Reitanlagenbau - Zukunftssicher aufgestellt

Fotos: Slawik

In einer modernen Reitanlage stehen Tierwohl und der Anspruch der Kunden im Vordergrund, außerdem sollte immer eine Optimierung der Arbeitsabläufe angestrebt werden. Wer dies bereits in der Planung berücksichtig, spart Zeit und Arbeitskraft. Wir zeigen, worauf geachtet werden sollte.


Aus alt mach neu

Viele Reitsportbetriebe und Freizeitställe bestehen heute da, wo früher Milch- oder Mastvieh gehalten wurde. Wird ein solcher Betrieb zur Pferdehaltung umgenutzt, stellt sich die Frage, wie sich bestehende Infrastruktur und Gebäude in das neue Konzept integrieren lassen. Wenn dieses Umbauprojekt angegangen wird, sollten zuallererst Baupläne der Gebäude sowie Genehmigungen betrachtet werden. So können böse Überraschungen vermieden werden. Zahlreiche Vorschriften ergeben sich bereits aus der Lage der Anlage. Dabei wird unterschieden in Außenbereich innerhalb bebauter Ortsteile und einem Baugebiet mit festgelegtem Bebauungsplan. Diese Unterscheidung ist auch bei Neubauprojekten entscheidend. Wenn sich die Betriebsform ändert, kann in einigen Fällen nicht auf Bestandschutz gepocht werden.

Nachdem der Standort auf behördliche Richtlinien geprüft wurde, sollte die Substanz der Bestandsgebäude angeschaut werden. Dabei sollten besonders die tragenden Strukturen wie Wände, das Dach und das Fundament beurteilt werden. Auch die Durchgangsbreiten und Deckenhöhen müssen entsprechend der Leitlinien zur Beurteilung der Pferdehaltung unter Tierschutzgesichtspunkten kontrolliert werden. Diese schreiben beispielsweise eine Deckenhöhe von mindestens 1,5-mal Widerristhöhe vor. Wobei einige Gutachter eine Höhe von zweimal Widerristhöhe bei Einzelhaltung und 2,5-mal Widerristhöhe bei Gruppenhaltung empfehlen. Ein weiteres Augenmerk sollte auf die Prüfung des Blitzschutzes und der Erdung sowie der Strom- und Wasserleitungen liegen. Besonders, wenn noch zweiadrige Stromleitungen verbaut sind, kann die Erneuerung große Kosten mit sich bringen. Die Modernisierung der Stromleitungen trägt maßgeblich zum Brandschutz bei.

Wenn die Tragfähigkeit des Daches überprüft wird, könnte auch über eine Photovoltaik-Anlage nachgedacht werden. Große flachgeneigte Flächen eignen sich besonders gut. Die gewonnene Sonnenenergie kann dann in das Stromnetz eingespeist und an ein Energieunternehmen verkauft oder lokal gespeichert und für den eigenen Betrieb verwendet werden. Hier lohnt es sich in jedem Fall, eventuelle Förderungen zu beantragen.

Moderne Halle

Viele ältere Reithallen sind dunkel und stickig. Wird eine Modernisierung angestrebt, können Lichtelemente im Dach oder an den Seitenwänden wahre Wunder bewirken. Dabei ist aber zu bedenken, dass durch die Lichtelemente beispielsweise aus Plexiglas bei Sonneneinstrahlung auch mehr Wärme in der Reithalle entsteht. Durch Windschutznetze oder Lochbleche statt festen Seitenteilen kann dem entgegengewirkt werden. Außerdem gehört eine gute Beregnungsanlage zu jeder modernen Reithalle. Idealerweise ist diese mit einer Regenwasserzisterne gekoppelt. Wasser ist das wichtigste Pflegemittel zum Erhalt des Reitbodens. Besonders wichtig ist die gleichmäßige und bedarfsgenaue Bewässerung des Bodens. Dies gilt für Reithallen ebenso wie für Außenreitplätze, wobei hier auch die Entwässerung entscheidend ist. Die Bewässerung mit einem Traktor und Wasserfass sollte nur als Übergangslösung für einen möglichst kurzen Zeitraum praktiziert werden. Automatisierte Beregnungsanlagen schaffen eine gleichmäßige Bewässerung und sparen zudem Arbeitszeit. Modernste Anlagen verfügen zudem über einen Feuchtigkeitsfühler und passen die Bewässerung entsprechend an. Bei den Beregnungsanlagen wird zwischen Decken- oder Ebbe-Flut-Systemen unterschieden, weniger häufig werden Banden-Systeme verbaut.

