Reiter im Fokus: Reiter in Topform

Ausgleichssport sorgt für mehr Beweglichkeit auf dem Pferd. (Fotos: Equipics, Pixabay, Reitsimulator)

Reiten ist ein Teamsport, darum sollten auch beide Teamkollegen so fit wie möglich sein. Häufig wird vor allem auf die Fütterung und das Training der vierbeinigen Teammitglieder geachtet. Hier sehen viele Reiter die Möglichkeiten zur Optimierung und Entwicklung. Doch dabei verlieren sie den Blick für ihre eigenen Möglichkeiten der Verbesserung. Wir zeigen, wie es geht.

 
 
Der Reiter beeinflusst das Pferd durch seinen Sitz und die Hilfengebung, das ist die Grundlage der klassischen Reitlehre. Also ist es nur logisch, dass die Einwirkung auf das Tier umso besser und genauer wird, desto besser der Sitz des Reiters ist. Zwar bietet ein guter Sattel einen Puffer zwischen Reiter und Pferd, die Schiefe des Menschen überträgt sich aber unmittelbar. Das Pferd versucht also, die ungleiche Belastung auf dem Rücken auszugleichen, um wieder in Balance zu kommen. Dies hat auf Dauer zur Folge, dass das Tier selbst Schiefen und Blockaden entwickelt.

Mit Dehnübungen während der Schrittphase kann sich der Reiter ebenfalls aufwärmen.

Jeder Reiter hat seine Baustellen – steife Hüfte, ungleiche Hände oder schiefer Kopf. Schuld ist oftmals die fehlende Bewegung im Alltag. Ein langer Arbeitstag im Büro oder körperliche Arbeit können zu massiven Sitzproblemen führen. Viele dieser Probleme lassen sich am besten ohne Pferd aus der Welt schaffen. Genau hier kommt der Punkt Reiterfitness ins Spiel: Durch gezielten Ausgleichssport verbessert sich auch das Reiten. Aus diesem Grund gibt es eine Vielzahl an Programmen zur Verbesserung der Reiterfitness auf dem Markt. Ob ein Onlinekurs-Abonnement, Sets mit Trainingskarten oder ein spezieller Sportkurs für Reiter: hier kann jeder Reiter seinen Weg finden.  Auch klassischer Mannschaftssport, Yoga oder der regelmäßige Besuch im Fitnessstudio sind hilfreich.
 
Stabilität und Beweglichkeit sollten das Ziel sein. Darauf spezialisieren sich alle Fitnessangebote für Reiter. Anders als im Alltag sitzt der Reiter auf dem Pferd auf einem sich bewegenden Objekt, der Körper des Reiters bewegt sich im dreidimensionalen Raum. Die besondere Herausforderung für die Reitermuskulatur ist der Spagat zwischen „Sitz gerade“, womit die Körperspannung und der stabile Rumpf gemeint sind und „Schwing mit“, was sich auf flexible Hüft- und Sprunggelenke bezieht. Der stabile Rumpf wird durch ein ausgewogenes Zusammenspiel von Bauch- und Rückenmuskulatur erreicht. Die Muskeln müssen so harmonieren, dass ein aufrechtes Sitzen im Gleichgewicht möglich ist. Bonus bei einer gut ausgebildeten Rückenmuskulatur: weniger Rückenschmerzen. Die Beweglichkeit in der Hüfte ermöglicht es, in jeder Gangart elastisch im Sattel zu sitzen, ohne das Pferd in seinem Bewegungsablauf zu behindern.
 
Aber beim Ausgleichssport sollte es nicht nur um Kräftigung gehen, auch die Ausdauer macht einen guten Reiter aus. Ausdauertraining wie Joggen, Schwimmen oder Walken verbessern das Herz-Kreislauf-System und sorgen für mehr Puste bei anstrengenden Trainingseinheiten. So kann man dann Pausen machen, wenn eine Lektion mit dem Pferd gut geklappt hat und nicht, wenn dem Reiter die Luft ausgeht.

Doch keine Angst, das bedeutet jetzt nicht täglich eine Stunde Schwitzen im Fitnessstudio, oftmals reichen schon ein bis zwei Übungseinheiten von 15 bis 20 Minuten wöchentlich, um Veränderungen herbeizuführen. Das Fitnesstraining sollte als Ergänzung zum Training mit dem Pferd gesehen werden.

