Tokio 2020: Schwarz-rot-goldener Jubel

Gold fürs Deutsche Dressurteam. (Fotos: FEI/Christopher Taniére, FEI/Shannon Brinkmann)

Es war ein wahres Gold-Fest für die Deutschen Reiter: Vier Medaillen nehmen sie mit nach Hause. Deutschland gewinnt zum 14. Mal die Olympischen Spiele in der Mannschaftsdressur, außerdem sichern sich Jessica von Bredow-Werndl und Isabell Werth Gold und Silber in der Einzelwertung. Als erste Frau überhaupt platziert sich Julia Krajewski ganz oben auf dem Treppchen der Vielseitigkeitsreiter.

 

Den Auftakt machten die Dressurreiter. 58 Starter aus 29 Nationen stellten ihr Können im Grand Prix unter Beweis. Das beste Ergebnis im Baji Koen Equestrian Park erzielte die Deutsche Meisterin Jessica von Bredow-Werndl (Aubenhausen) mit TSF Dalera: 84,379 Prozent.
 
 Nach ihrem Ritt schilderte Jessica von Bredow-Werndl ihre Eindrücke. „Dalera war gepackt von der Atmosphäre und insgesamt voller Kraft, Energie und voll fokussiert. Wenn sie so ‚an‘ ist, muss ich meinen Körper zu 100 Prozent unter Kontrolle haben, um sie nicht aus der Balance zu bringen. Das ist sehr wichtig! Da war eine kleine Sekunde in der Piaffe, da habe ich ein bisschen zu viel gemacht, aber glücklicherweise kam sie sofort zurück“, sagte sie zu ihrem Ritt. Auf die Frage, ob sie einen besonderen Druck verspürt habe, antwortete sie: „Über den Druck habe ich mehrere Monate, Wochen und Tage nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich nicht mehr machen kann, als mein Bestes zu geben. Ich war nicht nervöser als bei den Deutschen Meisterschaften, weil ich auch dort super supergut sein wollte. Es war für mich ein ähnliches Gefühl, aber glücklicherweise macht es für Dalera keinen Unterschied, ob es Deutsche Meisterschaften sind oder Olympische Spiele.“ Zur außergewöhnlichen Atmosphäre in Tokio sagte sie: „Das Stadion hier ist nicht schwieriger als Aachen zum Beispiel. Aber Aachen kennt Dalera nur mit Zuschauern. Hier war es aber trotzdem aufregend, nur eben anders und vor allem sehr unterschiedlich zu den letzten Tagen, als wir hier trainiert haben.“
 
 Bundestrainerin Monica Theodorescu äußerte sich begeistert zum gelungenen Auftakt ihrer Reiterinnen: „Für mich war das der beste Grand Prix bisher, den Jessi und Dalera gezeigt haben: Schön geschlossen und schwungvoll, das Pferd während der ganzen Prüfung wundervoll im Genick und zufrieden kauend. Die Anlehnung war noch mal besser, die Versammlung insgesamt besser. Es war einfach ein Genuss mit ganz vielen Höhepunkten und, wie man so auf Neudeutsch sagt, sehr schön im Flow.“ Auf die Frage, wie sie das neue Qualifikationssystem mit den sechs Startergruppen beurteilt, antwortete sie: „Man muss das erst einmal evaluieren. Aber ich glaube, dass es sich gut durchmischt hat. Ich bin jedenfalls froh, dass nicht alle drei hintereinander dran waren. Das macht es für uns Trainer definitiv einfacher. Das war für unsere Situation bestimmt kein Nachteil.“
 
 Nach Jessica von Bredow-Werndl, die bereits am ersten Tag des Grand Prix den Ton angab, folgten ihre beiden Teamkolleginnen Dorothee Schneider mit Showtime FRH und Isabell Werth mit Bella Rose an Tag zwei. Dorothee Schneider gewann mit Showtime FRH mit deutlichem Abstand ihre Gruppe, allerdings nicht ganz mit dem erwarteten Ergebnis. Ein kleiner Patzer in der ersten Galopppiourette kostete wertvolle Punkte. Schneider kam auf 78,820 Prozent und qualifizierte sich damit direkt für die Kür. „Es war gut, aber es geht besser,“ sagte sie nach ihrem Ritt. „Ich hatte anfangs ein ganz kleines bisschen Spannung im Pferd, was ich eigentlich über die Trabtour gut gelöst hatte, dann kam er auch besser vor mich und trabte insgesamt schön vor mir her. Schade war natürlich, dass mit der Links-Pirouette im Galopp, das war schon sehr teuer, das hat uns wahrscheinlich zwei Prozentpunkte gekostet. Wir hatten sehr gute Passagen und sehr gute Trabverstärkungen. Ich wünschte mir natürlich, der Fehler wäre nicht passiert, aber insgesamt für den ersten Tag hat er toll mitgemacht und hat im Viereck wirklich angefangen loszulassen und ist richtig schön durch den Körper gegangen - athletisch eben - wie er halt so ist.“

