Von Teddypelzen und Winterkleidern

Fotos: Equipics

So manches im Offenstall gehaltene Pony wirkt schon wie ein kleiner Teddybär zur Winterszeit. Spitzenathleten bei Hallenturnieren haben ihr dichtes Winterhaarkleid zu diesem Zeitpunkt meist schon längst an die Schermaschine verloren. Wie viel Schur ist notwendig? Welche Möglichkeiten hat der Pferdehalter? Und wie kann jedes Pferd trotz Scheren artgerecht so viele Stunden wie möglich draußen verbringen? Wir geben Antworten auf die wichtigsten Fragen rund ums Scheren und das Eindecken im Winter.

Kommt mein Pferd ungeschoren davon?

Scheren ist definitiv ein Eingriff in die natürliche Thermoregulation des Pferdes, der in seinen Auswirkungen nicht unterschätzt werden sollte. Deshalb ist es wichtig, jedes Jahr aufs Neue zu überlegen, wie umfangreich das Scheren überhaupt ausfallen muss. Der Nutzungszweck des Pferdes kann sich verändern und damit auch die Relevanz einer Schur. Beim Schnitt gilt auf jeden Fall: Weniger ist mehr.

Outdoor-Decken schützen vor Wind und Wetter.

Bei Pferden, die auch im Winter bei Turnieren im Einsatz sind, ist das Scheren jedoch in den allermeisten Fällen Pflicht. Auch bei normalem reiterlichen Freizeiteinsatz gibt es Pferde, die vermehrt schwitzen und sich etwa beim Reiten in der Halle unwohl fühlen. Wichtig ist, dass der Reiter immer in sein Pferd hineinhört und hinterfragt, welche Signale es sendet. Leidet es merklich unter seinem Pelz und wird nur sehr langsam nach deutlichem Schwitzen trocken, ist eine Schur absolut sinnvoll. Eine Studie der Universität Uppsala bestätigt, dass die Herzfrequenz, Atmung und Hauttemperaturen bei Pferden ohne Schur im Vergleich zu geschorenen Pferden bei gleicher Arbeit höher sind. Die Regenerationszeit gestaltete sich in deren Tests entsprechend länger.

Entscheidet man sich als Pferdehalter dafür, sein Pferd nicht zu scheren, muss das Training entsprechend angepasst werden. Dazu gehört, dass es im Winter eher einen Gang heruntergefahren wird und vor allem lange Abkühlungsphasen eingebaut werden.

In welchem Umfang sollte ich scheren?

Für unterschiedliche Pferde eignen sich verschiedene Schermuster. Beliebt und eine gute Option ist beispielsweise der Jagdschnitt („Hunter Clip“). Bei diesem wird das Fell an der Sattellage und an den Beinen am Pferd belassen. Unter dem Sattel gibt es also eine polsternde Wirkung durch das dichte Winterfell. Das ist besonders bei empfindlichen Sportpferden sinnvoll. Dieser Schnitt wird daher gerne bei mittel bis intensiv gearbeiteten Pferden eingesetzt.

Beim Trace Clip wird die untere Hals-, Brust- und Bauchpartie geschoren. Auch an der Hinterhand wird das Fell bis zum Schweifansatz entfernt. Beine, Rücken und oberer Hals werden belassen. Diese Art von Schur verhindert übermäßiges Schwitzen, gewährt dem Pferd jedoch trotzdem einen gewissen Schutz und bringt die Thermoregulation nicht so stark durcheinander. Bei wärmerer Witterung kann das Pferd auch ohne Decke auf die Weide oder den Paddock. Beim Reiten ist ebenfalls keine Decke nötig.

Der sogenannte Deckenschnitt erfolgt derart, dass eine natürliche Felldecke am Rücken sowie Kopf und Beinen vorhanden bleibt. Geschoren werden also nur der Hals und die Brust-Bauch-Partie. Gerade im sehr kälteempfindlichen Lendenbereich bleibt so ein natürlicher Schutz erhalten. Für leicht bis mittel gearbeitete Pferde ist dieser Schnitt gut geeignet, da er wie der Trace Clip übermäßiges Schwitzen vermeidet und doch noch natürlichen Schutz gewährt.

Auch der Irish Clip ähnelt den beiden vorangegangenen Schermustern. Hierbei schert man – meist aus ästhetischen Gründen – den Kopf, die Unterhalspartie sowie Brust und Bauch. Es ist noch viel Fell vorhanden und im Winter reicht meist das Eindecken mit einer leichten Decke auf der Weide. Auch dieser Schnitt ist vor allem für Pferde bei leichter bis mittlerer Arbeit nützlich.

