Nachhaltigkeit: Der grüne Reitsport

Statt Plastikstielen sollte sorgfältig verarbeitetes Holz aus heimischen Wäldern, die nachhaltig bewirtschaftet werden, verwendet werden. (Fotos: Pixabay)

Nachhaltigkeit ist schon lange kein kurzanhaltender Trend mehr. Sie ist als Grundgedanke verankert und für die Umwelt wichtiger denn je. Auch im Reitsport hat sich das Bewusstsein dafür bei den Reitern und vor allem bei den Produktionsfirmen geändert.  

 

Auch in der Reiterei darf der modische Aspekt der Kleidung für Pferd und Reiter für viele nicht zu kurz kommen. Immer die passenden Farben kombinieren und mit dem jährlichen Trend gehen ist vielen Leistungssportlern aber auch den Freizeitreitern wichtig. Dabei sollte jedoch genau hingeschaut und die Frage gestellt werden, wie nachhaltig die Produkte hergestellt wurden. Die wichtigsten Begriffe dabei: ressourcenschonend oder -sparend, umweltschonend und langlebig.

PFC-freie Imprägnierungen von Jacken, Hosen oder Decken schonen die Umwelt.

Aus Alt mach Neu

 

Recycling spielt beim Umweltschutz eine große Rolle. „Aus Alt mach Neu“ ist das Motto einiger Hersteller. Sie produzieren aus alten und nicht mehr brauchbaren Gegenständen völlig neue Produkte. So können aus Pferdedecken, die nicht mehr repariert werden können, stylische Taschen für Jung und Alt werden. Die Firmen holen die Decken ab, in manchen Fällen können diese auch vor Ort abgegeben werden, dann werden sie gereinigt und schließlich verarbeitet. Ob für den privaten Gebrauch als schicke Umhängetasche, als Leckerli spendende Bauchtasche oder als große Sporttasche für Stiefel oder anderes Reitzubehör – die alten Decken werden wieder zu neuem Leben erweckt. Dadurch spart sich der Reiter die Entsorgung und er hat die Chance auf ein neues, praktisches Accessoire.

Beim Kauf von Lederprodukten wie Trensen sollte auf die Herkunft geachtet werden. In Europa hergestellte Produkte sind meistens aus nachhaltigeren Produktionen.

Leder als nachhaltiges Material

 

Gerade im Reitsport ist es ein beliebtes Material, da es lange haltbar und sehr reißfest ist: das Leder. Doch auch im Bereich Nachhaltigkeit hat Leder Vorteile. Zunächst einmal ist es ein Nebenprodukt der Fleischerzeugung. Die Weiterverarbeitung zu beispielsweise Reitsportausrüstung garantiert also, dass das ganze Tier verarbeitet wird, inklusive der Haut. Außerdem ist es von Natur aus verrottbar und damit von Grund auf nachhaltig. Hochwertiges Leder wird pflanzlich gegerbt also naturbelassen. Damit ist es nicht nur langlebiger, sondern auch leichter zu pflegen. Bei Leder aus Europa kann davon ausgegangen werden, dass das Produkt sozial und umweltverträglich hergestellt wurde. Dementsprechend lohnt es sich, beim nächsten Sattel- oder Trensenkauf auf die Herkunft zu achten. Auch bei den Lederpflegeprodukten sollte auf natürliche Inhaltsstoffe geachtet werden. Dazu gehören zum Beispiel Bienenwachs, Kokosfett, Extrakte aus Orangenschalen, Rapsöl oder Jojobaöl. Sollten Trense oder Schuh einmal kaputtgehen, lohnt es sich, - der Umwelt zuliebe – zum Sattler oder Schuhmacher zu gehen, statt das Teil zu entsorgen und neu zu kaufen.


Holz statt Plastik

 

Schon einmal über einen Putzkasten aus Holz nachgedacht? Oder über die ausschließliche Nutzung von Holzstielen bei Besen oder Schaufeln? Es gibt Hersteller, die bei der Produktion auf das umweltbelastende Plastik verzichten und stattdessen sorgfältig verarbeitetes Holz aus heimischen Wäldern, die nachhaltig bewirtschaftet werden, verwenden. Sie stellen nicht nur Holzstiele oder Aufstiegshilfen aus Holz her, sondern auch Putzkästen.

 

Produktion

 

Nicht nur die Wiederverwendung alter Produkte beziehungsweise Recycling ist ein wichtiger Punkt für die Umwelt. Bereits bei der Produktion spielen einige Aspekte eine große Rolle. So stellen einige Firmen zum Beispiel ihre Decken, Schabracken oder Bandagen nur aus Bio-Baumwolle oder recycelten Kunstfasern her. Aber auch Sportshirts und Reithosen gibt es mittlerweile aus diesen nachhaltigen, veganen Stoffen. Hier steht der Begriff des Naturschutzes und des Erhalts des Lebensraums im Mittelpunkt. Gekennzeichnet sind diese Waren mit einem Siegel wie dem Bluesign oder der Global Organic Textile Standard (GOTS). 

