Hufkrebs beim Pferd - Was nun?

Ein regelmäßiger Besuch vom Hufschmied ist unabdingbar, um Hufkrebs und anderen Erkrankungen vorzubeugen. (Fotos: Equipics)

Die Diagnose Hufkrebs ist ein Schock für jeden Pferdebesitzer. Doch was bedeutet das für das Tier und den Halter? Wir haben die wichtigsten Informationen über die Krankheit zusammengefasst.

 

Was ist Hufkrebs?

 

Hufkrebs ist – entgegen des Namens – kein Krebs im herkömmlichen Sinne. Hierbei handelt es sich nämlich nicht um ein Karzinom, es werden keine Metastasen gebildet und es sind auch keine Krebszellen nachweisbar. Als Hufkrebs wird eine chronische Huflederhautentzündung betitelt. Sie verbindet die äußere, sichtbare Hufkapsel, für welche sie an der Oberfläche das Horn bildet, mit dem Hufbein. Eine Entzündung kann flächendeckend, aber auch an einzelnen Stellen – wie am Strahl oder an der Sohle – auftreten. Die Lederhaut bildet keine Epithelzellen mehr, welche bei einem normalen Huf zu Hufhorn werden. Dadurch verliert dieses nach und nach an Festigkeit. Stattdessen wird viel Flüssigkeit abgesondert und ein unangenehmer Geruch sowie ein schmieriger grauweißer Belag entstehen. Die Lederhaut beginnt als blumenkohlartige Wucherung zu wachsen, die hochempfindlich ist und bei Berührung leicht zu bluten anfangen kann. Breitet sich der Befall auf den Wandbereich aus, beginnen die meisten Pferde zu lahmen. Das Trachtenhorn biegt sich in Bodennähe nach außen, weil es nicht mehr fest mit der veränderten Lederhaut verbunden ist. Am Kronrand können sich Borken bilden und die Haare sind strubbelig aufgerichtet. Bei längerem Verlauf können auch die für Strahlfäule typischen Ringe im Hufhorn auftreten.

 

Die Ursachen

 

Die Meinung über die Ursachen von Hufkrebs gehen stark auseinander. Die Einen behaupten, die Krankheit sei eine Weiterentwicklung von Strahlfäule. Diese entsteht, wenn das Pferd auf einem dauerhaft nassen und unhygienischen Untergrund steht und der Huf nicht ausreichend gepflegt wird. Der feuchte, faule Strahl ist ein gefundenes Fressen für bereits vorhandene Bakterien und Keime. Andere wiederum sind sich sicher, dass diese nicht alleine für die Weiterentwicklung zu Hufkrebs verantwortlich sein können oder Strahlfäule gar nicht in den Zusammenhang mit der schweren Krankheit gebracht werden kann. Denn auch bei gepflegten Hufen von Pferden, die in einem trockenen, sauberen Stall stehen, kann Hufkrebs auftreten.

Die Pflegemittel sollten der Jahreszeit und dem Zustand des Hufs angepasst werden.

Hufschmied Stephan Becker bestätigt: „Die Ursachen für Hufkrebs können multifaktoriell sein. Sie reichen von mangelhaften, unhygienischen Haltungsbedingungen über fehlerhafte, ungenügende Hufbearbeitung bis zu ernährungsbedingten Unterversorgung und Schwächungen des Immunsystems.“ Auch andere Experten sind sich sicher: Stoffwechselstörungen, Mineralstoffmangel oder toxische Beeinträchtigungen sind die häufigsten Auslöser. Deshalb ist es wichtig, nach der Diagnose Hufkrebs die Fütterung genauestens unter die Lupe zu nehmen. Eine generelle Fehlfütterung, besonders in Kombination mit Übergewicht, führt nicht selten zu einer stark erkrankten Huflederhaut. „Früher waren vorwiegend Kaltblutrassen betroffen, heute kann es jedes Pferd betreffen“, erzählt Becker. Aufgrund der Tatsache, dass Hufkrebs oft paarig oder sogar nur an einem einzigen Huf auftritt, vermuten Experten außerdem eine unkorrekte Balance, die zu Überlastungssituationen einzelner Bereiche des Hufes führt, als Ursache. Diese unphysiologische Druckverteilung kann zu offenen oder tiefer liegenden Verletzungen führen. Wird der Zustand nicht durch die Bearbeitung verbessert und der betroffene Bereich entlastet, kann eine Wundheilungsstörung entstehen, die sich zu Hufkrebs weiterentwickelt oder diesen nicht abheilen lässt.

