Pferdesport digital

Technik ist aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Unser Smartphone ist unser treuester Begleiter und so ist es auch nicht verwunderlich, dass seit einigen Jahren die Digitalisierung auch im Reitsport Einzug hält. Hier werden einige technische Helfer vorgestellt, die für mehr Sicherheit oder Arbeitserleichterung sorgen.

Gerade erst konnten wir beim CHIO in Aachen wieder technische Vorreiter erleben. Das CHIO versteht es wie kein anderes Reitturnier in Deutschland, durch den Einsatz von Hightech ein möglichst großes Publikum zu erreichen. So konnten die Zuschauer die Dressurritte per App bewerten oder den Geländeritt dank Helmkameraübertragung miterleben. Die Einbeziehung der Zuschauer soll besonders die Bewertung in der Dressur transparenter machen. Sie ist eine Weiterentwicklung des um die Jahrtausendwende eingeführten „Dressur-Radios“. Das Dressur-Radio ist ein kleiner Knopf im Ohr der Zuschauer, durch den sie eine anschauliche Erklärung des Ritts sowie der anschließenden Bewertung durch einen Experten erhalten.

Auch bei Geländeprüfungen wird heute schon digital gearbeitet. Durch einen Sender liefert der Reiter während der Prüfung verschiedene Daten, so zum Beispiel seinen aktuellen Standort auf der Geländestrecke, Tempo und Puls. Dieser kann dann mit den Bildern aus der Helmkamera des Reiters synchronisiert werden. Das Ergebnis ist ein gut nachvollziehbares und erlebbares Sportereignis.

Trainingstechniken

Doch die Errungenschaften der neuen Technik sind nicht nur auf den Turnierplätzen der Weltelite zu finden. Mit einer Vielzahl von Reit-Apps kann jeder Reiter seine Ausritte oder Trainingseinheiten selbst tracken, also aufzeichnen und analysieren. Apps, die auf dem Ausritt Dauer, Steigung, Strecke, Durchschnittsgeschwindigkeit und Höchstgeschwindigkeit aufzeichnen, lassen sich mit Sicherheits-Apps kombinieren, die im Fall eines Sturzes oder Unfalls auf Knopfdruck oder automatisch durch eine Reißleine zwischen Reiter und Sattel einen Notruf absetzen, und dabei die genauen GPS-Daten zum Standort mitliefern, damit schnell Hilfe zur Stelle ist. Aber auch beim Training auf dem Platz können sich Reiter von einer App analysieren lassen, diese zeichnet dann nicht nur die Länge der Trainingseinheit auf, sondern zeigt auch an, wie lange auf welcher Hand und in welcher Gangart geritten wurde. Jeder Reiter neigt dazu, sein Pferd in der jeweiligen Komfortzone zu reiten, das führt zu unausgewogenem Training, was wiederum zu gesundheitlichen Problemen durch einseitige Belastung führen kann.

Und auch der Gesundheits- und Fitnesszustand des Pferdes kann durch Technik überwacht und analysiert werden. Mit einem kleinen Sensor am Sattelgurt können Daten wie Geschwindigkeit, Takt, Anzahl der Sprünge sowie Länge und Dauer des Trainings auf jeder Hand erhoben werden. Durch die Auswertung dieser Daten können neben dem Trainingsfortschritt auch Anomalien im Bewegungsablauf erkannt werden. So werden beispielsweise Lahmheiten durch Muskel- und Sehnenverletzungen schneller erkannt.

Der richtige Draht zwischen Trainer und Schüler

Das Bild der wild durcheinander rufenden Reitlehrer auf dem Abreiteplatz oder in der Reithalle verblasst immer mehr seit funkgestützte Kommunikationssystem auf dem Vormarsch sind. Sie ermöglichen Trainer und Schüler eine diskrete und trotzdem direkte Kommunikation, ohne dabei Mitreitende zu stören. Auf Knopfdruck wird so eine Standleitung zwischen dem Reitlehrer und einem oder mehreren Reitern hergestellt. Die Geräte sind leicht, langlebig und einfach in der Bedienung. An, aus, laut, leise, mute, mehr Funktionen sind in der Regel nicht erforderlich. Mit einem einfachen Knopfdruck kann der Reitlehrer sich selbst zum Beispiel stumm schalten, wenn er ein privates Gespräch führen muss, das den Schuler nicht behelligen soll. Das System wurde aus dem Motorradsport in den Skisport und letztlich in den Reitsport übertragen. Doch auch in anderen Sportarten wird es mittlerweile vermehrt eingesetzt.

