Auf ins Grüne: Die Weidesaison 2023 beginnt

Endlich wieder ins frische Grün! Foto: Equipics

Endlich ist es wieder so weit! Es wird draußen tagsüber spürbar wärmer, nachts herrschen ebenfalls angenehmere Temperaturen und nicht nur wir Menschen, sondern auch unsere Pferde verspüren „Frühlingsgefühle“. Nichts wie raus auf die Weide also? Das schon, aber mit Bedacht und Köpfchen natürlich. Und auch die Aspekte rund um die Weidepflege und -sicherheit sollten auf keinen Fall außer Acht gelassen werden.

Trockenheit nicht außer Acht lassen

Der Sommer 2022 wurde in Niedersachsen von extremen Trockenperioden geprägt. Dies hatte auch Auswirkungen auf die Qualität des Weidegrüns. Generell betonen Experten, dass eine möglichst vielfältige und für den jeweiligen Standort geeignete Saatmischung einen Vorteil gegenüber einer „Hochleistungsweide“ mit nur wenigen Grassorten bietet. „Grundsätzlich ist es so, dass viele Weiden unter anderem auch durch sommerliche Trockenheit überstrapaziert sind, das heißt, dass es zu wenig verfügbar Fläche für zu viele Pferde gibt und damit auch zu wenig Ruhezeiten für die Weide, damit sich die Flächen inklusive der Pflanzennarbe regenerieren können. Die zu intensive Nutzung führt außerdem zur Artenverarmung und es kommt zu negativen Pflanzenbestandsentwicklungen“, erklärt FN-Tierärztin Dr. Enrica Zumnorde-Mertens.

Fakt ist: Die Sommer dürften auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten von Extremen geprägt werden. Deshalb empfiehlt es sich, auch auf trockenheitsresistente Grassorten und Kräuter für die Weide zu setzen.

„Die sommerliche Trockenheit führt dazu, dass auf den Weiden das Gras vertrocknet und eine staubige, gelbe Grasnarbe entsteht. Die Pferde finden nur noch wenige nahrhafte Gräser und sollten daher z.B. mit Heu zugefüttert werden“, beschreibt Dr. Enrica-Zumnorde Mertens. „Für das Pferd hat das zur Folge, dass eben oftmals frühzeitig auf der Weide mit der Zufütterung von Heu begonnen werden muss. Andernfalls kann es zur Unterversorgung der Pferde kommen. Ein weiteres Thema ist die Aufnahme von Sand durch das Pferd, wenn nicht mehr genügend Weideaufwuchs zur Verfügung steht. Erhalten die Pferde kein Zufutter, ist die Gefahr besonders hoch: Dann „nagen“ die Pferde nahezu den letzten Aufwuchs vom Boden und nehmen dabei unvermeidlich viel Sand auf. Sand, der einmal in den Pferdedarm gelangt ist, kann nur schwer wieder ausgeschieden werden, die Kolikgefahr steigt. Abhilfe kann das Füttern von Flohsamenschalen bieten, wissenschaftlich bewiesen sind die positiven Effekte jedoch noch nicht. Sinnvoll ist es dann, die Pferde in Ausläufen, Paddocks oder auf Ausweichflächen unterzubringen, denn auch bei Zufütterung fressen die Pferde noch die letzten verbliebenen schmackhaften Pflanzenreste ab und schädigen die Weide weiter.“

Tipps der FN für die sommerliche Trockenheit:

  • Die Weide muss nach der Saison in einem guten Zustand in den Herbst/Winter gehen. Dafür sollte der Pferdehalter die Fläche regelmäßig kontrollieren und die Pflanzennarbe nicht zu kurz verbeißen lassen, sonst wächst das Gras im Frühjahr nur eingeschränkt, da der Pflanze die Nähr- bzw. Reservestoffe zum Wiederaustrieb fehlten. 

  • Die Nachsaat sollte im Herbst erfolgen, denn dann ist der Boden oft noch warm und feucht und die Zeitspanne bis zu den ersten Winterfrösten ausreichend. Im Frühjahr kommt es regional häufig zu längeren Trockenperioden und ausgebrachtes Saatgut keimt schlecht bis gar nicht.

