Ausrüstung für Pferd und Reiter

Welche Trense und welches Gebiss passen am besten zum Pferd? Foto: Slawik

Zum Start der Grünen Saison lohnt sich ein Blick auf die Ausrüstung für Pferd und Reiter. Immer neue Erkenntnisse sorgen für ein Plus an Sicherheit und Komfort. Über allem steht die Erkenntnis, dass der Rat von Experten immer einen Mehrwert bringt – und zwar für Pferd und Reiter. Die Anpassung von Sattel und Gebiss mag zunächst mit höheren Kosten verbunden sein, doch am Ende zahlt es sich in der Regel aus. In Sachen Sicherheit hat sich in der letzten Zeit ebenfalls viel getan. So sind immer mehr Profi-Reiter mit entsprechenden Westen im Parcours anzutreffen.

Immerwährendes Thema: der passende Sattel. Foto: Equipics

Dr. Sue Dyson aus Großbritannien, eine der weltweitbekanntesten Expertinnen auf dem Gebiet der Pferdeorthopädie, betont: „Der Sattel muss genug Platz für die empfindliche Wirbelsäule des Pferdes bieten. Dieser Wirbelkanal muss stets frei bleiben, auch wenn der Reiter mit seinem Gewicht darauf Platz nimmt. Zwischen Widerrist und Kopfeisen des Sattels müssen ohne Belastung noch mindestens drei Finger hochkant passen, sonst ist es möglich, dass Muskeln eingeklemmt oder verletzt werden. Das Kopfeisen des Sattels sollte parallel zur Schulter laufen. Die Weite des Kopfeisens richtet sich nach dem Verlauf und der Weite der Schulter des Pferdes. Überprüft werden kann die Schulterfreiheit bei einem nach vorne ausgestreckten Pferdebein. Die flache Hand sollte zwischen Pferd und Sattel passen. Zwischen dem Kopfeisen und der Schulter des Pferdes sollte zudem ein Abstand von etwa einem Zentimeter eingehalten werden. Keinesfalls darf der Sattel, wird er ohne Gurt aufgelegt, nach vorne bzw. hinten wippen, sobald man auf Vorder- oder Hinterzwiesel tippt.“

Sattelanpassung

70 bis 80 % der verwendeten Sättel sollen Studien zufolge nicht passgenau auf dem Pferd liegen. Passt der Sattel nicht, können Satteldruck, Störungen im Bewegungsablauf, Sattelzwang, Muskelverspannungen und viele andere Probleme bis hin zu ernsthaften Erkrankungen die Folge sein. Mittlerweile setzen viele Reiter daher auf einen maßangepassten Sattel für ihr Pferd. 

Die Nutzung von Messsystemen zur Sattelanpassung ist längst weit verbreitet. Es gibt unterschiedlichste Systeme mit Messgittern, Lasern und Sensor-Pads. Seit einiger Zeit ist mit „Saddle-Check“ ein einheitliches Messsystem, welches vom BVFR (Bundesverband der Fahrzeug- und Reitsportsattler e.V.) entwickelt wurde. 

Ein Sattel kann über die Jahre hinweg bei ein und demselben Pferd unpassend werden. Der Pferdekörper verändert sich und die Muskeln können beispielsweise im Alter deutlich geringer ausgebildet sein. Es lohnt sich also, immer wieder einmal auf die Passform zu schauen und nachjustieren zu lassen. Experten raten, einen Tierarzt oder Sattler einmal jährlich einen Check machen zu lassen, ob der Sattel noch korrekt passt oder zu großen Druck auf bestimmte Stellen ausübt. Dafür eignet sich eine Satteldruckmessung, welche für jedem neuen Sattel grundsätzlich vorgenommen werden sollte. Weiterführende Informationen bieten Sattlerbetriebe an, welche mittlerweile in der Regel immer Optionen für eine spezielle Anpassung in ihrem Portfolio haben.

Lederpflege richtig gemacht

  • Pflege des Sattelzeugs sollte in regelmäßigen und recht kurzen Abständen eingeplant werden (Sattelseife alle ein bis zwei Wochen, einmal pro Monat gründliche Reinigung aller Einzelteile)

  • Sattelseife besitzt eine leicht rückfettende Wirkung und sorgt für die Reinigung des Leders von Schmutz, Staub und Schweiß

  • Kurze Reinigung nach dem Training (ausschließlich mit Wasser) kann sinnvoll sein, insbesondere der Trense, welche mit speziellen Sprays schnell behandelt werden kann.

