Herzensangelegenheit Pferd

Häufig wird ein Herzfehler vom Tierarzt durch Abhorchen festgestellt. (Foto: Slawik)

Angeborener Herzfehler, chronischer Husten, Aortenabriss, dies alles sind Begriffe, die in der Pferdewelt immer wieder zu hören sind. Um die Erkrankungen von Herz und Lunge beim Pferd zu verstehen, ist es zunächst wichtig, die Anatomie und Funktion der beiden Organe zu zu betrachten. Wir geben einen kurzen Überblick und erklären die häufigsten Erkrankungen. 

 
Wenn ein Pferd atmet, saugt es die Luft durch die Nüstern ein, diese strömt dann am Kehlkopf vorbei durch die Luftröhre in die Bronchien. Von hier verteilt sie sich in die Lungenbläschen, in ihnen findet der Sauerstoffaustausch statt. Das Blut wird mit Sauerstoff angereichert und Kohlendioxyd wird an die Luft abgegeben und ausgeatmet. Feinste Staubpartikel werden auch durch die Atemluft aufgenommen und bleiben in der Lunge der Pferde haften. Um die Staubpartikel bildet sich Schleim, der über feine Härchen wieder durch die Luftröhre zurück transportiert und ausgehustet wird. Das mit Sauerstoff angereicherte Blut wird dann in das Herz gepumpt. Es fungiert als Druck-Saug-Pumpe, die das Blut durch den Körper bewegt. Dieses Blut fließt dann vom Herzen durch die Arterien zu den Haargefäßen - auch Kapillaren genannt -, die die Organe und Zellen mit Sauerstoff versorgen. Von dort aus fließt es durch die Venen zurück zum Herzen.
 
Die linke Herzseite bewegt das sauerstoffreiche Blut, die rechte das kohlendioxydreiche. Das sauerstoffreiche Blut wird durch die Aorta, Arterien und Kapillaren zu den Organen und Zellen transportiert, wo diese ihre Stoffwechselschlacke in das Blut abgeben und Sauerstoff aufnehmen. Durch diesen Austausch verändert das Blut seine Farbe und wird von hellrot zu dunkelrot.
Das sauerstoffarme Blut gelangt dann von den Kapillaren über die Venen in die rechte Herzseite.

Bei langwierigen Lungenproblemen, kann eine Bronchoskopie neue Erkenntnisse über die Erkrankung bringen. (Foto: Slawik)


Die Arterien sind dickwandig, elastisch und sehr muskulös. Die Aorta ist die größte der Arterien, hier ist die Blutgeschwindigkeit am höchsten (etwa fünf Meter die Sekunde, also 18 km/h) und nimmt bis zu den Kapillaren weiter ab. Die Kapillaren sind teilweise so fein, dass nur einzelne rote Blutkörperchen mit einem Durchmesser von 0,000054 m hindurchpassen. Mit zunehmendem Alter nimmt die Elastizität der Arterien ab, dadurch steigt der Blutdruck. Bei Belastung verdoppelt sich die Größe der Kapillaren in der beanspruchten Muskulatur, um die Sauerstoffversorgung zu erhöhen.
 
Herzenssache Pferd
 
Das Herz besteht aus Muskeln und diese können trainiert werden. Ein trainiertes Pferd hat auch ein stärkeres Herz. „Es nimmt an Masse und Größe zu, verändert also sein Erscheinungsbild. Die Leistung des Herzens ist dann gesteigert“, erklärt Dr. Caroline Wirth, Leiterin der internistischen Abteilung der Pferdeklinik Hochmoor. Die Lunge des Pferdes hingegen verändert ihre Funktion und Form durch das Training des Pferdes nicht. „Allerdings hat das Training hier einen indirekten Effekt. Die positiven Veränderungen an der Skelett- und Herzmuskulatur führen zu einem effizienteren Energieumsatz und somit zu einem verringerten Sauerstoffbedarf. Der relative Luft- bzw. Sauerstoffbedarf ist also beim trainierten Pferd geringer als beim untrainierten“, so die Fachärztin.

Das Herz


Das Blut fließt mit einer Geschwindigkeit von etwa 18 km/h durch das Pferd. Ein Blutbestandteil braucht dabei rund 32 Sekunden, um den Kreislauf komplett zu durchlaufen. Ein Pferd mit 500 Kilogramm hat zwischen 40 und 50 Liter Blut im Körper. Größe und Gewicht des Herzens sind rasseabhängig. So haben Kaltblüter ein verglichen zu ihrer Körpermasse eher kleines Herz. Je nach Rasse wiegt ein Pferdeherz zwischen 1,3 und 4,2 Kilogramm. Die Herzfrequenz in Ruhe liegt bei etwa 28 bis 40 Schlägen pro Minute. Jüngere Pferde haben oft eine höhere Herzfrequenz, bei Fohlen liegt sie im Schnitt bei 80 Schlägen die Minute. Bei Trabern und Galoppern wurden während des Rennens schon bis zu 220 Schläge die Minute gemessen.


