Plagegeister: Stich und weg

(Fotos: Equipics)

Der Sommer naht und damit auch die Zeit der Plagegeister. Wir haben uns einmal genauer angeschaut, welche Insekten in dieser Zeit ihr Unwesen treiben und wie Pferde als auch Reiter sich vor den unangenehmen Bissen und schmerzhaften Stichen schützen können.

 

Der ungeschlagene König der Plagegeister im Reitsport ist wohl nach wie vor die Pferdebremse. Von Juni bis August treibt sich das 19 bis 24,5 Millimeter große Insekt am liebsten auf Pferde- oder Rinderweiden herum. Die Weibchen mit ihrem stark ausgeprägten Mundwerkzeug reißen kleine Wunden in die Haut von Tier oder Mensch und ernähren sich mithilfe ihres Saugrüssels von Blut. Ein Kratzen der juckenden Stelle sollte auf jeden Fall vermieden werden, damit keine Bakterien in die Wunde gelangen können, durch die eine Entzündung entstehen kann.

Tatsächlich kommt es laut Experten recht selten vor, dass Pferde von Wespen gestochen werden. Sie stechen in der Regel nur dann zu, wenn sie sich bedroht fühlen oder bei der Mahlzeit gestört werden. Stiche in die äußere Maulregion oder in den seltensten Fällen in die Maulschleimhaut sowie in jegliche andere Körperstellen des Pferdes kommen zwar selten vor, können im Falle einer Allergie aber übel enden. In der Regel schwellen Wespenstiche rund um die Einstichstelle innerhalb kürzester Zeit an und beginnen zu schmerzen und zu jucken. Beginnt der Puls des betroffenen Tieres schneller, die Atmung flacher und die Schleimhäute heller zu werden, könnten dies Symptome für einen anaphylaktischen Schock sein.

Die Verbreitung der Hirschlausfliege nimmt immer mehr zu. Gerade einmal fünf Millimeter klein, schafft das Zecken-ähnliche Insekt mit Flügeln es, Mensch und Tier schier in den Wahnsinn zu treiben. Am häufigsten ist sie im Spätsommer und sogar noch im Herbst in den Wäldern anzutreffen. Sie setzen sich im Fell fest, schmeißen ihre Flügel ab, ernähren sich von Blut und vermehren sich sogar auf ihrem Wirt. Ihre Bisse sind schmerzhaft und bringen viele Pferde dazu, extrem nervös zu werden. Nicht selten berichten Betroffene von einem plötzlich durchgehenden, steigenden oder bockenden Pferd. Beim Menschen bevorzugen die kleinen Blutsauger den Nackenbereich. An der Einstichstelle entsteht meist eine blaue, schmerzhafte Schwellung gefolgt von Juckreiz, Pusteln, Ekzem und eitrigen Hautentzündungen. Aus dem Fell sind die kleinen aber sehr schnellen Fliegen manchmal mit einem Nissenkamm zu bekommen. Bei starkem Befall hilft nur noch ein direkter Wasserstrahl.

Zecken gehören zu den Lauerjägern und warten auf ein warmblütiges Opfer, um sich, je nach Zeckenart, fallen zu lassen oder ihm hinterher zu laufen. Dann setzen sie sich an einer für sie angenehmen Stelle fest und saugen sich mit Blut voll. Während der Biss an sich oftmals unbemerkt bleibt, können die Folgen ernsthafte Krankheiten wie Borreliose sein. Ein Biss bedeutet jedoch nicht gleich den Ausbruch der Krankheit. Nur ein kleiner Teil der infizierten Pferde entwickelt tatsächlich Symptome. Erste Anzeichen sind meist ein steifer, widerstrebender Gang bis hin zu einer Lahmheit. Die Gelenke entzünden sich und schwellen an. Welche Gelenke dabei genau betroffen sind, ist unterschiedlich. In sehr seltenen Fällen kann das Zentralnervensystem bei fortschreitender Krankheit angegriffen werden. Sichtbar wird dies anhand einer schiefen Kopfhaltung des betroffenen Pferdes, einer gestörten Koordination und Schluckschwierigkeiten. Sogar Muskelschäden sind möglich. Symptome einer Borreliose können außerdem Fieber, Antriebslosigkeit, Leistungsabfall, Appetitlosigkeit und eine damit einhergehende Abmagerung des Tieres sein. Im schlimmsten aber auch seltensten Fall kann die Krankheit bis zum Tod führen. 