  • Nicht zu trocken und nicht zu feucht putzen

  • Fett und Öl in Maßen nutzen (ca. alle vier bis sechs Wochen)

  • Reinigung der Steigbügel nicht vergessen

  • Decken mit speziellen Imprägnier-Waschmitteln nach Anleitung regelmäßig waschen und pflegen

Bei der Auswahl des passendes Gebisses kann eine professionelle Beratung helfen. Foto: Equipics

Gebissanpassung

Während eine korrekte Sattelanpassung von Pferdehaltern häufig in Anspruch genommen wird, ist vielen gar nicht bewusst, wie groß der Nutzen einer individuellen Gebissanpassung sein kann. Unpassende Gebisse können – teilweise schwere – gesundheitliche Schäden zur Folge haben. 

Bei einem schlechtsitzenden Gebiss sind ähnliche Folgen möglich, wie wir sie von hohen Absätzen bei uns kennen. Wir Menschen haben dabei die freie Wahl, wie oft wir unserem Körper High Heels aufbürden möchten. Die Dosis macht schließlich das Gift! 

Unseren Pferden muten wir aber ein schlechtsitzendes Gebiss mit den entsprechenden Folgen tagtäglich zu. Wenn das Pferd nicht vertrauensvoll an die Hand beziehungsweise das Gebiss heranzieht, führt das in vielen Fällen zu langfristigen orthopädischen Problemen. Eine funktionelle Anlehnung wird damit unmöglich, selbst wenn man als Reiter gar nichts falsch macht. 

Neben der Anlehnung kann zudem die Kommunikation zwischen Reiter und Pferd durch ein unpassendes Gebiss deutlich eingeschränkt sein. Das „Feedback“ des Pferdes erfolgt in diesem Fall nicht auf die von Reiter ausgeführten Zügelhilfen, sondern auf das, was das Gebiss daraus macht.

Bei den Auswirkungen eines unpassenden Gebisses sollten sowohl die kurzfristigen als auch die Langzeitfolgen begutachtet werden. Einige durch unpassende Gebisse hervorgerufene Probleme können direkt beobachtet werden. Hierzu gehören beispielsweise das Sperren des Mauls beziehungsweise das Öffnen und Klappern, Herausheben, Fixieren und Einrollen. Allerdings gibt es viele weitere Hinweise, welche man als Reiter unmöglich alle allein analysieren kann. Hier kommt die Gebissberatung durch einen Profi ins Spiel. Diese kann individuell erfolgen oder zunächst im Rahmen eines Webinars Einblick in die zahlreichen Aspekte der Gebissberatung gewähren.

Mittlerweile gibt es Angebote, welche dem Pferdehalter ermöglichen mit vollumfänglichem Rückgaberecht eine Alternative zum bisherigen Gebiss auszuprobieren. Hier haben sich jüngst Gebisse aus medizinischem Titan hervorgetan, welche eine interessante Alternative zu althergebrachten Materialien darstellen. Titan fühlt sich im Maul ähnlich an wie der bei Pferden beliebte Kunststoff: Sehr leicht und niemals kalt, es hat eine sehr geringe Wärmeleitfähigkeit. Zudem ist es extrem widerstandsfähig und zu 100% bioverträglich (aus diesem Material werden auch Implantate für den Menschen hergestellt), was bedeutet, dass es keine Überempfindlichkeiten und Allergien hervorrufen kann.

Passende Reithalfter

Das Reithalfter sorgt für eine korrekte Lage des Gebisses im Pferdemaul. Dass das Pferd den Unterkiefer entspannen kann und weder die Atmung noch die Kautätigkeit beeinträchtig sind, gehört zu den wichtigen Voraussetzungen für die Losgelassenheit. Beim korrekt verschnallten Reithalfter wird weder Atmung noch Kautätigkeit beeinträchtigt. Das Pferd sollte mit Reithalfter immer in der Lage sein, ein Leckerli von der Hand des Reiters mit dem Maul aufzunehmen und zu fressen. Eng verschnallte Reithalfter behindern sowohl die Atmung als auch das Schlucken des Speichels. Ein zu lockeres Reithalter kann ebenfalls zu Problemen führen. In diesem Fall fehlt die Möglichkeit, beim Herantreten an das Gebiss Kiefer und Kaumuskeln zu entspannen. All dies führt beim Pferd zu Stress und kann durch ein individuell angepasstes Reithalter vermieden werden.

