Alizée Froment: „Es ist hart und es tut weh. Aber bitte fahrt nicht mehr zu Euren Pferden!“

Foto: Andrea Zachrau

Alizée Froment, belgische Dressurausbilderin und Showreiterin, ist eine der ersten Pferdesportlerinnen, die sich innerhalb der Corona-Krise freiwillig in Quarantäne begeben hat. In unserem Interview erzählt sie von ihren Beweggründen und richtet vor allem diesen einen Appell an alle Reiter: Bleibt Zuhause!

„Es ist unglaublich schwer für mich und es wird jeden Tag schwerer, aber umso mehr von uns Zuhause bleiben, umso kürzer wird diese schwere Zeit ausfallen“

 

reitsport MAGAZIN: Alizée, Sie haben für sich selbst entschieden, in Selbst-Quarantäne zu gehen. Wie kam es zu diesem Entschluss?

Alizée Froment: Hier in Belgien wurde angeordnet, dass sich nicht mehr als drei Personen zurzeit in einem Reitstall aufhalten dürfen. Leider wird das einfach nicht respektiert. Meine Entscheidung habe ich aus verschiedenen Gründen getroffen, denn natürlich fällt es auch mir unglaublich schwer, nicht mehr zu meinen geliebten Pferden zu können. Der erste Auslöser ist die Tatsache, dass meine Babysitterin Aneta am 13. März das Land verlassen musste, weil sie Tschechin ist. Am Tag danach bin ich mit meiner kleinen Tochter, meiner kleinen Prinzessin, wie immer zu den Pferden gefahren, weil sie es so sehr liebt, mit mir gemeinsam im Stall zu sein. Leider ist es aber so, dass Kinder besonders als Überträger des Corona-Virus gelten.

Aus diesen Gründen und aufgrund der Tatsache, dass sich so viele Menschen im Stall aufhalten, habe ich schließlich entschieden, mit ihr Zuhause zu bleiben. Anfangs dachte ich noch, dass es vielleicht für eine Woche sein würde, dass die Pferde einfach ein bisschen Urlaub bekämen, ihre Zeit auf der Weide genießen und von meiner Mitarbeiterin Ornella ausgeritten oder longiert werden könnten, um gesund zu bleiben. Die Situation verschlimmerte sich aber zusehends und ich begann zu realisieren, dass aus einer Woche mehrere werden würden.

Es ist unglaublich schwer für mich und es wird jeden Tag schwerer, aber umso mehr von uns Zuhause bleiben, umso kürzer wird diese schwere Zeit ausfallen. Pferdebesitzer sind nicht die einzigen Menschen auf diesem Planeten. Ich weiß, dass meine besten Freunde, meine Pferde, von Ornella super betreut werden. Sie lebt beim Stall und kümmert sich darum, dass es ihnen an nichts fehlt. Sie versorgt sie, massiert sie, reitet mit ihnen aus und longiert sie. Glücklicherweise können wir auf so viele Technologien zurückgreifen, sodass ich ständig mit neuen Bildern und Videos versorgt werde.

Natürlich werden wir in der Ausbildung unserer Pferde zurückgeworfen, aber wir reden hier davon, Leben zu retten. So lange es meinen Pferden gut geht, ist alles andere unwichtig. Es geht darum, Prioritäten zu setzen und ich habe meine Entscheidung getroffen.

 

„Es waren noch nie zuvor so viele Menschen im Stall wie im Moment“

 

reitsport MAGAZIN: Wie stellt sich die aktuelle Situation in Belgien dar?

Alizée Froment: Wie ich es mitbekomme, nimmt Belgien die Ausgangssperre nicht sehr ernst. Ornella berichtet mir, dass noch niemals zuvor so viele Menschen im Stall waren wie im Moment. Von meinem Garten aus, wo ich jeden Tag mit meiner Tochter spiele, kann ich noch immer Gruppen von 10-15 Menschen sehen, die gemeinsam unterwegs sind und die den empfohlenen Sicherheitsabstand nicht einhalten. Im Moment gibt es in unserem Land viel weniger Infizierte und Tote als in Italien, Spanien oder Frankreich, aber wenn wir das so beibehalten wollen, müssen wir die Lage viel ernster nehmen. Regierungssprecher warnen auch hier davor, dass die Kapazitäten in den Krankenhäusern immer knapper werden und sie sehr bald in eine Situation kommen, in der sie sich entscheiden müssen, welchem Menschen sie zuerst helfen sollen.

 

„Wenn du dazu beitragen möchtest, dass diese Phase so kurz wie möglich ausfällt, bleib Zuhause“

 

reitsport MAGAZIN: Hier in Deutschland haben viele Pferdebesitzer Angst davor, dass ihr Stall geschlossen werden könnte. Was ist Ihr Rat an sie?

Alizée Froment: Genau diese Situation hat Frankreich schon jetzt. Meine Antwort wäre: Wie würde es deinem Pferd ohne dich ergehen? Ich weiß, es ist hart und es tut weh. Aber wir befinden uns in einer absoluten Ausnahmesituation. Befänden wir uns im Krieg, wäre es vermutlich nichts anderes: Du müsstest dein Pferd ebenfalls aufgeben, zumindest für eine bestimmte Zeit. Natürlich ist die Situation jetzt eine andere, aber wenn du dazu beitragen möchtest, dass diese Phase so kurz wie möglich ausfällt, bleib Zuhause, halte dich an die Regeln. Wenn alle mitmachen, werden es nur zwei Wochen sein und keine zwei Monate. Dann kannst du ganz dich bald wieder jeden Tag und so viel zu willst um dein Pferd kümmern.

Falls sich die Regierungen genau für diesen Weg entschieden hätten, als die allerersten Fälle aufgetreten sind, hätte eine Ausgangssperre vielleicht nur wenige Tage angedauert. Jeder Tag zählt!

Wir müssen zusammenhalten! Bleibt stark, bleibt gesund. Für Euch selbst, für Eure Liebsten und für Eure Pferde.

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