„Die richtige Bewässerung erhält die Bodenqualität“

Doch die Reithalle besteht nicht nur aus Dach, Licht, Bewässerung und Boden, auch die Bande spielt eine entscheidende Rolle. Die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft sieht vor, dass jede Reithalle mit einer Bande ausgestattet sein muss. Diese soll die Führung von Pferd und Reiter in der Bahn erleichtern und vor Verletzungen schützen. Der Winkel der Bande sollte 15 bis 20 Grad betragen, somit ist gewährleistet, dass das Pferd ausreichend Abstand zur Wand hält und der Reiter nicht mit dem Fuß gegen die Bande stößt. Zudem wird eine Höhe von 1,60 bis 1,80 Meter empfohlen, je nachdem, ob in der Halle eine Ponyreitschule aktiv ist oder eher Sportpferde trainiert werden. Ein Knackpunkt bei der Bande ist der Bereich, in dem die Holzbretter auf die Tretschicht des Bodens treffen. Durch die Feuchtigkeit des Bodens beginnt das Holz hier zu faulen, was massive Auswirkungen auf die Stabilität hat. Um dies zu umgehen, kann ein etwa 30 Zentimeter hoher Betonsockel unterhalb der Bande Abhilfe schaffen. Aber auch der Einsatz von Kunststoff- statt Holzbrettern wird immer beliebter.

Die Zeiten, in denen Aufstieghilfen verpönt waren, sind passé. Das verwundert kaum, wenn man sich die Vorteile des praktischen Helfers genauer ansieht. Das Aufsteigen mit einer Aufstieghilfe schont sowohl den Rücken des Pferdes als auch die Ausrüstung. Zwar tut es auch ein einfacher Holzhocker aus einem bekannten schwedischen Möbelhaus, doch gibt es heutzutage auch witterungsbeständige Modelle für innen und außen, die stabil stehen und maximal belastbar sind. Wer eh über eine neue Bande in der Reithalle nachdenkt, sollte die Option einer in die Bande integrierten Aufstieghilfe prüfen. Diese lässt sich einfach bei Bedarf ausklappen. Natürlich lässt sich eine Aufstieghilfe auch noch nachträglich in die Bande einbauen.

Auch ein Spiegel gehört zumindest bei den Dressurreitern zum absoluten Muss in der Reitbahn. Sie können an den Längsseiten oder den Ecken montiert werden, dabei sollte auf die Position von Fenstern und Türen geachtet werden, um gefährliches Blenden zu vermeiden. Die Dressurreiter wollen nur ungern auf Spiegel in der Bahn verzichten und Springreiter empfinden sie eher als unpraktisch. Um zu verhindern, dass die Pferde beim Freispringen in den Spiegel springen, müssen diese abgedeckt werden. Außerdem gibt es Systeme, bei denen sich die Spiegel auf Knopfdruck in die Bande einfahren lassen. Wichtig: Die verwendeten Spiegel müssen über die im Reitsport erforderlichen Bruchschutz-Eigenschaften verfügen.

Wenn trotz aller Fensterelemente die dunkle Jahreszeit Einzug hält, kann nicht mehr auf künstliches Licht verzichtet werden. Der Umstieg auf LED-Beleuchtung spart bares Geld. Bei der Neuinstallation der Beleuchtung ist auf Schattenbildung zu achten. Gefragt sind neben gleichmäßigem Licht, das auch bis zum Hallenboden reicht, robuste Leuchten, die gegen Staub und Wasser resistent sind. Generell gilt: Umso höher die Leuchten montiert werden, desto geringer sind Blendwirkung und Schattenbildung. Jedoch sollte immer bedacht werden, dass die Lampen regelmäßig zur Reinigung erreichbar bleiben müssen. Auch die Nutzung der Reithalle muss bei der Auswahl der neuen Beleuchtung beachtet werden, denn für die Ausrichtung von Wettbewerben wird eine Lichtstärke von 400 Lux vorgeschrieben. Ansonsten reicht eine Ausleuchtung mit 200 Lux.

Lichter Moment

Auch im Licht steckt viel Verbesserungspotenzial. Hier lohnt sich der Umstieg auf LED. Dies bezieht sich nicht nur auf die Reithalle, sondern auf die gesamte Anlage. Durch moderne LED-Beleuchtung werden auf Dauer wesentliche Energiekosten gespart. Es sollte immer in allen Bereichen auf eine zweiseitige Beleuchtung geachtet werden. Wenn das Licht von unterschiedlichen Seiten kommt, werden harte Schatten vermieden. Dadurch lässt sich das Pferd beispielsweise in der Waschbox von allen Seiten gut betrachten und gegebenenfalls untersuchen. Wer eh schon die Beleuchtung modernisiert, sollte zudem stufenlos einstellbare Leuchten in Betracht ziehen. Mit ihnen ist eine bedarfsgenaue Ausleuchtung angepasst an das natürliche Licht möglich, was wiederum Strom spart. Auch sensorgesteuerte Beleuchtung in Sanitärräumen, Futter- und Sattelkammer verringern den Stromverbrauch der Anlage.