Schwaches Herz = Schwaches Pferd?
 
Die häufigste Herzerkrankung bei Pferde ist die Klappeninsuffizient. Das bedeutet, dass eine der Herzklappen nicht mehr richtig schließt. Häufig ist die Mitralklappe oder die Aortenklappe betroffen. Die Aortenklappeninsuffizienz tritt am häufigsten bei älteren Pferden auf.
 
Auch Herzrhythmusstörungen, sogenannte Arrhythmien, treten recht häufig auf. „Das Vorhofflimmern ist eine der häufigeren und auch für die Leistung des Pferdes bedeutende Erkrankungen, die wir sehen“, berichtet Dr. Wirth. Viele Herzerkrankungen beim Pferd sind nicht heilbar, jedoch verfügt das Pferdeherz über eine gute Kompensationsfähigkeit, was dazu führt, dass viele Pferde trotz Herzerkrankung im Sport eingesetzt werden können. „Das bereits genannte Vorhofflimmern beim Pferd ist eine der Erkrankungen, bei denen eine Heilung tatsächlich möglich ist“, sagt Dr. Wirth. Angeborene Herzfehler können gefährlich für Reiter und Tier sein, dies hängt jedoch von der Schwere der Beeinträchtigung ab. „Viele angeborene Herzfehler bringen so gravierende Veränderungen mit sich, dass die Fohlen damit tatsächlich nicht lebensfähig sind oder aus Sicherheitsgründen nie reiterlich nutzbar sein werden. Eine Ausnahme bildet hier der so genannte Ventrikelseptumdefekt. Wenn dieser sehr klein ist, kann das Pferd bei regelmäßigem Monitoring normal genutzt werden“, schildert Dr. Wirth. Die erworbenen kardiologischen Erkrankungen haben in der Regel keinen Einfluss auf die Zucht, da man davon ausgeht, dass diese nicht erblich bedingt sind. Allerdings ist hier wissenschaftlich noch einiges nicht erforscht. „Bei Trabern beispielsweise vermutet man inzwischen, dass die Gene durchaus Einfluss auf die Entwicklung des Vorhofflimmerns haben“, so Dr. Wirth.

Herzfehler können sich auch im Laufe eines Lebens entwickeln. So sind degenerative Veränderungen an den Herzklappen in vielen Fällen der Grund für einen mangelhaften Klappenschluss, der vermehrt bei älteren Tieren auftritt. Aber auch Entzündungen, sogenannte Endokarditiden, können zu Veränderungen an den Herzklappen führen. Entzündungen können auch das Myokard, also den Herzmuskel, betreffen und dann durch Strukturveränderungen Auslöser für Arrhythmien sein.

Husten beim Pferd kann verschiedene Ursachen haben. Auch Allergien sind oft der Auslöser. (Foto: Slawik)

Herzfehler erkennen und vorbeugen
 
In manchen Fällen lassen sich Herzerkrankungen durch eine geminderte Leistungsbereitschaft erkennen. Bei weiter fortgeschrittenen Erkrankungen können sich deutlichere Anzeichen wie Ödeme, Wasseransammlungen unter der Brust oder dem Bauch zeigen. Aber auch eine erhöhte Atemfrequenz, eine gestaute Halsvene, schaumiger Nasenausfluss oder ein plötzlicher Kollaps sind übliche Symptome. „In vielen Fällen bleibt eine Herzerkrankung aber lange unbemerkt und fällt erst auf, wenn der Tierarzt beim Abhören ein Geräusch oder eine Rhythmusstörung feststellt“, schildert Dr. Wirth ihre Erfahrungen.
 
Für die Herzgesundheit des Pferdes hat ein gutes, dem Alter und Entwicklungsstand entsprechendes Training positive Auswirkungen. Ebenso wichtig ist eine ausgewogene Ernährung, sprich eine optimale Energie- und vor allem Nährstoffversorgung, sowie eine regelmäßige Entwurmung. Wichtig ist es außerdem, dem Pferd nach einer fieberhaften Erkrankung genügend Genesungszeit zu geben und nicht zu früh wieder mit dem Training zu starten.


Horrorvorstellung – Aortenabriss

 
Aortenabriss, das bedeutet eigentlich, das es zu einem Riss (Ruptur) in der Gefäßwand der Aorta kommt. Also die Aorta reißt nicht in Gänze vom Herzen ab, wie der Ausdruck vermuten lässt. Die Ursachen für einen Aortenabriss sind bis heute nicht eindeutig geklärt – viele Theorien werden diskutiert. „Unter den Warmblütern betrifft die Erkrankung meist ältere Pferde, unter anderem ältere Zuchthengste. Eine Rasse, bei der die Prävalenz einer Aortenruptur vergleichsweise erhöht ist, ist der Friese. Hier werden genetisch bedingte Veränderungen im Bindegewebe als Ursache diskutiert“, so Dr. Wirth. Der Eindruck, dass vor allem Hochleistungspferde betroffen sind täuscht also. In Relation gesehen ist diese Erkrankung gar nicht so häufig. „In einer Studie beispielsweise, in der 268 Rennpferd nach einem plötzlichen Kollaps mit Todesfolge in der Pathologie untersucht wurden, konnte nur bei 2 dieser Pferde ein Aortenabriss als Ursache festgestellt werden“, führt die Tierärztin weiter aus. Da die Ursache für den Aortenabriss nicht definitiv geklärt ist, kann diese Erkrankung auch nicht verhindert werden. Präventiv sollte jedoch auf ein ausgewogenes Management seines Sportpartners geachtet werden.