Beim sogenannten Bib Clip wird nur ein schmaler Streifen am Hals sowie ein Teil der Brustpartie geschoren. Er ist allerdings nur für Pferde geeignet, die entsprechend leicht und eher wenig gearbeitet werden. Ideal ist er für Pferde, welche die meiste Zeit auf der Weide oder im Offenstall verbringen. Der Vorteil gegenüber dem Nicht-Scheren ist die bessere Belüftung und somit verringertes Schwitzen beim Reiten.

Einen sogenannten Full Clip, also eine Komplettschur, sollte nur bei intensiv im Sport eingesetzten Pferden, die täglich mehrfach zum Reiten und Training aus dem Stall kommen, erfolgen. Die empfindlichen Tasthaaren an Augen und Nüstern dürfen selbstverständlich nicht entfernt werden.

Wie genau die jeweilige Schur funktioniert und für wen sie sich eignet, dazu gibt es im Internet zahlreiche Informationen.

Wie sollte ich beim Scheren vorgehen?

Ganz wichtig ist es, das Pferd an die Schermaschine zu gewöhnen und nicht mit einem „Kaltstart“ zu überfordern. Die meisten Pferde empfinden das Geräusch als unangenehm. Es gilt also, in aller Ruhe vorzugehen und das Pferd zunächst mit der Maschine vertraut zu machen ohne gleich mit der Schur zu beginnen. Es kann durchaus einige Tage dauern bis das Tier nicht mehr nervös reagiert. Besonders empfindlich sind Pferde an den Vorderbeinen und am Bauch. Solche Bereiche sollten mit besonderer Vorsicht geschoren werden, damit nicht etwa Hautfalten eingeklemmt werden.

Geschoren werden sollte nur trockenes und geputztes Fell, denn sonst kann die Maschine unnötig belastet werden. Auch sollten die Haare während der Schur regelmäßig aus der Maschine entfernt werden. Als Platz zum Scheren sollte ein trockener Ort ohne entflammbare Gegenstände bzw. Heu oder Stroh gewählt werden.

Wann sollte ich scheren und wann nicht mehr?

Geschoren werden die meisten Pferde im Oktober oder November. Der optimale Zeitpunkt ist jedoch wetter- und temperaturabhängig.

Ab Januar sollten Pferde nicht mehr geschoren werden. Denn zu diesem Zeitpunkt beginnen im Organismus bereits die Vorbereitungen für den Fellwechsel im Frühjahr. Diese sollten auf keinen Fall gestört werden, wenn der Organismus des Pferdes gesund ist. Bei älteren Pferden und Pferden mit dem Cushing-Syndrom kann allerdings eine weitere Teilschur notwendig werden. Sie verlieren ihr Winterfell nur unzureichend.

Eindecken ist für alle Pferde sinnvoll, die im Winter gearbeitet und geschoren werden und auch alte Pferde freuen sich über einen Schutz bei kalten Temperaturen.

Wann und wie sollte ich eindecken?

Das Eindecken ist definitiv bei Pferden sinnvoll, welche teilweise oder ganz geschoren wurden. Wurde ein Pferd schon vor dem Scheren eingedeckt, benötigt es danach eine deutlich wärmere Decke. In diesem Fall bieten sich für niedrige Temperaturen Thermo-Decken an. Wichtig ist bei jeder Decke selbstverständlich die Passform. Bei geschorenen Pferden kommt jedoch hinzu, dass das geschorene Fell, das ja nur mit minimaler Länge die Haut schützt, empfindlicher für Verletzungen durch Scheuerstellen macht. Da dies bei einer nicht gut passenden Decke immer eine Gefahr ist, sollte die Größe immer genau ausgemessen werden. Wenn das Pferd am Hals geschoren wird, ist eine Decke mit einem Halsteil enorm wichtig.

Außerdem sollten Pferde eingedeckt werden, deren Organismus etwa durch eine Erkrankung stark belastet ist. Dies gilt auch für ältere Pferde, bei denen die Thermoregulation nicht mehr in vollem Umfang funktioniert und die ein recht dünnes Unterhautfettgewebe haben. Werden die Pferde zudem im Offenstall gehalten, sollte in solchen Fällen auf eine Winterdecke nicht verzichtet werden.