„Umrüstung auf LED bietet viel Einsparpotenzial“

Neben Reithalle und Reitplatz sollten auch die Wege der Reitanlage gut ausgeleuchtet sein. Dies birgt weniger Gefahren und potenzielle Schreckmomente für Mensch und Tier. Bewegungsmelder schrecken nicht nur Einbrecher ab, sondern erleichtern, wenn immer beide Hände frei sind, auch die Stallarbeit.

Service

Durch Technik und Digitalisierung lassen sich viele Abläufe im Stall vereinfachen und erleichtern so den Alltag. Zudem sollte immer auch der Service für die Kunden bedacht werden. Dies steigert zudem die Attraktivität für Kunden. Zu den Grundausstattungen sollten zum Beispiel Serviceeinrichtungen wie ein ganzjährig nutzbarer Waschplatz, ein Schmiedeplatz, Putzplätze und eine abschließbare Sattelkammer gehören. Bei dem heutigen breiten Angebot an Möglichkeiten, seine Pferde unterzubringen, sollten sich Anlagenbetreiber auch als Servicedienstleister verstehen, denn der Kunde entscheidet letztlich, ob er geht oder bleibt. Darum sollten Betreiber über zusätzliche Angebote wie Deckentrockner, Solarium, Führanlage, Laufband oder eine Waschmaschine für Decken und Co. nachdenken. Ein weiterer Service, der heutzutage fast vorausgesetzt wird und hauptsächlich Zeit kostet, ist der Koppelservice. Erfahrungsgemäß wird dieser jedoch gerne genutzt und entsprechend entlohnt. Weitere Serviceangebote, die oftmals unentgeltlich geleistet werden, sind die Gabe von Medikamenten und Zusatzfutter. Doch wird diese Aufgabe von Mitarbeitern übernommen, sollte diese ebenfalls dem Pferdebesitzer in Rechnung gestellt werden. Der zusätzliche Arbeitsaufwand von fünf Minuten täglich summiert sich zu 30 Stunden im Jahr und damit auf 45 Euro monatlichen Personalkosten, wenn die Personalstunde mit 18 Euro berechnet wird. Mit einer Mischkalkulation lässt sich so ein Preis für diese Art der Zusatzleistungen beziffern. Der Kunde kann dann selbst entscheiden, ob und welche Leistungen er in Anspruch nehmen möchte.


Den Überblick behalten

Um bei all den Angeboten den Überblick zu behalten, bietet es sich an, eine Verwaltungssoftware speziell für Reitanlagen zu nutzen. Hier lassen sich in digitaler Form ganz einfach Abläufe planen, Mitarbeiter einteilen und individuelle Rechnungen aufstellen. Zudem können Hallen-, Führanlagen- und Laufbandbelegungspläne erstellt werden. Pferdebetriebe sind hier im Vergleich zu anderen landwirtschaftlichen Anlagen etwas hinterher, aber das große Potenzial digitaler Lösungen ist bereits deutlich zu erkennen. Bisher erfolgen die meisten Absprachen über Weideservice, Hufschmiedtermine und Medikamentengabe mündlich oder per WhatsApp, dadurch ist die Gefahr recht hoch, dass Absprachen vergessen oder nicht korrekt abgerechnet werden. Die Verwendung spezieller Betriebssoftware für Pferdebetriebe kann die Kommunikation vereinfachen.

„Digitalisierung macht nicht vor der Stalltür Halt“

Mehr Sicherheit für alle

Aber Digitalisierung kann auch die Sicherheit auf dem Hof verbessern. Mit Kameras und Alarmsystemen können sowohl Unbefugte auf der Anlage erkannt werden, was wiederum Diebstähle vereiteln kann; außerdem ist die Kameratechnik aber auch zur Überwachung der Pferde nützlich. Dank Kameras in den Boxen können das Einsetzen der Geburt oder Kolikverhalten schneller erkannt werden. Bei all der Technik sollte allerdings immer der Datenschutz oberste Priorität haben. Wichtig sind dabei Fragen wie der Rhythmus, in dem die Aufnahmen gelöscht werden, und wer generell Zugriff auf die Aufnahmen hat.
Noch mehr Sicherheit und gleichzeitig Zeitersparnis bringen Weidezaun-Monitore. Diese prüfen die Spannung des Elektrozauns und senden im Fall von Spannungsverlust eine Nachricht auf das Handy des Betreibers. Dies ermöglicht ein schnelles Eingreifen, sollte das Stromgerät kaputt sein oder zum Beispiel die Litze durch Pferde, Fremdeinwirkung oder herabstürzende Äste beschädigt worden sein. Viele Versicherungen fordern eine tägliche Überprüfung des Zauns auf Schäden. Mit einem Zaunmonitor lässt sich nachweisen, dass der Zaun zuvor fehlerlos funktionierte.