In der Pferdehaltung spielt trockene, saubere Einstreu eine wichtige Rolle, um den Huf gesund zu halten. (Foto: Slawik)

Diagnose und Behandlung

 

„Durch die gezielte Aufklärung der Pferdehalter und die verbesserte Ausbildung der Hufschmiede werden die meisten Fälle glücklicherweise früh diagnostiziert“, führt Becker an. Da die Symptome im Anfangsstadium anderen Hufkrankheiten ähneln können, müssen eine Biopsie, also eine Gewebeprobe-Entnahme, sowie eine anschließende histologische Untersuchung vorgenommen werden. Dabei wird das Gewebe unter einem Mikroskop auf krankhafte Veränderungen geprüft. Nach eindeutiger Diagnose von Hufkrebs ist eine enge Zusammenarbeit von Tierarzt und Hufschmied oder Huforthopäde unabdingbar. Die Behandlung sollte zügig beginnen, damit die Wucherungen nicht weiter fortschreiten. Dazu ist als erstes ein Blick auf das Futter und die Haltungsbedingungen des Pferdes notwendig. Nährstoffmängel sollten ausgeglichen und die Hufe auf trockenen, sauberen Untergrund gestellt werden. Ist der Hufkrebs bereits in einem fortgeschrittenen Stadium, muss das weiche Horn abgeschabt werden. Dann wird das lose, vom Hufkrebs unterwanderte Horn mit einem Hufmesser entfernt. Dieser Vorgang muss meistens mehrfach wiederholt werden. Im schlimmsten Fall muss die gewucherte Huflederhaut unter Vollnarkose vollständig entfernt werden. Beiden Behandlungen folgt die Pflege mit austrocknenden, desinfizierenden Substanzen und dem Anlegen eines Druckverbandes oder eines sogenannten Deckeleisens, um die freiliegende Lederhaut zu der Bildung von gesundem Horn anzuregen. In der Phase des Heilvorganges ist Bewegung besonders wichtig. Sie regt den Blutkreislauf an und fördert damit das Wachstum des gesunden Horns. Außerdem sollte ganz genau auf die Hygiene des betroffenen Hufs geachtet werden. Das beinhaltet auch das regelmäßige Wechseln der Verbände und Tamponaden sowie das desinfizierende Waschen. Hufschmied und Tierarzt sollten in kurzen Abständen einen Blick auf die betroffene Stelle werfen können, um im Notfall erneute Wucherungen entfernen zu können. Je früher die Krankheit erkannt wird, desto besser stehen die Heilungschancen. Wurde der Hufkrebs bereits im Anfangsstadium erkannt und behandelt, kann es passieren, dass sich bereits innerhalb weniger Wochen gesundes Horn nachbildet. In den schweren Fällen kann sich das Leid über mehrere Monate ziehen. Oft beinhaltet diese Zeit einen Aufenthalt in einer Pferdeklinik. Wird der Behandlungsplan strikt eingehalten und werden mögliche Begünstigungsfaktoren wie Futter und Hygiene angepasst, stehen die Chancen auf eine Genesung bei vielen Pferden hoch.

Bewegung auf der Weide oder dem Paddock und unter dem Sattel oder an der Longe verringern das Risiko von Hufkrebs.

Wie kann ich Hufkrebs vorbeugen?