Einige Pferde haben auch von Natur aus und rassebedingt kein dichtes Winterfell. Langbeinige und große Pferde haben es schwerer, den Körper warm zu halten als kompakte Ponys. Ein großer Warm- oder Vollblüter benötigt also bereits eine Decke, wenn sich ein Pony in den meisten Fällen noch absolut wohl fühlt. Ein gesundes Großpferd benötigt eine Decke jedoch erst bei wirklich geringen Temperaturen um den Gefrierpunkt. Jedoch ist dafür notwendig, dass das Pferd auch im Winter nicht die meiste Zeit im Stall verbringt. Die Thermoregulation wird durch täglichen Weidegang – Ausnahmefälle sollten nur Unwetter und extreme Wetterbedingungen sein – erst wirklich angeregt und damit auch trainiert. Wenn ein Pferd nur in einem zudem auch noch temperierten Stall steht, fühlt sich das Immunsystem von kalten Außentempertaturen überfordert. Entsprechend müssen Decken genutzt werden.

Kann eine Decke das Wachstum des Winterfells reduzieren?

Durch Decken lässt sich auch das Fellwachstum bei Pferden reduzieren. Allerdings ist es dafür notwendig, das Pferd bereits Mitte bis Ende September einzudecken. Denn der winterliche Wechsel auf das dichte Teddyfell hängt insbesondere von der Veränderung der Lichtverhältnisse draußen ab. Zu dieser Zeit steht die Sonne bereits nicht mehr im Zenit am Herbsthimmel und die Tage sind merklich kürzer geworden. Diese Veränderung des Lichts beeinflusst den Melatoninspiegel des Pferdes. Es ist nun wichtig, dem Pferdekörper wärmere Temperaturen vorzugaukeln, was durch das Eindecken gelingt. Allerdings ist dies ebenso wie das Scheren ein Eingriff am Pferdekörper, der wohlüberlegt sein sollte. Auch in diesem Fall werden die Thermoregulation und ebenso der Stoffwechsel entscheidend beeinflusst.

Wer mit dem Eindecken und damit dem Kurzhalten des Winterfelles auf diese Art und Weise beginnt, muss dies auch den gesamten Winter über konsequent durchführen. Erst bei deutlich wärmeren Temperaturen ab etwa Mitte März bis Anfang April kann wieder auf die Decke verzichtet werden. Für den Winter müssen in diesem Fall auch eine ganze Anzahl von Decken in unterschiedlichen Stärken bereitgehalten werden, um das Pferd bei jeder Temperatur optimal vor der Kälte zu schützen.

Die Decke sollte so gewählt werden, dass sie nicht verrutscht

Welche Decke für welchen Zweck?

Für die Übergangszeit reichen in den meisten Fällen Abschwitzdecken oder leichte Regendecken aus. Derartige Decken gehören immer auf ein verschwitztes Pferd und insbesondere bei kühlerem Wetter und Wind ist darauf zu achten, dass die Decke am Pferd bleibt, bis dieses vollständig getrocknet ist. Dies gilt auch, wenn das Pferd bei einem Ritt draußen durchnässt wurde. Für den Stall ist ebenfalls eine leichte Decke angebracht.

Wird es kühler, kann der Pferdehalter beispielsweise auf eine Fleecedecke umsteigen, die es in unterschiedlichen Stärken gibt. Für die kalten Tage eignen sich Thermodecken mit Wattierung, die oft auch mit Halsteil angeboten werden. Die Wattierung gibt es in unterschiedlichen Stärken sowie oft auch in Kombination mit regenfestem Außenmaterial als Outdoor-Winterdecke.

Auch im Winter ist darauf zu achten, dass der Feuchtigkeitsaustausch unter der Decke funktioniert, da sonst ein idealer Nährboden für Hautpilze geschaffen wird. Auf die Atmungsaktivität einer Decke sollte daher immer geachtet werden.

Beim Waschen der jeweiligen Decke ist immer auf das Material zu achten und ein entsprechend geeignetes Waschmittel zu verwenden. Es kann auch sinnvoll sein, diese professionell von einem Experten reinigen zu lassen. Vor dem Waschgang sollten zunächst Haare und andere Verschmutzungen immer entfernt werden. Ein bakterienabtötendes Zusatzwaschmittel kann sinnvoll sein.

Der Pferdehalter sollte jede Decke bei einem geschorenen Pferd in doppelter Ausführung haben, damit lückenlos die Möglichkeit zum Eindecken gegeben ist.

Fazit: Abschließend lässt sich sagen, dass das Scheren wohldurchdacht für einige Pferde durchaus Erleichterung bei der Arbeit bringt. Allerdings sollte immer genau abgewogen werden, was wirklich notwendig ist. Die Decke sollte den Temperaturen entsprechend ausgewählt werden.

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