Atemlos
 
Die Lunge eines 500 Kilogramm schweren Pferdes ist riesig und fasst etwa 15 bis 20 Liter. Im Vergleich dazu: Das Lungenvolumen eines erwachsenen Menschen beträgt nur drei bis vier Liter. Unter Belastung strömen bis zu 2000 Liter Luft pro Minute durch die Pferdelunge. Leider ist die Lunge auch anfällig für Erkrankungen. Entscheidend für die Gesundheit ist die Art der Haltung. Die Pferdelunge kommt erst unter Bewegung zum vollen Einsatz, darum ziehen orthopädische Erkrankungen wie Lahmheiten oder auch Koliken oft Erkrankungen der Lunge mit sich. Wird die Lungenerkrankung chronisch, kann dies dazu führen, dass ein Reitpferd unter Umständen nicht mehr reitbar ist. Aber nicht nur die Boxenhaltung kann Lungenprobleme verursachen. Gerade junge Pferde, die noch kein ausgereiftes Immunsystem haben, neigen zu Infektionserkrankungen der Atemwege. Aber auch ältere Pferde, Pferde im Fellwechsel oder Pferde, die gerade neu in den Stall oder die Herde gekommen sind, sind anfällig. Allergien sind der häufigste Grund für Atemprobleme beim Pferd.
 
Lungenerkrankungen zeigen sich häufig durch Probleme bei der Atmung. Die Pferde sind schneller aus der Puste und blähen sie Nüstern stärker als gesunde Pferde. Zudem haben sie eine vermehrte Bauchatmung. Oft gehen die Atemprobleme einher mit erhöhter Schleimproduktion, die sich durch starken Nasenausfluss und/oder vermehrtes Husten zeigt. Der Nasenausfluss ist meist zunächst wässrig und wird mit im Verlauf der Krankheit zähflüssig und gelblich grün. Zudem sind Probleme bei der Atmung oft mit einer generellen Verhaltensänderung des Tieres verbunden. Abgeschlagenheit und Lustlosigkeit bis hin zur Futterverweigerung können Begleiterscheinungen sein.

Chronisch erkrankte Pferde können schon Wochen lang krank sein, ohne ausgeprägte Symptome zu zeigen -hier und da mal ein kleiner Huster zu Beginn des Trainings oder weniger Vorwärtsdrang.
 
Die chronische Erkrankung der Pferdelunge wird umgangssprachlich auch Dämpfigkeit genannt. Tierärzte sprechen hingegen heutzutage von dem sogenannten „Equine Asthma“, welches in unterschiedlicher Ausprägung vorliegen kann. Die Begriffe COPD oder auch RAO sind inzwischen gängig. Kennzeichnend für die Erkrankung ist, dass man die Pferde mit einer Haltungsumstellung und der richtigen medizinischen Behandlung in vielen Fällen symptomfrei bekommen bzw. die Symptome minimieren kann.

Wie auch beim Menschen, kann regelmäßige Inhalation die Symptome lindern. (Foto: Slawik)

Die Farbe des Nasenausflusses reicht von milchig bis gelblich-grün. (Foto: Equipics)

Wege der Heilung
 
Die meisten Erkrankungen der Lunge werden mit schleimlösenden Medikamenten behandelt. In akuten Fällen verschreibt der Tierarzt häufig zusätzlich Antibiotika, bei chronischen Erkrankungen ist dies jedoch wirkungslos.
 Bei Pferden bildet sich durch die angestrengte, asthmatische Atmung eine Rinne entlang des Rippenbogens, dies ist ein Zeichen für einen so genannten Bronchospasmus. Hier sollten bronchienerweiternde Medikamente zum Einsatz kommen, die die Atmung erleichtern. Bei der chronischen Bronchitis sind die Atemwege dauerhaft entzündet, die Pferde reagieren allergisch auf Staub, Pilze und Pollen. In diesem Fall kann eine vorübergehende Therapie mit einem effektiven Entzündungshemmer in Form von Kortison helfen.
 
Außerdem können durch Inhalation Erfolge erzielt werden. Wie auch in der Humanmedizin gibt es hier verschiedene Ansätze wie Soleinhalation oder der gezielte Einsatz von Medikamenten wie Kortison. Dabei ist es entscheidend, dass die Wirkstoffe möglichst tief in die Lunge gelangen und dadurch direkt an der betroffenen Stelle wirken.

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