Immer weiter - Selbstständigkeit in Pandemiezeiten

Jana Mieske hat sich mitten in der Coronapandemie selbstständig gemacht. (Fotos: Privat)

Für Jana Mieske stand schon in jungen Jahren fest, dass sie sich irgendwann mal mit der Reiterei selbstständig machen möchte. Sie träumte vom eigenen Hof mit schönen Boxen und einer optimalen Reitmöglichkeit. 2021 nahm dieser langersehnte Wunsch endlich Form an – dann kam Corona.

Bereits in jungen Jahren steckte sich Mieske mit dem Pferdefieber an. Im Alter von vier Jahren wurde sie zum Voltigieren „mitgeschleppt“, wie sie selber sagt. „Danach bin ich durch alle Reitschulen in der Gegend gewandert, bis ich auf einem Hof direkt im Ort ein Pony namens Cliff bekam. Rückwirkend betrachtet, war er das ausschlaggebende Pony für alles.“ Wallach Cliff ebnete Mieske den Weg ins Turnierleben. Mit ihm ritt sie bis L-Springen und A-Dressuren. Im Alter von 16 Jahren kaufte sie sich ein Großpferd und ritt mit diesem bis M-Springen. Nebenbei machte Mieske eine Ausbildung zur Bürokauffrau. „Mein Vater bat mich, etwas ‚Vernünftiges‘ zu lernen. Alle belächelten immer meine Pferde-Verrücktheit. Zwar bekam ich die Chance, mit 15 auf einem Hof in Hessen zu lernen, ich entschied mich aber letztlich doch für etwas Kaufmännisches.“ Im Nachhinein bereut die Reiterin ihre Entscheidung kein bisschen. Heute erweist sie sich sogar als sehr hilfreich, da sie sich um die vorbereitende Buchhaltung und Organisation des Betriebs selbst kümmert.

„Aufgrund einer beruflichen Veränderung nahm meine reiterliche Karriere schließlich eine kurze Pause“, berichtet die 33-Jährige. „Ich verkaufte mein Pferd, kam aber kurze Zeit später über einen Kollegen meines Vaters zurück zu meinen Anfängen: den Ponys.“ Mieske nahm zwei Ponyhengste in Ausbildung, allerdings noch ohne eigenem Gewerbe und ohne daran zu verdienen. „Ich konnte mir damals kein eigenes Pferd leisten und sah es als tolle Chance, wieder aufs Pferd zu kommen und zu lernen.“ Zu diesem Zeitpunkt war sie gerade einmal 20 Jahre alt.

Aus den maroden Gebäuden des ehemaligen Bullenstalls sind heute geräumige Außenboxen für Pferde geworden.

Der Weg in die Selbstständigkeit

 

Neben ihrer Arbeit als Bürokauffrau, baute sich Mieske langsam den Grund für ihre Selbstständigkeit. „Ich habe mir Boxen in einem Pensionsstall angemietet und dann Ponys zum Reiten bekommen. Das war eine gute Möglichkeit, mir einen potentiellen Kundenstamm aufzubauen. Dennoch wollte ich immer etwas Eigenes“, erinnert sie sich. „Durch Zufall kamen mein Lebensgefährte und ich dann vor circa zwei Jahren an einen Resthof. Eigentlich stand dieser gar nicht zum Verkauf, aber wir hatten Glück.“ Gemeinsam kauften sie Anfang 2020 den Hof und begannen mit den Umbauarbeiten. Der Traum vom eigenen Betrieb – Mieske mit der Reiterei und ihr Lebensgefährte Lukas Dörries mit der Landwirtschaft – schien greifbar nah. „Wir haben alles genau durchgeplant, haben angefangen, Materialien zu bestellen, arrangierten Firmen für die Umbauarbeiten, ich schrieb einen Businessplan, wir bekamen für alles das Go von der Bank“, erzählt sie von dem erst so vielversprechenden Plan. „Aber noch vor der Schlüsselübergabe im April schlug Corona ein und die Zeit der Pandemie und den mit ihr einhergehenden Maßnahmen brach an.“ So stand sie nun vor den maroden Gebäuden des ehemaligen Bullenstalls und sah ihren Traum beinahe zerplatzen.