„Ich habe dieses Pferd, seitdem er drei Jahre alt, ist selbst ausgebildet und das ist einfach Gänsehaut pur“, hatte sie nach ihrer Nominierung gesagt. „Ein Pferd, mit dem man gleich zwei Mal bei Olympia an den Start gehen darf, hat man nur ein Mal im Leben.“ Nach einem Schlüsselbeinbruch im Frühjahr stand ihr Start bei den Olympischen Spielen erst einmal infrage, doch Schneider kämpfte sich rasch in den Sattel zurück.
 
 Isabell Werth strahlte bei der letzten Grußaufstellung. Mit Bella Rose gelang ihr ein perfekter Auftakt, der mit 82,500 Prozent und dem Sieg ihrer Gruppe belohnt wurde. „Es war wichtig, einen sicheren und fehlerfreien Ritt zu absolvieren“, sagte sie nach ihrem Ritt, daher sei sie auch nicht das letzte Risiko eingegangen. „Ich bin sehr zufrieden. Bella war sehr fokussiert und konzentriert. Es waren zwei oder drei Kleinigkeiten, was vielleicht auch der letzten Durchlässigkeit und ihrem Eifer geschuldet war, das Einreiten und die erste Pirouette. Die beiden Boxennachbarn Showi und Bella haben sich offenbar abgesprochen mit der Linkspirouette. Ansonsten waren das super Highlights. Die ganze Piaffe-Passage-Tour fühlte sich super leicht an. Auch die Trabverstärkungen fühlten sich sehr gut an. Ich bin echt zufrieden.“

 

Mannschaftsgold in der Dressur

 

Dank der Glanzleistungen aller drei deutschen Teamreiterinnen gewinnt Deutschland zum 14. Mal die Goldmedaille in der Mannschaftswertung Dressur. Acht Teams kämpften im Grand Prix Special um die Medaillen. Die USA gewannen die Silbermedaille, Großbritannien folgte auf dem Bronzerang. „Jessis Ergebnis ist halbwegs ähnlich wie im Grand Prix, sie hat ihre Leistung wiederholt, die anderen beiden haben noch mal eineinhalb bis zwei Prozent darauflegen können. Das ist ein Riesenschritt, gerade auf diesem Niveau. Ich bin sehr stolz auf das Team“, sagte die Bundestrainerin.
 
Dorothee Schneider begann mit einem Paukenschlag: Gleich zweimal gab es die 10,0 für die Grußaufstellung. Weitere Höhepunkte folgten Schlag auf Schlag, lediglich einmal galoppierte Showtime fälschlicherweise an. 
 
Erleichterung und Freude bei Isabell Werth, der ein fehlerfreier Auftritt mit  83,298 Prozent gelang. „Ich bin total happy über Bella, sie hat eine fantastische Prüfung gezeigt. Natürlich würde ich mich über ein paar Punkte mehr auch freuen, aber am Ende des Tages bin ich lange genug im Sport, dass ich mich erst mal hier über das Pferd freue. Warum sollte ich mich ärgern, sie ging fantastisch und wir werden sehen, was heute passiert. Ich war unglaublich happy, dass sie auch so relaxt war“, äußerte sich Werth.

Jessica von Bredow-Werndl war nicht nur die letzte Starterin des Grand Prix Special, sie lieferte auch das beste Ergebnis des Tages ab: deutlich über 84 Prozent - und das, obwohl Dalera zu Beginn der Einerwechsel kurz aus dem Takt kam.

Die strahlende Siegerin: Jessica von Bredow-Werndl.

Isbaell Werth und Bella Rose sicherten sich die Silbermedaille.

Einzel Medaillen

 

Nach Teamgold gewinnen die deutschen Dressurreiterinnen auch noch Gold und Silber in der Einzelwertung. Jessica von Bredow-Werndl mit TSF Dalera erzielte mit einer herausragenden Kür 91,732 Prozent und gewann damit das erste Einzel-Gold für Deutschland nach 1996. Damals war es Isabell Werth, die den Titel holte. In Tokio erzielte die inzwischen siebenfache Olympiasiegerin mit Bella Rose 89,675 Prozent und gewann Silber. Dorothee Schneider beendete die Kür mit Showtime auf Platz 15.
 