Auch Anaplasmose-Bakterien kann eine Zecke beim Biss auf das Pferd übertragen. Die Bakterien lösen Symptome wie Antrieblosigkeit, Fieber, geschwollene Lymphknoten und eine gelbliche Verfärbung der Schleimhäute aus. Über einen Bluttest kann der Tierarzt die Krankheit feststellen und schließlich mit Antibiotika behandeln.

Bei Insektenstichen hilft als Erste Hilfe Maßnahme gegen die Schwellung das Kühlen mit kaltem Wasser oder einem Kühlpad. Gegen den Juckreiz helfen kortisonhaltige Mittel oder Histaminhemmer. Zeigt das Pferd Anzeichen eines anaphylaktischen Schocks, sollte umgehend der Tierarzt verständigt werden.

Bremsenstiche sind für Mensch und Tier schmerzhaft und können bei Allergikern zu einem Anaphylaktischen Schock führen.

Kriebelmücken und das Sommerekzem

 

Sie sind kaum sichtbar und haben doch eine große Wirkung bei manchen Pferden: Kriebelmücken oder Gnitzen. Beim Stich gelangt der Speichel des stechmückenartigen Insekts in den Organismus des Tieres. Er enthält ein Sekret, welches die Blutgerinnung hemmt, um das Blutsaugen zu erleichtern. In diesem sind spezielle Eiweißbausteine, die Antigene darstellen. Der Körper reagiert mit Antikörpern und versucht die Antigene zu bekämpfen – es kommt zu einer Immunreaktion. Ist diese sehr heftig, wird von einer Überempfindlichkeitsreaktion gesprochen. Das Pferd wird auf den Speichel sensibilisiert und entwickelt eine Allergie, auch bekannt als Sommerekzem.

Erste Anzeichen einer solchen Überempfindlichkeitsreaktion sind Verhaltensveränderungen des Pferdes: Scheueren, Schlagen mit dem Schweif und Unruhe. Bei genauerem Betrachten des Körpers fallen dann meist kleine Beulen an den Einstichstellen auf. Mähnenkamm, Schweifrübe, Kruppe, Bauchnaht und Ohren sind die beliebtesten Stellen der Plagegeister. Dort ist die Haut sehr dünn oder die Haare wachsen senkrecht. Mit der Zeit wirkt die Haut an den betroffenen Stellen mitgenommen, sie wird zum Teil sogar kahl, blutig oder entzündet sich, was nicht zuletzt auch die Folgen des unermüdlichen Scheuerns ist. Hautnässen und ein unangenehmer Geruch zählen zu den starken Symptomen. Ist die Krankheit bereits so weit fortgeschritten, sollte unbedingt ein Tierarzt geholt werden. Aufgrund ständiger Reizung – weiterer Stiche oder starken Kratzen – wird die Haut immer dicker und legt sich stellenweise in Falten, wodurch ein anaerobes Klima entsteht. Während die Haut an Widerstandskraft verliert, haben Erreger einfaches Spiel. Entzündungen oder Pilzbefall können die Folge sein. 

Grundsätzlich kann ein Sommerekzem bei jeder Pferderasse, jedem Geschlecht und in jedem Alter ausgelöst werden. Die genetische Veranlagung spielt trotzdem eine große Rolle. Friesen oder nordische Pferde wie Isländer oder Norweger sind deutlich häufiger vom Sommerekzem betroffen. Aber auch Vererbung ist ein wichtiger Punkt. Nachkommen von betroffenen Pferden erkranken mit einer größeren Wahrscheinlichkeit häufiger, als Nachkommen von gesunden Tieren.

Fliegensprays und -gele sind für den Schutz vor Insekten von Pferd und Reiter geeignet.