Der Reitplatzbau war für Mieske mit am wichtigsten, um ihren Betrieb zum Laufen zu bringen.


Probleme in Coronazeiten

 

„Meine Festanstellung als Bürokauffrau war meine Absicherung. Kurz nach Kauf des Hofes ging ich aufgrund von Corona, wie so viele andere auch, in Kurzarbeit. Schließlich verlor ich sogar den Job.“ Die finanzielle Absicherung, die Mieske zu diesem Zeitpunkt gebraucht hat, fiel also kurzerhand weg. Der einzige Lichtblick: Sie meldete im selben Zeitraum ihr eigenes Gewerbe an und am 1. Juli 2020 konnten die ersten Pferde auf dem neuen Hof einziehen. Dennoch, die finanzielle Belastung war hoch. „Wir haben nicht nur gerade erst den Hof gekauft, sondern auch einige große Anschaffungen getätigt. Der Reitplatzbau hatte auch bereits begonnen. Und ständig die Angst, dass meine Mieter mich aufgrund von eigenen finanziellen Problemen dank Corona verlassen müssen.“ Und auch die Maßnahmen in den Pandemiezeiten waren nicht immer leicht für die Bereiterin. „Wir führten Listen über Namen, Uhrzeiten und Aufgaben der Pferdebesitzer. Wir stellten überall Desinfektionsmittelspender auf. Wir hielten Abstand. Besucher durften nicht mehr kommen. Dennoch hatten wir ständig Sorge, dass bald keiner mehr zu seinem Pferd kommen darf.“ Das stellte nicht nur den Stallalltag auf den Kopf. „Es wurde immer schwerer, an Materialien zu kommen. Die Lieferzeiten waren lang. Und wenn ich zum Baumarkt gefahren bin, durfte ich ja immer nur alleine mit meinem Gewerbeschein und meinem Personalausweis rein.“ Große und schwere Einkäufe wurden für die zierliche Reiterin ein richtiger Kampf, beinahe unmöglich. „Und, als wäre das nicht alles schon kompliziert genug gewesen, riss mir bei einem Unfall aufgrund des Schneechaos Anfang 2021 mein Mittelfinger ab, als ein Pony aufgrund einer Schneelawine von einem Dach losrannte und sich dabei die Longe unglücklich um meinen Finger wickelte.“ Nach der Operation, in welcher der Finger gerettet werden konnte, musste Mieske wochenlang das Sofa hüten und durfte wegen der Infektionsgefahr nicht raus. „Das war wirklich schlimm und ein ganz blöder Zeitpunkt.“ Doch schon erschien der erste Sonnenstrahl am Himmel. „Diese Zeit zeigte mir, was für tolle und verständnisvolle Einsteller ich auf meinem Hof habe. Jeder half, wo er nur konnte. Alle hielten zusammen und packten mit an. Sogar der Besitzer meines damaligen Berittpferdes hatte vollstes Verständnis und ließ sein Pferd bei mir.“

Die ganze Zeit immer unterstützend an ihrer Seite: Mieskes Lebensgefährte Lukas Dörries ist in ihrem betrieb für den landwirtschaftlichen Teil zuständig.


Endlich bergauf

 

Heute kann Mieske stolz auf die schweren Zeiten zurücksehen. „Jeden Tag dachten wir darüber nach, ob wir das wirklich noch schaffen können. Aber am Ende haben wir einfach die Pobacken zusammengekniffen und sind immer weiter nach vorne marschiert.“ Seit Anfang 2022 fängt auch ihr Beritt wieder an, zu laufen. „Die Nachwehen von Corona sind noch deutlich spürbar. Wir können nach wie vor keinen Tag der offenen Tür machen und können nicht viele Besucher einladen. Der Betrieb läuft dennoch an. Schleppend – aber er läuft.“

Anderen, die den Schritt in die Selbstständigkeit wagen wollen, rät sie: „Wenn man sich nicht traut, seinen Traum zu verwirklichen, wird man nie wissen, ob es geklappt hätte. Man muss an sich selbst glauben, das ist ganz wichtig!“ Und wie sagt man so schön: Was einen nicht umbringt, macht einen nur stärker…

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