„Pure Freude, Erleichterung und wahnsinnige Dankbarkeit", so fasste Jessica von Bredow-Werndl ihre Gefühle nach dem Gewinn der Goldmedaille zusammen. „Dankbarkeit, dass ich das erleben darf, dass ich hier stehe, die zweite Goldmedaille um den Hals hängen habe, dass ich so ein wundervolles Pferd und so ein unglaubliches Team habe, das hinter mir steht - und meine Familie natürlich", freute sich die Olympiasiegerin. Bundestrainerin Monica Theodorescu zum Sieg von Jessica von Bredow-Werndl: „Jessica und Dalera – das geht nicht einzeln. Das ist diese Entwicklung, wenn ein Paar zusammenwächst. Das Ergebnis überrascht mich nicht, aber es hätte auch andersherum sein können.“
 
Dorothee Schneider, 2016 in Rio noch Sechste in der Einzelwertung, landete in Tokio am Ende auf Platz 15 in der Kür. Etwas enttäuscht erklärte sie, wie es zu den kleinen Fehlern bei ihrem Ritt mit Showtime FRH kam: „Wir haben entschieden, dass ich volles Risiko reite. Alles oder nichts und jetzt ist es eben nichts. Kann auch passieren. Er wirkte so fit, sehr motiviert und hat sich sehr locker angefühlt. Wir haben halt gesagt, wir riskieren ein bisschen was, machen ihn ein bisschen wach, vielleicht war das ein bisschen zu viel.“
 
Theodorescu ergänzte: „Es tut mir ein bisschen leid für Dorothee. Es hat auch großartig begonnen. Showtime hat dann leider die Zunge hochgezogen, vielleicht auch ein bisschen übers Gebiss, das konnte ich aus der Perspektive nicht richtig sehen. Aber dadurch kamen dann natürlich die ganzen Fehler, das tut mir für sie jetzt sehr leid, aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Das ist heute ein kleiner Wermutstropfen.“

 

Frauenpower in der Vielseitigkeit

 

Julia Krajewski ist Olympiasiegerin in der Vielseitigkeit: Als erste Frau gewann die 32-jährige Junioren-Bundestrainerin und Sportsoldatin aus Warendorf mit der elfjährigen Stute Amande de B’Neville die begehrteste Medaille im Sport. Titelverteidiger Michael Jung wurde mit Chipmunk FRH Achter in der Einzelwertung. In der Teamwertung hatte das deutsche Trio, dem auch Sandra Auffarth mit Viamant du Matz angehörte, knapp das Podium verpasst. Nach kleinen Fehlern im Gelände erkämpfte sich das deutsche Team mit drei Nullrunden im Springen Platz vier.
 

Zu nachtschlafender Zeit in Deutschland begann in Tokio die Dressur der Vielseitigkeitsreiter. Als erste deutsche Reiterin ging Julia Krajewski mit Amande de B‘Neville aufs Viereck und belegt mit 25,3 Minuspunkten den vorläufigen dritten Platz. Insgesamt bewerben sich 63 Paare aus 29 Nationen um die Medaillen in der Einzelwertung, 15 Nationen traten mit einem Team in der Mannschaftswertung an. Nach der Dressur übernahm in der Vielseitigkeit Titelverteidiger Michael Jung mit Chipmunk FRH mit nur 21,2 Minuspunkten die Führung. Zwei Missverständnisse zwischen Sandra Auffarth und „Mat“ drücken das Ergebnis: 34,1 Minuspunkte und damit 59,3 Punkte für das deutsche Team.

Die Vielseitigkeit wurde an Tag zwei mit dem Geländeritt fortgesetzt, wozu die Pferde für eine Nacht in den Sea Forest Park umzogen. Für den nach Dressur führenden Michael Jung sah es nach einer sicheren Nullrunde aus, doch das Auslösen eines Sicherheitshindernisses kostete den Titelverteidiger zusätzliche elf Strafpunkte. Ein Einspruch dagegen wurde abgelehnt. Jung und Chipmunk FRH starteten damit von Platz zehn in die abschließenden Springprüfungen.
 Auch für Sandra Auffarth und Viamant du Matz kamen im Gelände Strafpunkte für einen Vorbeiläufer dazu. Julia Krajewski und Amande de B'Neville kamen ins Ziel und nur eine Sekunde fehlte zur Nullrunde.
 