Outdoorkleidung wie Softeshelljacken werden durch eine Imprägnierung wasserabweisend. Diese enthält meist poly- und perfluorierte Chemikalien (PFC) – künstlich erzeugte Stoffe. Sie kommen in der Natur nicht vor und bauen sich auch nicht ab. Dadurch belasten sie die Umwelt. Immer mehr Hersteller produzieren bereits mit PFC-freier Imprägnierung und bieten ebenfalls fluorfreie Nachimprägnierungen für zuhause an.

Immer mehr Umverpackungen von Pflegemitteln werden recycelt und als solche wiederverwendet.

Kürzere Transportwege halten den CO2-Austoß so gering wie möglich.

Unter Beachtung von Qualität, Fairness und Nachhaltigkeit produzieren einige Firmen ihre Ware in Europa, teilweise sogar in Deutschland direkt, um Lieferwege zu minimieren und damit den CO2-Austoß so gering wie möglich zu halten. Pferdefutterhersteller verzichten zusätzlich weitgehend auf Chemie und greifen auf die mechanische Herstellung zurück, um Emissionen zu reduzieren. Außerdem legen etliche großen Wert auf die Produktion in kleineren Familienunternehmen. Denn: Die Arbeitsbedingungen müssen sicher und fair sein.

Für die Werbung, egal ob in Form von Katalogen, Broschüren oder Postern, arbeiten einige Firmen mit Umweltdruckereien zusammen. Diese drucken ressourcensparend auf recycelten Papierfasern, nutzen mineralölfreie und aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellte Farben und arbeiten mit Strom aus erneuerbaren Energien. Und auch für den Strom im eigenen Werk nutzen viele Firmen bereits regionale und regenerative Energie.

Für den Versand achten einige Hersteller auch auf einen klimaneutralen Transport. Beispielsweise werden für angefallene CO2 Emissionen für die Transporte Wiederaufforstungsprojekte unterstützt.

 

Verpackungen und Inhaltsstoffe

 

Mit dem Onlinehandel ist die Menge an Plastikmüll um einiges gestiegen. Im Jahr 2018 wurden weltweit circa 359 Millionen Tonnen Kunststoff produziert – rund 19 Millionen Tonnen Plastik davon in Deutschland. Der Export von Kunststoff in Deutschland lag im Jahr 2018 bei etwa 13 Millionen Tonnen, während gleichzeitig über 10 Millionen Tonnen importiert wurden. Einzelne Hersteller setzen mittlerweile auf ökologische Versandverpackungen. Sie bestehen aus nachhaltigen und recycelten Materialien – auf Plastik wird größtenteils verzichtet. Ein paar Firmen, die Pflegeprodukte herstellen, haben aber nicht nur im Versand die Verpackungen angepasst, sondern auch die Produktverpackungen selbst. Die Kunststoffflaschen von beispielsweise Insekten- oder Mähnenspray werden aus sogenanntem PCR-Material hergestellt, also bereits verwendeten Kunststoffen. Zusätzlich bieten einige Hersteller Nachfüllboxen an. Mit recycelten Umverpackungen und Nachfüllmöglichkeiten werden große Mengen an Rohstoffen gespart. Und nicht nur das Äußere, sondern auch das Innere wird mit ökologischem Mehrwert produziert. Siegel von Naturprodukten wie der Natural Cosmetics Standard (NCS) oder der Nature Care Product Standard (NCP) erlauben nur Inhaltsstoffe, die auf der Positivliste stehen. Auf Mineralöle, die aus Erdöl gewonnen werden, sowie auf Silikone, Paraffine und ähnliches wird weitgehend verzichtet.

 

Selber tätig werden

 

Natürlich ist es nicht nur die Aufgabe der Hersteller, fair und nachhaltig zu produzieren, sondern auch die der Verbraucher, beim Kauf auf diese Aspekte zu achten. Kleidung aus Polyester sollte möglichst selten gekauft und dann auch nur wenig, kürzer und kälter gewaschen werden, damit kaum bis kein Mikroplastik ins Abwasser und damit in die Umwelt gerät. Die Kleidung bei 25 Grad für 30 Minuten zu waschen und spart 52 Prozent Mikrofasern sowie bis zu 74 Prozent Farbstoff, die freigesetzt werden. Eine erhöhte Lebensdauer ist ein angenehmer Nebeneffekt und ebenfalls ein Beitrag zum Umweltschutz. Bei dem Kauf von Kleidung, Decken oderSchabracken aus Baumwolle, kann auf Bio-Baumwolle zurückgegriffen werden. Wer der Umwelt etwas Gutes tun will, sollte dabei nicht nur auf das Material, sondern auch auf die verwendeten Farben achten. Trotz klarer EU-Vorschriften kommt es vor, dass Hersteller verbotene Substanzen wie giftige Schwermetalle oder Azofarbstoffe nutzen. Um sich selbst oder sein Tier davor zu schützen, reicht es schon, die Produkte vor dem ersten Tragen zu waschen. Da bei diesem Vorgang die Farbstoffe jedoch in die Umwelt geraten, kann bereits beim Kauf auf Zertifikate wie das Öko Text 100 Standards geachtet werden. Qualitativ hochwertige Kleidung sowie Schabracken oder ähnliches sind meist langlebiger und schonen nicht zuletzt den Geldbeutel. Und sollte das gekaufte Teil dem Reiter nach einiger Zeit doch nicht mehr zusagen, muss es nicht gleich entsorgt werden: Verschenken oder Verkaufen ist das Stichwort zum umweltbewussterem Vorgehen.