Schutzwesten gehören nicht mehr nur zum Standard in der Vielseitigkeit, auch bei den Springreitern sind sie immer häufiger zu sehen. Foto: Equipics

Sicherheit im Fokus

Vor einigen Jahren hielten Reithelme im Dressurviereck Einzug. Heute sieht man kaum noch Dressurreiter, die ohne Helm unterwegs sind. Zu den frühen Helmträgern gehören Olympiasiegerin Jessica von Bredow-Werndl und ihr Bruder Benjamin, WM-Dritter 2022. Die beiden haben bereits zur Entwicklung spezieller Reithelme mit höchsten Sicherheits- und Komfortstandards im Viereck beigetragen.

„Als Athleten habe wir definitiv eine Vorbildfunktion. Schon deshalb ist es mir wichtig, Reiterinnen und Reiter vom Tragen eines Kopfschutzes zu überzeugen“, betont Benjamin Werndl. 

Jeder Helm sollte vor dem Kauf ausprobiert werden. Nicht nur der Kopfumfang, auch die Kopfform des Reiters für einen sehr guten Sitz ausschlaggebend. Optimal sitzt der mittig auf dem Kopf. Sprich, nicht zu weit im Genick oder in der Stirn. Außerdem sollte er knapp über den Ohren und in etwa ein bis zwei Fingerbreit über den Augenbrauen liegen. Passt diese grobe Passform kann es an die Feinjustierung gehen, die bei Reithelmen mithilfe von Rädchen und Anpassung der Gurte möglich ist. Zudem trägt die Innenpolsterung zu einer guten Passform bei. Da sie in der Regel herausnehmbar ist, gibt es in Sachen Hygiene ebenfalls keine Probleme. Für eine genaue Helmanpassung lohnt es sich mit Experten im Reitsportfachhandel oder auf Messen Rücksprache zu halten und den Helm individuell passgenau einstellen zu lassen.

Eine Innovation in Sachen Sicherheit bei Reithelmen ist das sogenannte MIPS-System. Damit ausgerüstete Helme sind durch eine integrierte reibungsarme Schale noch besser dazu geeignet, Rotationskräfte bei einem schrägen Aufprall zu reduzieren. Das MIPS-System befindet sich zwischen Innenpolster und Schutzschale aus Hartschaum.

Neben dem Reithelm tragen mittlerweile immer mehr Profi-Springreiter im Parcours und auf dem Abreiteplatz spezielle Sicherheits- oder Airbagwesten. Traf man diese vor einiger Zeit ausschließlich im Gelände an, sind sie nun auch bei Springreitern salonfähig. Ein Umdenken in Sachen Sicherheit hat stattgefunden. „Bei Pferden sollte Sicherheit stets im Mittelpunkt stehen“, betont Olympiasiegerin Ingrid Klimke. Jede Bewegung wird von einem Pferd mit enormer Kraft ausgeführt, sodass selbst Stöße mit dem Kopf, insbesondere bei Kindern, zu schwerwiegenden Verletzungen führen können. 

So ist das Tragen von Sicherheitsweste, Helm und festen Schuhen im Stallalltag absolut zu befürworten – für Kinder und Erwachsene. Sicherheitswesten können zwar nicht alles abfedern, doch sie schützen sowohl Rücken und Rumpf als auch die inneren Organe wie Milz und Leber zuverlässig. Bei Airbag-Westen empfiehlt Ingrid Klimke, diese zunächst ohne Pferd zu testen. „Man sollte vorab wissen, wie es sich anfühlt, wenn die Weste ausgelöst wird.“ Empfohlen wird für den Einsatz im Parcours und Gelände mindestens eine Weste gemäß Europäischer Norm EN 13158, Level 3. „Eine gutsitzende Schutzweste erlaubt eine Rolle vorwärts und stößt weder unten an den Sattelkranz, noch oben an die Halswirbelsäule“, erläutern die Experten der FN.

Welche Weste für welchen Zweck am besten geeignet ist, dazu lohnen sich unabhängige Informationen, wie sie beispielsweise die Deutsche Reiterliche Vereinigung zur Verfügung stellt. Auch die Vereinigung EEBA (European Equestrian Business Association e.V.) setzt sich mit Präsidentin Ingrid Klimke und dem Sicherheitsexperten Stefan Schwanbeck unter anderem für mehr Sicherheit im Reitsport ein und kann als Ansprechpartner kontaktiert werden.

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