Über die Strecke sagte Auffarth: „Es ist ein interessanter Kurs, sehr fair gebaut, nichts irgendwie super Dramatisches. Aber trotzdem in der Häufigkeit viele Aufgaben, bei denen man konzentriert bleiben muss von Anfang bis Ende. Es kommt alles sehr schnell, weil wir viele Sprünge auf kurzer Strecke haben. Es ist wichtig, dass man von Anfang an in einen guten Rhythmus bekommt und diesen Rhythmus auch hält, damit das Pferd gut ins Atmen kommt und man den Fluss von Anfang bis Ende hält, dann ist man auch am schnellsten.“
 
Goldmedaillen-Gewinnerin Julia Krajewski nach ihrem Ritt: „Wahnsinn, ich kann mit Sicherheit sagen, ich habe es noch nicht richtig realisiert, was das jetzt heißt. Ich bin einfach unfassbar stolz auf mein Pferd und glücklich, das geschafft zu haben. Und da ist ein ganz großes Gefühl von Dankbarkeit an all die Leute, die immer an mich geglaubt haben und hinter mir stehen. Mein Handy explodiert gerade. Irgendwie ist es ein riesiges Gefühl, so eine Medaille gewonnen zu haben für Deutschland und für alle, die immer an mich glauben. Mandy ist bekannt dafür, ein bisschen stutig zu sein. Sie war, als ich mich das erste Mal draufgesetzt habe, schon ein bisschen am Bocken und hat sich gut angefühlt und ist die zweite Runde fast noch besser gesprungen als die erste. Sie hat mir unheimlich viel Sicherheit gegeben, ich hatte fast das Gefühl, sie weiß, worum es geht heute und hat alles für mich gegeben. Die Medaille gehört genauso meinem Pferd wie mir. Ich bin einfach unheimlich stolz, das hier so abgeliefert zu haben."

„Alle waren toll vorbereitet. Julia, vorneweg hat als Pathfinder tolle Runde gedreht. Sandras Pferd war ein bisschen stark, sprang leider etwas zu früh und zu groß aus dem Wasser und bekam die Linie zur Ecke nicht mehr“, zog Bundestrainer Hans Melzer ein erstes Fazit. Zu Michael Jung sagte er: „Das ist natürlich schon enttäuschend, wenn man so dicht dran ist, nach so einer tollen Dressur ganz vorne ist. Der Rest war auch gut, da fehlte vielleicht auch das letzte Quäntchen Glück.“

Julia Krajewski ist die erste Frau, die eine Olympische Goldmedaille in der Vielseitigkeit gewinnt.

Michael Jung kassierte durch das Auslösen eines Sicherheitshindernisses elf Strafpunkte. (Fotos: FEI/ Christophe Taniére)

Springreiter geben alles

 

Im neuen Modus der Springreiter fanden zunächst die Ritte für die Einzelwertung statt. 73 Starter aus insgesamt 35 Nationen traten in der ersten Qualifikation an. Nur die besten 30 Paare durften am folgenden Tag im Finale an den Start gehen. Im Lager der deutschen Reiter gelang dies nur Daniel Deußer und Killer Queen. Den beiden Olympia-Debütanten André Thieme mit DSP Chakaria und Christian Kukuk mit Mumbai unterlief jeweils ein Springfehler - bei beiden deutschen Reitern fiel die Stange an der Trippelbarre.

 
 Christian Kukuk beschrieb seinen Ritt: „Wir hatten einen guten Anfang und einen guten Rhythmus. Dann hatte ich das Gefühl, dass Mumbai etwas schwerfällig aus der dreifachen Kombination gesprungen ist und an der Trippelbarre danach kam dann auch der Fehler – er musste sich währenddessen erleichtern, das habe ich erst im Nachhinein gesehen. Wir haben knapp die Weite nicht bekommen, was während des Äppelns ja auch fast verständlich ist, aber ich bin happy, wie souverän wir den Parcours dann zu Ende gebracht haben."
 
 Als 19. Starter waren Daniel Deußer und Killer Queen im Parcours der Finalprüfung in der Einzelwertung. Zwei Mal fiel eine Stange, sodass sie mit acht Strafpunkten am Ende auf Platz 18 landeten. Sechs Teilnehmer kamen ins Stechen. Gold gewann der Brite Ben Maher mit Explosion W, Silber ging an den Schweden Peder Fredricson mit All In und Bronze an den Niederländer Maikel van der Vleuten mit Beauville Z.
 
