dem schlechten Klima, das sonst auf dem beengten Raum schnell entsteht und die Pferde nicht genug frische Luft holen lässt. Andere hingegen lassen schon bei verhältnismäßig moderaten äußeren Bedingungen das Planrollo hinunter. Sie möchten ihre Pferde lieber in geschlossenem und somit wärmerem Raum transportieren. Zudem stehen gerade junge Pferde bei heruntergelassener Plane ruhiger. Allerdings müssen auch Frischluftfans bedenken: Zur Temperatur- und Kondenswasserproblematik kommt beim Pferdetransport per Anhänger noch eine weitere Komponente hinzu: der Fahrtwind. Sobald der Anhänger nicht ganz verschlossen ist, entsteht in den meisten Fällen Zug – nämlich durch die Verwirbelung des Fahrtwindes. Was diese Zugluft mit entsprechend niedriger Temperatur in Kombination bedeutet, kann sich schon jeder ausmalen, der mit Pferden reist. Eine Kältekammer, in der das Pferd unbeweglich über längere Zeit verharren muss. Und das ist eine klimatische Extremsituation, mit der insbesondere geschorene Sportpferde auch unter Deckenbergen nicht gut umgehen können. Denn gerade auch die Tatsache, dass selbst das geschorene Pferd auf dem Rückweg vom Training häufig noch nach schwitzt, also nicht richtig trocken ist, macht es trotz Decke(n) anfällig für zugige Kälte. Darüber hinaus dringen bei geöffnetem Verdeck, Regen, Schnee und Abspritzwasser in den Anhänger und sorgen nicht selten für ein nasses Hinterteil der „Fahrgäste“.  Entscheidet man sich dennoch zur „luftigen“ Fahrweise, sollte man die Fenster unbedingt geschlossen oder maximal einen Spalt weit öffnen und zwar gegen die Fahrtrichtung. Dann wird die verbrauchte Luft dort abgesaugt, während von hinten durch die geöffnete Klappe des Anhängers frische Luft nachströmt.

Eine praktische Alternative zur gummierten Planen und festen Heckklappen sind sogenannte Windschottrollos. Hierbei handelt es sich um eine Gewebeplane mit spezieller, patentierter Porengröße. Sie belüftet den Pferde-Hänger, ohne dass Zug entstehen kann. Auch verhindert sie, dass bei feuchter Witterung im Luftstrom enthaltene Wassertropfen in den Hänger eindringen können.

 

Deckenberge auf Reisen

 

Variablen, mit denen sich die Temperatur für das Pferd im schlichten Anhänger (und nicht im gedämmten und klimatisierten Luxustransporter) regulieren lassen, sind also zum einen Fenster und Verdeck, zum anderen diverse Decken, mit denen das Pferd für den Transport ausgerüstet wird.

„Decken Sie Ihr Pferd dick ein und lassen Sie den Pferdeanhänger wenn möglich offen, damit das Pferd viel frische Luft bekommt und die Luft gut zirkulieren kann“: Das ist ein oft genannter Rat. Der allerdings kann nicht immer befolgt werden: Pferde, die keine Decke gewöhnt sind, sollten auch während des Transportes normalerweise nicht eingedeckt werden. Das wäre ein zusätzlicher Stressfaktor und gilt insbesondere für ganz junge Pferde, die beispielsweise zum Anreiten gebracht werden. Sonst käme zum Transportstress, der vielen Pferden den Schweiß durchs Fell treibt, noch der Deckenstress hinzu. Gewöhnte Deckenträger, also eigentlich alle Sportpferde, reisen natürlich kuschelig eingepackt. Jedoch nicht in ihrer alltäglichen All-in-one-Decke, mit denen sie sich auf Weide und Paddock vergnügen.  Da die Pferde auf dem Anhänger naturgemäß schneller schwitzen, wären sie damit zu warm eingedeckt. Auch ist die Atmungsaktivität unter solch einer regenfesten Decke nicht ausreichend gegeben. Also wählt man, je nach Kälte, eine adäquate Abschwitz- oder Transportdecke aus und deckt das Pferd nach dem Transport gleich um. Kommt das Pferd vom Training und schwitzt noch nach, empfehlen sich zwei übereinander gelegte und mit einem Deckengurt fixierte Abschwitzdecken. Bei längeren Fahrten sollte man zwischendurch kontrollieren, ob die Decken nassgeschwitzt sind und sie gegebenenfalls austauschen.