Achtung Kamera

Um ein gutes Trainingsvideo von sich selbst beim Reiten zu erhalten, braucht man einen erfahrenen Kameramann, der sich mit dem Bewegungsablauf von Pferden auskennt oder man braucht eine verfolgende Kamera. Diese wird an einer Position außerhalb der Reitbahn positioniert und verfolgt dank einem Sender, den der Reiter am Körper trägt, jede seiner Bewegungen. So befindet sich der Reiter immer mittig im Bild der Aufzeichnung. Mit einer verfolgenden Kamera lassen sich nicht nur Trainingsvideos drehen, auch Verkaufsanzeigen können mit qualitativ hochwertigen Aufnahmen aufgewertet werden.

Besonders sinnvoll ist der Einsatz von Kameras auch bei der Überwachung der Reitanlage. Herkömmliche Alarmanlagen, die mit Bewegungsmeldern ausgestattet sind, sind oft anfällig für Falschmeldungen. Schon eine vorbeihuschende Stallkatze kann den Alarm auslösen. Zwar lassen sich diese Überwachungssysteme gut in Sattelkammer und Co. einsetzen, doch für die Überwachung der Außenanlage sind sie eher ungeeignet. Darum setzen nicht nur Profiställe auf eine dauerhafte Überwachung durch professionelle Sicherheitsfirmen. Hier werden die Kameras 24 Stunden täglich überwacht und der Server leitet die erfassten Alarmbilder an eine Videoleitstelle weiter. Der Mitarbeiter kann dann den vermeintlichen Einbrecher sehen und über ein Audiosystem ansprechen. Durch die direkte Ansprache erfolgt die erste Deeskalationsstufe und ein Großteil der Einbrecher wird abgeschreckt. Außerdem können direkt aus der Leitstelle heraus Rettungskräfte, Polizei oder Feuerwehr je nach Bedarf alarmiert werden.

Im Fall von Diebstählen oder etwa schlechtem Umgang mit einem Pferd, lassen sich die Videos aus der Aufzeichnung im Nachhinein abrufen und auswerten. Aber Achtung, die Mitarbeiter, Einstaller und Besucher müssen über die Kameraüberwachung informiert werden.

Viele Hersteller bieten mittlerweile auch Apps und Überwachungskameras an, die sich hervorragend für die Überwachung von Abfohl- oder Krankenboxen eignen. So kann der Besitzer das Tier rund um die Uhr kabellos direkt aus dem Smartphone beobachten.

Weideüberwachung

Gerade zur Weidesaison hört man immer wieder von Diebstählen der Elektrozaungeräte. Die Diebe schlagen oft am Tag auf abgelegenen Weiden zu und schon stehen die Pferde außer Reichweite nur von harmlosen „Bindfäden“ eingesperrt. Viele Pferdebesitzer überwachen darum ihr Elektrozaungerät mit einer Überwachungskamera, um Diebe abzuschrecken oder aufzuzeichnen. Sollten die Pferde dann aber trotz Stromzaun ihre Weide verlassen, ist die Panik bei Besitzern und Tieren groß. Um die Tiere schnellst möglich zurück zu bekommen und somit wieder in Sicherheit zu wissen, helfen GPS-Chips. Diese müssen dauerhaft am Halfter oder der Mähne befestigt sein und vereinfach die Suche. Per Handy-App können sie Pferde so binnen Minuten geortet werden. Einige Geräte bieten auch die Funktion eines virtuellen Zauns. Hier wird der Besitzer sofort über die App informiert, sollte das Tier einen zuvor festgelegten Bereich verlassen.  Zudem können mit der Software Bewegungsprofile des Tieres erstellt werden. So hat der Besitzer einen Überblick über die täglichen Aktivitäten des Pferdes. Die gleiche Technik lässt sich auch bei Hunden und Kindern anwenden, die gerne ihre Umgebung auf eigene Faust erkunden.