 Daniel Deußer analysierte seinem Ritt so: „Der Parcours war sehr anspruchsvoll, es war alles enthalten, was der Parcourschef abfragen konnte: Drei Kombinationen, Wasser, einige sehr guckige Sprünge und eine anspruchsvolle Zeit. Killer Queen ist etwas beeindruckt gewesen, als sie in den Parcours gekommen ist. Sie hat mir trotzdem ein sehr gutes Gefühl gegeben, aber ich muss einfach besser reiten, um Null zu bleiben“, zog Daniel Deußer ein selbstkritisches Resümee nach seinem Einzelfinale. „Ich bin natürlich ein bisschen enttäuscht. Killer Queen hat alles gemacht, was sie konnte. Ich dachte, ich hätte ihr ausreichend Selbstvertrauen und Unterstützung gegeben, als sie noch etwas beeindruckt war. Ich hätte sie zwischendurch eventuell noch mal mehr schließen müssen. Wenn ich etwas näher an die Trippelbarre herangeritten wäre, hätte sie den Sprung besser nehmen können und auch der Folgefehler wäre vielleicht nicht entstanden.“

 

Mannschaft: Deutsche Springreiter ohne Glück im Parcours

 

19 Nationen stellten ein Team, die zehn besten Teams haben sich für das Finale qualifiziert. Alle drei deutschen Reiter Andre Thieme mit DSP Chakaria, Maurice Tebbel mit Don Diarado und Daniel Deußer mit Killer Queen blieben ohne Springfehler, lediglich je ein Zeitstrafpunkt bei Thieme und Deußer und zwei bei Tebbel ergaben am Ende vier Fehler in der Gesamtwertung. Damit belegte das deutsche Team gemeinsam mit Belgien Rang zwei, hinter Schweden, das komplett ohne Fehler blieb. Die Strafpunkte zählten allerdings nicht fürs Finale, alle Teams fingen wieder bei null an. Einige Nationen machten von der Möglichkeit Gebrauch, einen Reiter auszuwechseln. So auch das deutsche Team. Maurice Tebbel und sein Hengst Don Diarado ersetzten Christian Kukuk und Mumbai.
 
 Am Finaltag lief es für die deutsche Mannschaft nicht rund und am Ende reichte es nur für Platz neun. Mit der Goldmedaille ritt das Team aus Schweden nach Hause. Den Auftakt machte André Thieme mit DSP Chakaria. Er fing gut an, doch dann klapperte es an der zweifachen Kombination und am nächsten Oxer kam ein Folgefehler dazu, somit waren es acht Strafpunkte für den ersten deutschen Teamreiter. Bei Maurice Tebbel und Don Diarado sah es zunächst so souverän aus, doch am Aussprung der Kombination klappert es. Mit vier Strafpunkten beendete das Paar den Parcours. Nach zwei von drei Reitern lag das deutsche Team in der Zwischenwertung auf Rang sechs. Schlussreiter Deußer erwischte mit Killer Queen nicht die richtige Distanz zur dreifachen Kombination, es wurde viel zu dicht und die beiden stoppten am zweiten Sprung. Daniel Deußer entschied sich dafür, Killer Queen zu schonen und ihr noch einmal Sicherheit zu geben, indem er noch einmal in Ruhe Sprung eins absolvierte.
 
 Bundestrainer Otto Becker resümierte: „Wir sind natürlich enttäuscht. Die Qualifikation sah vielversprechend für uns aus. Manchmal gibt es so Tage, an denen es nicht läuft. André hat richtig gut angefangen, sein Pferd sah super aus auf dem Vorbereitungsplatz. Die beiden Fehler haben natürlich wehgetan. Maurice hat eine super Runde gedreht. Er ist sehr spät in den Wettkampf gestartet und ich muss ihn wirklich dafür loben, wie souverän und sicher er sich mit Don Diarado präsentiert hat. Und wenn dann auch noch so etwas passiert wie mit Daniel, dann ist einfach der Wurm drin. Springreiten heißt Null reiten und das haben wir nicht hingekriegt, deshalb ist die Enttäuschung natürlich schon da, aber irgendwann muss man auch mal wieder nach vorne schauen."
 