Eine Ekzemerdecke bedeckt die beliebtesten Stellen von Kriebelmücken und Gnitzen.

Augen, Ohren und auch die Nüstern lassen sich von Fliegenmasken bedecken.

Eine Bremsenfalle in Form eines Balles lockt Bremsen an und schützt auf der Weide, dem Paddock oder dem Reitplatz Pferd und Reiter.

Schutz für Mensch und Tier

 

Fliegensprays und -gele können vor dem Rausstellen oder dem Reiten auf das Fell, insbesondere auf die beliebten dünnen Hautstellen, aufgetragen werden. Und auch der Reiter selber kann unbedeckte Flächen mit solchen Mitteln schützen. Wichtig zu wissen ist, dass die meisten Sprays nicht vollends wasserfest sind. Das Baden im See oder Schwitzen beim Reiten wäscht den Schutz in den meisten Fällen nach einer Weile vollständig ab. Hier hilft nur das Erneuern durch nachsprühen oder nachschmieren. Aber Achtung: auf nassem Fell oder nasser Haut haftet der Schutz nicht optimal. Für kleinere Hautstellen bieten manche Hersteller eine Art Deoroller an. Dieser ermöglicht das Auftragen eines Fliegenschutzmittels zum Beispiel am Kopf.

Weiteren Schutz bieten Fliegendecken. Diese gibt es bereits in verschiedenen Ausführungen: für die Weide und für den Ausritt mit passendem Sattelschlitz. Sie bietet lediglich Schutz für das Pferd, nicht für den Reiter. Für ein Pferd mit einem Sommerekzem ist eine Ekzemerdecke unausweichlich. Im Gegensatz zur Fliegendecke besteht diese aus sehr feinmaschigem Funktionsstoff und bedeckt neben Rücken, Bauch und Kruppe auch den Hals, die Schweifrübe und den Bauch, damit Kriebelmücken und Gnitzen gar nicht erst die Chance haben, zur Pferdehaut durchzudringen. Decken mit Streifen wie etwa einem Zebramuster bewirken bei Stechmücken oder Bremsen eine optische Verwirrung, weshalb sie nicht landen können. Sie unterstützen den Schutz. Ansonsten sind helle Farbtöne von Vorteil, da Insekten oft dunklere Töne bevorzugen. Außerdem optimieren die hellen Töne den Tragekomfort bei starker Sonneneinstrahlung.

Um Augen, Nüstern und Ohren vor Fliegen und anderen Insekten zu schützen, helfen Fliegenmasken. Diese gibt es in vielen Varianten: der reine Ohrenschutz, Ohrenschutz mit Fransen, Ohrenschutz mit Augenschutz, Schutz des ganzen Kopfes (Ohren, Augen und Nüstern) und Schutz der Augen ohne Ohrenschutz. Einige Modelle sind nur auf das Tragen auf der Weide oder dem Paddock ausgelegt, andere können an der Trense befestigt werden, um auch beim Reiten im Gelände oder auf dem Platz eine Abwehr gegen Insekten zu bieten. Eine Fliegenmaske schützt aber nicht nur vor Plagegeistern, sondern auch vor Dreck oder UV-Strahlen. Dieser Schutz ist besonders dann wichtig, wenn das Pferd sehr empfindliche oder bereits entzündete Augen hat, oder eines der Augen erblindet ist oder beide erblindet sind. In diesem Fall fällt der natürliche Schließreflex des Auges weg.                                                                   

 

Ohrenschutz auf dem Turnier

In der LPO sind folgende Richtlinien zur Verwendung von Ohrenschutz auf Turnieren festgehalten:

Der Ohrenschutz darf nicht über die Augenlinie des Pferdes gehen, der Nasenrücken sollte frei bleiben. Eine Verbindung des Ohrenschutzes mit dem Nasenriemen ist verboten. Damit soll verhindert werden, dass das Ohrenspiel des Pferdes beeinflusst wird. Außerdem darf ein lärmdämmendes Material das Pferd nicht „taub“ machen und nicht in den Gehörgang hineinreichen.

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