Alles im Blick

Einen Ausbildungs- oder Pensionsstall zu führen, grenzt an eine organisatorische Meisterleistung. Jedes Pferd bekommt anderes Futter, Medikamente und Weidenzeiten. Außerdem müssen Hallenbelegung, Trainerstunden und Führanlagenzeiten koordiniert werden. Darum gibt es, speziell für die Organisation von Pferdeställen, spezielle Firmensoftware. Bei umfangreichen Programmen können auch Lagerbestände und Arbeitsgeräte erfasst werden. Außerdem können hier Verträge mit Einställern, Kunden und Mitarbeitern erstellt und verwaltet werden. Ziel ist es mit einer Software möglichst viele Daten zu generieren, die einen Überblick über Kosten und Management geben und so einen reibungslosen Ablauf im Stall garantieren. Durch die Minimalisierung des Büroaufwands, kann die Rentabilität des Betriebes gesteigert werden.

Auch, um das Training der einzelnen Tiere, sowie den Trainingsfortschritt zu fördern und zu optimieren, können Softwares und Apps hilfreich sein. Hier können Trainingseinheiten geplant werden und dank einem kontinuierlichen Monitoring der Gesundheitszustand überwacht werden.

Nicht nur große Betriebe profitieren von softwaregestützten Systemen. Auch Reiter mit nur einem Pferd können mit einer App ihren Alltag mit Pferd dokumentieren und planen. So wird an Impfungen oder Schmiedetermine erinnert und ein Trainingsplan erstellt. Andere Apps beinhalten komplette Übungsfolgen mit detaillierten Erklärungen und Bildern zu den einzelnen Übungen. In verschiedenen Kategorien kann der Anwender zum Beispiel zwischen Reiten, Bodenarbeit und genereller Erziehung wählen.

Wo drückt der Sattel

Nur ein passender Sattel ist ein guter Sattel. Und auch, wenn die primären Merkmale des Sattels zu passen scheinen, gibt es doch immer wieder Druckpunkte und falsche Belastungsachsen, die sofort oder auf lange Sicht zu Schmerzen im Pferderücken führen. Um eine detaillierte Auswertung der Sattelpassform zu erhalten, kontrollieren einige Sattler bereits ihre Arbeit mit Sensorpads auf dem Pferderücken. Die dünne Sattelunterlage kann unterm Reiter (dynamisch) und im Stand (statisch) zuverlässig die Daten von hunderten Sensoren im Pad übermitteln. Der auf den Pferderücken wirkende Druck wird dann auf einem Bildschirm grafisch dargestellt und von einer Analysesoftware ausgewertet. Eine synchronisierte Videoaufzeichnung ermöglicht es die Druckverteilung mit den Reiterbewegungen in Zusammenhang zu bringen. Allerdings kommt es immer wieder zu Fehlanzeigen, die durch Bodenunebenheiten oder Gleichgewichtsschwankungen hervorgerufen werden. Darum muss diese Sensorentechnik immer mit erfahrenem Personal angewandt werden. Um den perfekten Sattel zu finden, sind meist mehrere Messvorgänge erforderlich.

Auch die 3D-Technik wird bei der Suche nach dem passenden Sattel schon angewendet. Ein Unternehmen vermisst den Pferderücken anhand von aufgeklebten Punkten auf dem Pferderücken zwischen Mähnenansatz und 18. Brustwirbel. Mit dem mobilen Scanner, wird der Rücken so in Sekunden millimetergenau erfasst.

LPO  und Aufgabenheft als App

Neben dem klassischen Ringbuch und dem eBook gibt es das Turnierregelwerk LPO der FN auch als praktische App für das Smartphone. Damit hat man als Reiter, Fahrer oder Voltigierer sein Regelwerk immer aktuell und griffbereit bei sich. Neben den kompletten Inhalten des Regelwerkes bietet die LPO-App Vorteile wie ein verlinktes Inhaltsverzeichnis, eine frei skalierbare Schriftgröße sowie eine Volltextsuche, mit der man schnell und gezielt nach bestimmten Begriffen suchen kann. Weiterer Vorteil: Dank des kostenlosen Update-Services bleibt die LPO bis zur nächsten kompletten Neuauflage immer auf dem neuesten Stand.

Seit 2018 ist auch das Aufgabenheft online verfügbar. Um alle Dressuraufgaben und Parcours einsehen zu können, muss jedoch ein Abonnement abgeschlossen werden. Mit der App können alle Inhalte auch offline eingesehen werden.

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