 


Mit trockener Einstreu und trockenen Auslaufflächen kann Hufkrebs vorgebeugt werden. Außerdem sollte regelmäßige Hufpflege betrieben werden und das Pferd ausreichend (in Form von Arbeit und freiem Laufen) bewegt werden. „Als Pferdebesitzer ist man in der Verpflichtung, die Hufe seines Pferdes regelmäßig durch einen ausgebildeten Fachkundigen kontrollieren und gegebenenfalls bearbeiten zu lassen, um Erkrankungen wie Hufkrebs frühzeitig zu erkennen und vorzubeugen“, klärt Stephan Becker auf. Pferde sollten keinem Stress ausgesetzt sein und in einem sozialen Umfeld stehen, da die psychische Gesundheit auch eine große Rolle für gesunde Hufe spielt. Und schließlich sollte auf eine gute Mineralstoffzufuhr und gut ausgewähltes Futter geachtet werden.

Bei der Fütterung der Pferde sollte auf die Qualität des Raufutters und die Zuführung von natürlichen Mineralstoffen, Vitaminen und Spurenelementen geachtet werden. (Foto: Slawik)

Die richtige Hufpflege

 

Pferde sind Fluchttiere, darum sind ihre Hufe besonders wichtig. Sie tragen das ganze Körpergewicht und sorgen in Bewegung für eine bessere Durchblutung des gesamten Blutkreislaufs des Pferdes. Die richtige Pflege ist das A und O, um nicht nur Hufkrebs, sondern vielen weiteren Huferkrankungen vorzubeugen. Ein trockener, hygienischer Untergrund ist wichtig. Dazu gehört das regelmäßige Säubern der Box und des Unterstandes. Ein matschiger Paddock ist in den meisten Fällen nicht so schlimm für die Pferdehufe wie die Bakterien in unreiner Einstreu. Täglicher, langer Weide- oder Paddockgang sind unumgänglich für gesunde Hufe. Zusätzlich empfiehlt sich der regelmäßige Besuch eines Hufschmiedes. Dieser sorgt für korrekt gewinkelte Pferdehufe. Zu lange Wartezeiten zwischen den Terminen können im schlimmsten Fall zu einer Fehlstellung oder sogar zu Verletzungen führen. Durch regelmäßiges Ausschneiden werden die Strahlfurchen flachgehalten, dadurch entstehen weniger Räume für die Vermehrung von Bakterien – Strahlfäule wird vorgebeugt. Zur richtigen Hufpflege gehört häufiges Auskratzen. Anschließend sollten Pflegemittel genutzt werden, um das Hufhorn zu schützen oder zu unterstützen. Dabei ist es wichtig, aus den vielen verschiedenen Produkten die richtigen zu wählen. Dabei sind die Jahreszeit sowie der Zustand des Pferdehufs zu beachten. Ist der Huf eher feucht, empfiehlt sich Huffett. Es versiegelt den Huf, kann ihn aber langfristig auch austrocknen. Lorbeeröl hilft, das Hufwachstum zu beschleunigen, sofern es über einen längeren Zeitraum mit einer weichen Bürste auf den Kronrand gestrichen und einmassiert wird. Hufteer kann durch Aufquellen oder infolge mangelhafter Neubildung empfindlich gewordene Sohlen härten. Bevor Pflegemittel aufgetragen werden, sollte der Huf gründlich gereinigt und von jeglichem Schmutz befreit werden.

Auch die Fütterung spielt zur Vorbeugung von Hufkrankheiten eine wichtige Rolle. Bekommt der Pferdeorganismus alle essentiellen Nährstoffe in optimal verfügbarer Form zugeführt, ist der Grundstein für eine gute Substanz des Hufhorns gelegt. Dabei sollte auf die Zuführung von natürlichen Mineralstoffen, Vitaminen und Spurenelementen sowie qualitativem Raufutter geachtet werden. Mängel und Überschüsse sollten vermieden werden, da beides zu starken Hufproblemen oder -krankheiten führen kann.

Der Experte

Stephan Becker, Hufbeschlaglehrschmied an der staatlich anerkannten Lehrschmiede Niedersachsen in Verden. Becker ist seit über 20 Jahren an unterschiedlichen Pferdeklinken für die Versorgung von hufkranken Pferden verantwortlich.

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