 

Cradle-to-Cradle

 

Die englische Bezeichnung Cradle-to-Cradle beschreibt eine durchgängige und konsequente Kreislaufwirtschaft. Viele Firmen produzieren nach diesem System. „Cradle-to-Cradle-Produkte“ sind solche, die entweder als biologische Nährstoffe in biologische Kreisläufe zurückgeführt kontinuierlich in technischen Kreisläufen gehalten werden können. Solche sind gekennzeichnet durch die C2C-Zertifizierung und werden laut dieser nach den folgenden Kriterien bewertet: Materialgesundheit, Kreislauffähigkeit, Einsatz von erneuerbaren Energien, verantwortungsvoller Umgang mit Wasser und soziale Gerechtigkeit. Ausgezeichnet wird das Produkt dann mit einem bestimmten Level der Zertifizierung: Basic, Bronze, Silber, Gold oder Platin. Dafür muss es die Mindestkriterien für dieses Level in allen fünf Kategorien erfüllen. Geprüft und ausgezeichnet wird vom Cradle to Cradle Products Innovation Institute aus San Francisco.

 

 

Nachhaltige Reitböden

Mit dem Thema der Nachhaltigkeit sollten sich aber nicht nur die Hersteller von Ausrüstung und Pflegemitteln beschäftigen, sondern auch die Reitbodenhersteller. Wir haben mit Andreas Rottmann, Marketing-Manager und Pressesprecher der Firma ASground, über nachhaltigen Reitplatzboden gesprochen.

 

Ein guter Reitboden ist für ein zielführendes Training sehr wichtig. Im besten Fall wird er allen Reitdisziplinen gerecht – vom Voltigieren bis zum Fahren, von der Dressur bis zum Springen. „Damit ein Pferd seine uneingeschränkte Konzentration auf seinen Reiter lenken kann, um dessen feine Hilfe in taktreine Tritte und schwungvolle Bewegungen umzusetzen, muss der Reitplatzbelag jederzeit gleichmäßig, elastisch und trittfest sein“, betont der Experte. „Außerdem sollte er keine Pfützen bilden, nicht stauben und nicht gefrieren.“ Neben den genannten Aspekten spielt Nachhaltigkeit eine große Rolle. Darüber sollte sich der Besitzer des Reitplatzes besonders bei Reitböden aus Fließschnitzeln Gedanken machen, denn nicht alle Zusammensetzungen sind gut für die Umwelt.

 

Nachhaltige Fließreitböden

 

„Längst nicht jeder Teppich ist für einen synthetischen Reitboden geeignet und nicht jede Teppichflocke wird sich zu der gewünschten – ja notwendigen – Matte verfilzen“, erklärt Rottmann. Manche Böden müssen bereits nach kurzer Zeit erneuert oder gar vollständig ausgetauscht werden. „Die Lebensdauer eines Produktes ist eine der wichtigsten Eigenschaften und ein Indikator für seine Nachhaltigkeit.“ Ein Boden, der lange hält, was er verspricht, schont die Umwelt und den Geldbeutel. 

Bei der Anschaffung eines synthetischen Reitbodens sollte der Aspekt der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes stets beachtet werden. (Foto: ASGround)

Auch bei der Produktion selbst kann bereits auf den Nachhaltigkeitsfaktor geachtet werden. „Unser Reitboden zum Beispiel wird aus Stanzresten, die bei der Automobilherstellung anfallen und sonst verbrannt werden würden, hergestellt“, erzählt Rottmann. „Das verstehen wir unter Ressourcenschonung.“ Er erklärt weiter: „Ein Reitplatz, dessen Untergrund nicht versiegelt ist, sorgt dafür, dass der Regen dort, wo er auf den Reitplatz fällt, auch in die Erde gelangt. Es findet somit kein Eingriff in den natürlichen Wasserhaushalt statt.“ Böden, die nicht oft oder gar nicht bewässert werden müssen, sparen wichtige Ressourcen wie Wasser und schonen somit die Umwelt. Sind sie außerdem noch pflegeleicht oder benötigen sogar gar keine Pflege, werden nicht nur Zeit und Kraft gespart, sondern auch die Freisetzung von CO2 verhindert. Soll der Boden doch einmal entsorgt werden, ist es wichtig, dass dieser die Grenzwerte der Trinkwasserschutzverordnung einhält. „Dann ist das Thema Entsorgung sehr einfach: Eine Limonaden-Flasche ist ebenfalls synthetisch und schließlich auch kein Sondermüll“, vergleicht Rottmann. Bei der Anschaffung eines Reitbodens sollte also auch geklärt werden, ob dieser mehr Giftstoffe abgibt, als die Trinkwasser- und Bundesbodenschutzverordnung zulässt. Danach richtet sich letztendlich die Entsorgung.

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