Aufwärmen nicht vergessen
 
Dass das Pferd zu Beginn der Arbeit zehn bis 20 Minuten Schritt geht und dann locker gearbeitet wird, bis alle Muskeln und Gelenke ausreichend erwärmt sind, ist für die meisten Reiter selbstverständlich. Dies beugt Verletzungen vor und schont den Körper. In allen anderen Sportarten ist es ebenso selbstverständlich, mit einem kleinen Warm-up zu beginnen, ein Vorgehen, das auch bei Reitsportlern Sinn ergibt. Gerade wer im Job viel im Büro oder Auto sitzt, sollte seinen Körper auf Sport einstellen. Viele Aufwärmübungen lassen sich einfach in den Stallalltag integrieren. So kann man beispielsweise beim Hufe auskratzen den Rücken aufwölben und Wirbel für Wirbel hochziehen, dabei wird das Kinn auf die Brust gelegt. Beim Gamaschenanlegen oder bandagieren lassen sich seitliche Ausfallschritte zur Dehnung der Beine einbauen. Wichtig: Unaufgewärmt sollte sich nur dynamisch gedehnt werden, also einfach locker in der Position wippen und wieder aufstehen. Diese kleinen Übungen scheinen im ersten Moment ungewohnt und sorgen vielleicht für manch fragenden Blick von Stallkollegen, doch so lassen sich schnell sinnvolle Routinen etablieren. Während des Schrittreitens die Schultern kreisen, den Kopf zur Seite dehnen und den Kopf auf die Brust und in den Nacken legen, sollte bei kontrollierten Pferden kein Problem sein.
 
Physio für Reiter
 
Physiotherapie verfolgt das Ziel, die natürlichen Bewegungen des Körpers wieder herzustellen. Einige Physiotherapeuten haben sich auf die Behandlung von Reitern spezialisiert, sie analysieren seinen Sitz vor Ort im Stall oder auf einem Reitsimulator und erarbeiten dann einen individuellen Trainings- und Behandlungsplan. Dabei werden manuelle Anwendungen durch den Therapeuten zum Beispiel in Form von Massagen und gezielte Übungen angeboten. So können akute Beschwerden oder Dysbalancen behandelt oder die Bewegungsabläufe verbessert werden. Einige Praxen und Therapeuten bieten dazu auch gezielte Kurse für Reiter an, bei denen in Gruppen oder per Video trainiert wird. Ziel ist es, die beim Reiten besonders beanspruchten Muskelpartien zur kräftigen und zu dehnen, um die reiterliche Kondition und Koordination zu optimieren.
 
Die Arbeit der auf Reiter spezialisierten Physiotherapeuten geht über das Korrigieren des Sitzes durch einen Reitlehrer hinaus, sie können auf die strukturellen und funktionellen Probleme des Reiters besser eingehen und erkennen häufig den Ursprung des Defizits. Ein guter Physiotherapeut analysiert die Bewegungen mit und ohne Pferd, überprüft den Muskeltonus des Menschen und die Funktionalität der Gelenke. Muskuläre Verspannungen, blockierte Gelenke oder auch ein körperliches Ungleichgewicht können den Bewegungsablauf beeinträchtigen.

Mit der Faszienrolle wird durch Selbstmassage eine Verbesserung der Muskelstruktur und eine verbesserte Durchblutung erreicht.

Regelmäßige Dehnen und Stabilisierungsübungen haben positiven Einfluss auf den Sitz im Sattel.

Ernährung macht den Unterschied
 
Auch die Ernährung sollte für die bestmögliche Leistung neben dem richtigen Training eine wichtige Rolle spielen. Insbesondere Vitamine, Mineralstoffe und Antioxidantien helfen, das Immunsystem auf Trab zu halten. Ein Hauptproblem bei der Ernährung ist das Zeitmanagement. Viele Reiter, die nach der Arbeit zum Pferd fahren oder viele Pferde täglich versorgen, vergessen das Essen oder wissen nicht, wie sie bei diesem engen Zeitplan noch Zeit für eine ausgewogene Mahlzeit finden sollen. Darum sollte ein Essensplan in den Tagesplan mit aufgenommen werden.
 