Mehr Zeit, weniger Arbeit

Bei der Optimierung von Reitanlagen geht es um zwei Bereiche: Automatisierung und Digitalisierung. Durch Futterautomaten für Kraft- und Raufutter und automatisierte Entmistungsanlagen spart der Anlagenbetreiber Zeit und damit Geld. Wer seine Anlage modernisieren möchte, kommt nicht darum herum, über die Anschaffung von Maschinen nachzudenken. Viele Betriebsleiter machen ihren Job aus Leidenschaft und fahren gerne mehrmals täglich karrenweise Heu über die Anlage oder verbringen Stunden mit dem Abäppeln der Ausläufe, doch viele dieser Arbeiten könnten durch die Investition in einen Hoflader deutlich vereinfacht werden. Das Problem: Viele Betreiber wissen gar nicht, wie viel Zeit für bestimmt Arbeitsgänge benötigt wird. Und so lässt sich auch nur schwer ein Stundenlohn für den Chef und seine Angestellten errechnen. Dabei ist es wichtig, den tatsächlichen Arbeitsaufwand zur Unterhaltung der Anlage zu kennen. Nur so kann berechnet werden, wie viel Gewinn ein Unternehmen abwirft und was eine Arbeitsstunde kostet. So lässt sich vernünftig kalkulieren, ob sich eine Investition in einen Traktor, Hoflader oder Futterautomaten lohnt. Oftmals ist es wirtschaftlicher, den Arbeitsaufwand durch Automatisierung zu verringern, als weitere Arbeitskräfte einzustellen. Qualifizierte und zuverlässige Mitarbeiter sind schwer zu finden und erhalten zwischen zehn und zwölf Euro die Stunde. Mit allen Abgaben kosten sie den Arbeitgeber etwa 18 bis 20 Euro. Bevor also neue Leute eingestellt werden, sollte an der Wirtschaftlichkeit gearbeitet werden. Dazu gehört auch, Serviceleistungen zu reduzieren, die sich nicht rechnen.

„Oftmals rechnet sich eine Maschine mehr als ein neuer Mitarbeiter“

Aber auch der Gesundheit der Tiere tut die automatisierte Fütterung gut. Durch die Gabe mehrerer kleiner Rationen über den Tag verteilt, entstehen keine langen Fresspausen und das Pferd hat mehr Beschäftigung über den Tag verteilt. Bisher findet man solche automatisierten Fütterungsmodelle vor allem in Aktiv- und Offenställen. Futterautomaten gibt es für Rau- und Kraftfutter.

Ein mehr als praktischer Helfer ist ein Hoflader: Mit den richtigen Anbaugeräten ist er ein echter Alleskönner. So lassen sich beispielsweise der Hof kehren, Heu und Stroh transportieren und die Ausläufe abäppeln. Einige Modelle sind bereits mit Elektroantrieb erhältlich und fahren somit emissionsfrei durch Stall und Reithalle.

Die häufigsten Fehler beim Bau oder Umbau von Reitanlagen:


- Die Kosten für Geräte werden gespart und auch die Vorrichtung für eine spätere problemlose Installation werden nicht eingeplant. Somit wird der Umstieg auf Automatisierung erschwert.

- Es werden vermeintlich günstige Materialien verwendet, um Kosten zu sparen, diese weisen jedoch häufig eine geringe Haltbarkeit und Stabilität auf. So können zum Beispiel hochwertige Weidezäune auf die Dauer von mehreren Jahren gesehen in Bezug auf Reparaturkosten und Hütesicherheit günstiger sein als ein günstig angeschaffter Zaun, der häufiger kontrolliert und ausgebessert werden muss. Gleiches gilt für den Einsatz von Boxenelementen, die zum Teil die Vorgaben der Leitlinien und damit die erforderlichen Sicherheitsstandards nicht einhalten.

- Es wird zu wenig Zeit in die Planung investiert oder die Betriebsleiter trauen sich nicht an moderne Technik und digitale Produkte heran.

- Die Nachfrage nach der „Verbesserungen“ wurde nicht überprüft und die Modernisierungen werden von den Kunden nicht angenommen.

- Es werden Leistungen angeboten, die der Kunde nicht bezahlen kann.

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