Sönke Lauterbach: „Ich denke nicht, dass die Turniersaison komplett ausfallen wird“

Foto: Kaup

Pferdesport in Corona-Zeiten: Die Deutsche Reiterliche Vereinigung bemühte sich in den vergangenen Wochen, Pferdesportler tagesaktuell zu informieren und entwarf verschiedene Leitfäden, um die Umsetzung in den Pferdebetrieben zu erleichtern. Im Gespräch mit FN-Generalsekretär Sönke Lauterbach ging es jedoch nicht nur um die überstandene Zeit, sondern auch um einen Blick in die Zukunft.

Herr Lauterbach, wie haben Sie die letzten Wochen erlebt?

Es war eine spannende, aber gleichzeitig auch belastende Zeit für uns als Pferdeleute. Belastend vor allem für Pferdebesitzer, Trainer, Vereine und Betriebe, die vor Ort die Stellung halten mussten und natürlich viele Konflikte hatten. Genauso belastend war es aber auch für unsere Mitarbeiter hier vor Ort, die direkt mit den Unsicherheiten konfrontiert wurden, gleichzeitig aber auch der Rettungsanker für viele Betroffene  waren. Bei uns liefen die Telefondrähte heiß und die Email-Postfächer quollen über. Auf unseren Internetseiten haben wir  FAQ und verschiedene Leitfäden zum Thema Corona eingerichtet, die wir regelmäßig anpassen und überarbeiten, um möglichst tagesaktuell auf dem Laufenden halten zu können. Zusammen mit den Landesverbänden und Zuchtverbänden haben wir uns durchgehend bemüht, alle verwertbaren Informationen zusammenzutragen. Schön war, dass wir für unsere Informationsarbeit auch sehr gelobt worden sind.

 

Wie haben Sie die Kontaktbeschränkungen vor Ort in Warendorf umgesetzt?

Wir haben Mitte März angefangen, nur noch mit Notbesetzung vor Ort zu arbeiten. Hier sind Büros nur noch einzeln besetzt und wo es möglich ist, wird vom Homeoffice gearbeitet. Gleichzeitig müssen wir auch Geld sparen, also haben wir entschieden, Überstunden abzubauen und ab Anfang Mai sind einzelne Bereiche in Kurzarbeit gegangen.

 

Was war für Sie die größte Herausforderung?

Eine große Herausforderung für uns war die Balance zu halten zwischen schneller Information und der Wichtigkeit, Fragen intensiv zu durchdenken, um dann eine konkrete Antwort geben zu können. Das galt vor allem nach den aktuellen Bekanntmachungen der Bundesregierung. Es mussten dann in der Kürze der Zeit viele kleine Detailfragen konkretisiert und beantwortet werden, um möglichst schnell gesicherte Informationen herausgeben zu können. Problematisch ist das auch deshalb, weil nicht nur die einzelnen Bundesländern häufig eigene Regelungen treffen und teilweise dann sogar nochmal die Gesundheitsämter in den einzelnen Regionen entscheiden, was möglich ist und was nicht.

 

Wie wichtig war für die FN das Pilotprojekt „Springpferde-Meeting Luhmühlen“?

Ganz wichtig war für uns natürlich, dass die Veranstaltung tatsächlich eine Genehmigung durch die Behörden bekommen hat. Das hätten wir als FN so gar nicht entscheiden können. Für uns war es eine gute Gelegenheit, unseren Wiedereinstieg zu testen und dann auch vorlegen zu können, dass der Reitsport einen für alle Beteiligten sicheren Wettkampfbetrieb gewährleisten kann. Natürlich gab es auch Kritik aus einigen Reihen, die sagten: ‚Warum dürfen die das und wir nicht?‘ Da wird meiner Meinung nach mit zweierlei Maß gemessen, denn am Ende ist die Grundaussage doch, dass Pferdesport in Corona-Zeiten möglich ist. Das kommt am Ende uns allen zugute.

 

Wie könnten Turniere in den nächsten Monaten aussehen?

Nordrhein-Westfalen hat beispielsweise in die Planung schon aufgenommen, dass Wettkampfsport unter Einhaltung der Abstands- und Hygiene-Regeln auch im Amateur- und Jugendbereich ab Ende Mai wieder stattfinden darf – aber natürlich nicht als Großveranstaltung. Ich kann mir vorstellen, dass andere Bundesländer nachziehen werden. Das heißt, dass wir im Juni in Deutschland die ersten Turniere wiedersehen könnten, wenn auch mit Abstrichen. Aber die gute Nachricht ist: Sport kann dem aktuellen Wissenstand nach wieder stattfinden.

 

Wie sieht die Planung für die Bundeschampionate aus?

Natürlich ist das Bundeschampionat eine klassische Großveranstaltung. Auch wenn die Regelung zu den Großveranstaltungen aktuell nur bis Ende August vorgesehen ist, planen wir die Championate definitiv in einer anderen Form. Wir bereiten uns auf Plan B, C oder D vor. Aktuell laufen Überlegungen, wie die Auswahl der Pferde überhaupt umgesetzt werden kann, da ja auch viele Qualifikationsprüfungen wegfallen. In den nächsten Wochen werden wir feststellen, ob es Möglichkeiten gibt, die Bundeschampionate umzusetzen oder ob das Ganze mit so großen Problemen behaftet ist, dass es schlichtweg nicht machbar ist.

 

Wie sehen Sie die Situation der ländlichen Reitvereine, die vor großen Herausforderungen stehen, ihre regionalen Turniere veranstalten zu können?

Ich denke nicht, dass die Turniersaison komplett ausfallen wird. Die Top-Veranstalter sind natürlich auf die Einnahmen aus Besuchergeldern, Ausstellern und Gastronomie angewiesen und haben daher fast alle entschieden, die Turniere abzusagen. Aber die kleineren Vereine betrifft das nicht so stark. In NRW beispielsweise wurde in Sachen Wettkampf nicht festgelegt, dass es keinerlei Gastronomie geben darf. So könnten die kleineren Vereine natürlich unter bestimmten Auflagen auch mit dem Verkauf von Essen und Getränken weiterhin Einnahmen generieren. Ich kann mir vorstellen, dass es mit einem guten Konzept durchaus möglich sein kann, ein Turnier nicht als reines Geisterturnier stattfinden zu lassen. Auch hier kommt es am Ende aber natürlich darauf an, wie die einzelnen Länder und auch die Städte und Kreise schlussendlich zu dem Thema stehen und es umsetzen.

Am Ende gilt es jedoch, genau abzuwägen. Wir müssen vorsichtig sein, dass wir nicht über die Stränge schlagen und es am Ende wieder zu neuen Übertragungen des Virus kommt und wir uns dann ganz schnell wieder in der Situation befinden, in der nur noch die Notversorgung unserer Pferde möglich sein wird. Das wollen wir alle nicht.

 

Herr Lauterbach, vielen Dank für das Gespräch!

Zum Seitenanfang