 

Klar im Vorteil – Transporter und Lkw

Wer im Winter kein Gespann aus Zugfahrzeug und Anhänger pilotieren muss, ist klar im Vorteil. Transporter und Lkw (insbesondere ohne Anhang) sind bei entsprechendem Fahrverhalten stabiler durch winterliche Straßenverhältnisse zu manövrieren. Darüber hinaus sind gerade die modernen Transporter und Lkw hinsichtlich Dämmung und Klimatisierung deutlich fortschrittlich, so dass einiges an typischen Winterproblemen, die beim Fahren und im Handling mit dem Anhänger auftauchen können, entfallen. Aber auch bei Transporter und Lkw gilt: In Eis und Schnee müssen die Bereifung und der Reifendruck stimmen. 

 

Tipps+Tipps+Tipps+Tipps+Tipps

 

…und was ist mit Winterreifen?

Anders als das Zugfahrzeug, muss der Anhänger nicht mit wintertauglichen Reifen ausgerüstet werden – das Gesetz verlangt das nur von Kraftfahrzeugen. Aus Sicherheitsgründen empfiehlt der ADAC jedoch dringend, auch Anhänger mit Winterreifen auszurüsten.

Übrigens: Wer mit normalen Anhängerreifen durch den Winter fährt sollte den Reifendruck um 0,2 bar erhöhen.

 

Das gestiefelte Pferd

Sie halten nicht lange, doch für ein paar Minuten erfüllten sie ihren Zweck: Frottee-Socken in XXL. Diese werden dem Pferd über die Hufe gestülpt, wenn der Weg nicht eisfrei ist. Auch zum Verladen selber (und auf dem Transport) behält das Pferd diesen wirksamen Anti-Rutsch-Schutz um. Gerade bei beschlagenen Pferden ist dieses ein hilfreicher Trick. Allerdings sind die Socken bereits nach einmaligem Gebrauch zumeist durchgetreten.

 

Sommer wie Winter gilt: Das Pferd muss bei längeren Touren bestens versorgt werden: Ein gut gefülltes Heunetz (mit staubfreiem) Heu wird also eingehängt und: Auch an einen mobilen Tränkeeimer sollte gedacht werden. Denn nach anstrengendem Training haben Pferde Durst.

 

Anhänger unter der Haube

Auch wenn der Anhänger nicht in den Winterschlaf geschickt wird, so ist es dennoch von Vorteil, ihn stets unter einem Dach zu parken. So bleibt er trocken sowie, schnee- und eisfrei. Fehlt hier das entsprechende Quartier, so kann man ihn auch unter einer Schutzfolie verstauen. Die günstige Variante – reißfeste Folie aus dem Baumarkt – ist günstig, aber unpraktisch. Denn die Folie muss mit viel Aufwand so fixiert werden, dass sie winddicht ist, und sich auch bei einer kräftigen Böe nicht aufbauscht, reißt oder ganz wegfliegt. Manche Anhängerhersteller bieten vorgeformte Schutzhüllen in verschiedenen Größen, Farben und Materialien ebenso an wie Hersteller von Kfz-Schutzdecken. Das Preisspektrum für solch einen wirkungsvollen Witterungsschutz liegt zwischen 100 und 400 Euro.

Wird der Anhänger für mehrere Monate geparkt, so sollte man ihn von Zeit zu Zeit in eine etwas andere Position bewegen. Das Stehen auf der Stelle führt sonst zu Unwuchten in den Reifen. Der Rat, den Reifendruck für die Zeit der Winterpause um bis zu 1 bar zu erhöhen, um möglichen Flachstellen entgegen zu wirken, ist nur bedingt sinnvoll: Wie schnell tritt der Fall ein, dass der Anhänger doch aus seinem Winterschlaf gerissen werden muss – für eine Fahrt in die Klinik. Dann sollte er jederzeit fahrbereit sein.

 

Top gepflegt

Was jedem Pferdeanhänger (ebenso wie jedem Auto) während und auch nach einem strengen Winter richtig gut tut, ist eine intensive Reinigung – vor allem des Unterbodens. Denn aggressive Streusalzreste fressen sich mit der Zeit in den Unterboden und machen ihn gefährlich porös. Eine intensive Reinigung sollte auch dann durchgeführt werden, wenn der Anhänger ins Winterquartier geht.

 

Das sagt das Gesetz - und es gilt auch im Winter!

 

Für jedes Pferd, das die eigene Stallanlage verlässt und an einen anderen Ort gebracht wird, muss stets der Pferdepass mitgeführt werden.

Fährt man ins Ausland, muss der Amtsarzt das Pferd identifizieren, untersuchen und eine Bescheinigung ausstellen

Bei Strecken, die länger sind als 65 Km sind, müssen Sie ein Tiertransporte-Befähigungsnachweis  mit sich führen – zumindest wenn die Fahrt einem wirtschaftlichen Zweck dient.

Der Anhänger muss  entsprechend dick eingestreut sein, damit Urin sauber abgefangen wird und nicht auf die Straße durchsickert.

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