Grundlage für ausreichend Energie bietet ein ausgewogenes Frühstück mit einer ausreichenden Menge Kohlenhydraten, gerne in Kombination mit Obst. Besonders wertvolle Kohlenhydratlieferanten sind zum Beispiel Vollkornprodukte, denn sie enthalten komplexe Kohlenhydrate, die für einen stabilen Blutzuckerspiegel sorgen. Mit einem gesunden und nahrhaften Mittagessen wird der Körper dann für den restlichen Tag vorbereitet und mit frischer Energie versorgt. Auf dem Weg in den Stall kann es am Nachmittag helfen, den kleinen Hunger mit einem Stück Obst zu überbrücken. Auf üppige Mahlzeiten sollte in der Stunde vor dem Reiten wie vor jedem anderen Sport verzichtet werden. Dies belastet den Körper unnötig.

Eiweiß (Protein) gehört ebenfalls zu den Grundnährstoffen und ist für die Aufrechterhaltung vieler Stoffwechselprozesse und Körperfunktionen wichtig. Reitsportler haben eine erhöhte Muskelbelastung und sollten daher unbedingt auf eine Deckung des täglichen Proteinbedarfs achten. Eiweiß unterstützt unter anderem den Aufbau und Erhalt von Muskelmasse. Proteinreiche Lebensmittel sind beispielsweise Fleisch, Fisch, Milchprodukte, Eier, Soja und Hülsenfrüchte. Am Nachmittag und Abend kommt es auf den individuellen Zeitplan an. Liegt zwischen der Arbeit und dem Reiten genug Zeit, kann hier bereits ein leichtes Abendessen sinnvoll sein. Ansonsten sollte das Abendessen lieber auf danach verschoben werden. Mit Hunger sollte jedoch auch nicht aufs Pferd gestiegen werden. Wenn der Blutzuckerspiegel zu weit absinkt, sind Konzentrationsschwäche und Leistungsverlust die Folge. Eine Empfehlung für eine ausgewogene und gesunde Ernährung ist das Vorkochen oder Vorbereiten von Mahlzeiten. Dies spart Zeit, die dann wiederum mit dem Pferd verbracht werden kann.
 
Eine einseitige und vitaminarme Ernährung rächt sich oftmals spätestens im Winter, wenn der Reiter im Stall auf sein Immunsystem angewiesen ist.
 
Kopfsache
 
Neben der körperlichen Fitness sollte auch der Kopf Teil des Trainings sein. Wer konzentriert und fokussiert ist, wird seine Ziele leichter erreichen. Diesen Ansatz verfolgen verschiedene Mental Training-Programme. Diese fördern die Leistung der zweibeinigen Sportler durch gezielte Methoden. So werden Bewegungsabläufe neu erlernt und der Sportler lernt, wie der Körper und das Gehirn miteinander kommunizieren. Dazu muss der Reiter zunächst lernen, sich selbst und seinen Körper bewusst wahrzunehmen und jede Bewegung zu spüren.
 
Einen anderen Ansatz verfolgt die Hypnose, die besonders bei Sportlern mit traumatischen Erlebnissen große Fortschritte erreichen kann. Durch einen Sturz oder eine Angstsituation können sich schnell Bewegungseinschränkungen etablieren, die dann nicht so leicht abzulegen sind. Im Reality Hypnose Coaching werden durch Hypnose neue Gedanken im Unterbewusstsein gesät und mit neuen Gefühlen verknüpft. So kann beispielsweise die Angst akzeptiert und in Stärke umgewandelt werden.
 
Mit dem richtigen Gerät
 
Lockere Muskulatur ist ein wichtiger Aspekt, der großen Einfluss auf das korrekte Reiten hat. Denn nur ein gelockerter und durchbluteter Muskel kann leistungsfähig und konkret Arbeiten. Aber es muss nicht immer gleich der Termin beim Physiotherapeuten sein, für die tägliche Entspannung kann auch mit verschiedenen Produkten eine große Wirkung erzielt werden. Dabei reicht die Palette über Faszienrollen, mit denen die Tiefenmuskulatur des gesamten Körpers gelockert wird, über elektrische Massagegeräte, die mit Druck- und Stoßwellen in das Gewebe eindringen bis hin zu Therapiedecken, die die Gefäße stärker durchbluten und so die Selbstheilungskräfte der Zellen aktivieren oder Akkupressurpunkte stimulieren.
 
Es muss nicht jeder Weg gegangen werden, aber mit der ein oder anderen Anpassung im Alltag können Reiter ihrem Körper und ihrem Pferd etwas Gutes tun.

Lust auf ein bisschen Reiterfitness bekommen? Dann empfehlen wir das kostenlose Videotraining mit Fitnesscoach und Reiter Patrick Thomalla. https://www.youtube.com/watch?v=Vo2xS2HZ0Bc

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