 André Thieme analysierte seinen Ritt mit seinem Deutschen Sportpferd Chakaria (v. Chap - Askari) so: „Es fing super an, Chakaria hat mir ein ganz tolles Gefühl gegeben und sich sehr viel lockerer präsentiert als in der Qualifikation gestern. Wir hatten vorab entschieden, in der letzten Linie einen Galoppsprung mehr einzubauen. Aber da hätte ich flexibler sein, besser auf mein sehr lockeres Pferd reagieren und einen Galoppsprung weniger einbauen müssen. Für mich wäre es besser gewesen, fünf statt sechs Galoppsprüngen zu reiten. So ist der Fehler entstanden und der zweite Fehler war eine Folge daraus.“ Er sagte: „Ich habe mir das definitiv anders vorgestellt und es tut mir sehr leid für meine Mannschaftskollegen. Als erstes Paar so vorzulegen ist ärgerlich und ich habe viel Lehrgeld bezahlt. Ich habe hier in Tokio generell unheimlich viel gelernt. Ich habe gedacht, dass es reicht, ein so großartiges Pferd wie Chakaria dabei zu haben, aber habe gesehen, dass so viel mehr zusammenspielt, um am Ende erfolgreich zu sein. Ich bin unheimlich stolz auf mein junges Pferd.“
 
 Wohlbehalten wieder zu Hause ließen sich die Medaillengewinnerinnen und Olympia Teilnehmer ordentlich feiern. Für Julia Krajewski und ihre Mandy wurde sogar der rote Teppich ausgerollt. In drei Jahren gibt es dann erneut die Chance auf Olympische Medaillen, 2024 in Paris.

Christian Kukuk und Mumbai unterlief leider ein Fehler an der Trippelbarre.

Daniel Deußer und Killer Queen qualifizierten sich als einziges deutsches Paar für das Einzel-Finale.

Wermutstropfen Fünfkampf


Es sind nicht nur die großartigen Ritte unserer Medaillengewinnerinnen, an die man sich erinnern wird, wenn es um Olympia 2020 geht. Leider ist es auch ein Ritt, der mit dem Reitsport an sich recht wenig zu tun hat. Die Moderne Fünfkämpferin Annika Schleu verlor im Parcours die Fassung und es folgten unschöne Bilder einer Auseinandersetzung mit dem zur Verfügung gestellten Pferd Saint Boy. Daraufhin entbrannten hitzige Diskussionen über Tierwohl und die Sinnhaftigkeit des Reitens als Teil des Modernen Fünfkampfes. Der DOSB gab folgendes Statement ab: „Der heutige Wettbewerb im Reiten des Modernen Fünfkampfs war teilweise von Szenen geprägt, die dem Ansehen der Sportart schaden. Zahlreiche erkennbare Überforderungen von Pferd-Reiter-Kombinationen sollten für den internationalen Verband dringend Anlass dafür sein, das Regelwerk zu ändern. Es muss so umgestaltet werden, dass es Pferd und Reiter schützt. Das Wohl der Tiere und faire Wettkampfbedingungen für die Athletinnen und Athleten müssen im Mittelpunkt stehen.“ Die FN äußerte sich ebenfalls. Dr. Dennis Peiler, Chef de Mission: „Als Fachverband für den Pferdesport sehen wird die Reiterei im Modernen Fünfkampf kritisch. Unser Verständnis der Reiterei liegt in der Partnerschaft zwischen Mensch und Pferd und nicht darin, das Pferd als Sportgerät zu betrachten. Die Bilder, die wir gesehen haben, haben eine klare Überforderung von mehreren Reiterinnen und Pferden gezeigt. Aus unserer Sicht muss das Regelwerk dieser Sportart so gestaltet sein und angewendet werden, dass Reiter und Pferd geschützt werden. Hier besteht beim Modernen Fünfkampf offensichtlich dringender Handlungsbedarf. Die Zuständigkeit für das Regelwerk liegt beim Weltverband für Modernen Fünfkampf. FN und FEI sind hier in keiner Weise beteiligt.“

 

Team-Modus in Frage gestellt

 

 Der neue Team-Modus mit drei Paaren steht auf dem Prüfstand. Durch den Wegfall des Streichergebnisses kam es im Springwettbewerb zu einigen Aufgaben. Wenn ein Reiter eines Teams stürzte, wie zum Beispiel im irischen Team, gab es für das gesamte Team keine Chance auf Weiterkommen, was wiederum dazu führte, dass die folgenden Reiter des Teams zur Schonung ihrer Pferde gar nicht mehr starteten. Es wird sich also zeigen, ob an diesem Wettkampfmodus bei den kommenden Spielen festgehalten wird.

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