  • Es sollten regionale Saatmischen verwendet werden, die angepasst sind an die klimatischen Bedingungen der Region, an die Bodenverhältnisse und die Bedürfnisse von Pferden sind 

  • Im Frühjahr sollte eine Flächenbegehung erfolgen und Lücken und Trittschäden wieder geschlossen werden. Das ist häufig schwierig, denn die Natur kann sich zwar selbst regenerieren, braucht aber Zeit und Ruhe.

  • Sinnvoll ist ein Wechsel von Schnitt- und Weidenutzung, damit die Weide ausreichend Zeit zur Regeneration hat.

Wird die Pflanzennarbe zu kurz, wächst das Gras nur eingeschränkt nach. Foto: Equipics

Düngung umweltverträglich gestalten

Bodenschutz (nicht nur auf der Weide) bedeutet Umweltschutz. So kann man es auf einen einfachen Nenner bringen, hinter dem allerdings eine Menge steckt. Um eine Weide korrekt zu bewirtschaften, erfordert es ein gewisses Maß an Kenntnissen über die Vorgänge im Boden, die Entstehung von Humus und auch das Wachstum der darauf vorkommenden Pflanzen. Nur fruchtbare Böden können für Lebewesen eine ausreichende Nahrungsquelle bieten. Außerdem filtern solche Böden das Regenwasser, was wiederum zu sauberem Trinkwasser und zur Regulierung des Klimas führt.

Böden sind nach den Ozeanen der größte Kohlenstoffspeicher der Erde. Humus ist wichtig für einen gesunden Boden. Er ist keine leblose Materie, eine Handvoll bietet mehr Lebewesen ein Zuhause als es Menschen auf der Erde gibt. Sie alle sorgen für den Abbau bzw. die Umwandlung organischer Stoffe, sodass neue Humusverbindungen entstehen. Viele Krankheitsbilder von Pferden lassen sich im Übrigen auf einen ausgelaugten, artenarmen, überdüngten und mit Pestiziden belasteten Boden zurückführen. 

Es ist alle fünf Jahre sinnvoll, für die Weiden eine Bodenanalyse (bei der LUFA oder vergleichbaren Instituten) in Auftrag zu geben, um deren genaue Bedürfnisse zu kennen. 

Muss gedüngt werden, gibt es mittlerweile viele ökologisch sinnvolle Produkte, die eine sehr gute Wirkung erzielen. Gedüngt werden sollte immer nur so viel wie nötig, aber so wenig wie möglich. Das schont Geldbeutel und Umwelt gleichermaßen. Ganz ohne Dünger sollte die Weide allerdings nicht sein. Der Einsatz von Kalkstickstoff oder Branntkalk reduziert nämlich neben der Düngewirkung auch die Anzahl der Parasiten. Huguenin plädiert für eine Düngung mit NPK-Dünger (Stickstoff (N), Phosphat (P) und Kalium (K), die Kernnährelemente) im Frühjahr, wenn die Temperaturen wieder steigen.

Bei vielen Pferden auf kleinen Flächen ist Düngen eher notwendig als bei viel Platz für wenig Pferde. Bei großen Weiden kann eine Magerwiese den Vorteil bieten, dass die Artenvielfalt zunimmt und wenige „Hochleistungsgräser“ vorhanden sind. Bei kleinen Weiden wird jedoch die Grasnarbe ohne Düngung derart beschädigt, dass Giftpflanzen wie vor allem das hochgefährliche Jakobskreuzkraut sich Bahn brechen können. Auch stetige Nachsaat ist wichtig, dass die für Pferde gefährliche Pflanze sich nicht so leicht verbreiten kann.

Die deutliche Zunahme des Jakobskreuzkrautes sehen Experten in höheren Jahrestemperaturmitteln begründet. Foto: Equipics

Eschen-Ahorn, Berg-Ahorn und Jakobskreuzkraut

„Forscher stellten das pflanzliche Gift Hypoglycin A als Erkrankungsursache bei der Atypischen Weidemyopathie fest“, erläutert Dr. Enrica Zumnorde-Mertens. „Dieses ist in den Früchten und Samen von Eschen- und Berg-Ahorn enthalten.“

Die Weidemyopathie tritt saisonal – vor allem, aber nicht ausschließlich im Herbst – bei Weidepferden auf. Betroffen sind normalerweise mehrere, vor allem jüngere Pferde. Eine Erkrankung von älteren Pferden ist allerdings nicht ausgeschlossen. 

Erkannt werden kann die Erkrankung durch eine Vielzahl von Symptomen, zu denen Fieber oder sehr niedrige Temperatur, ein steifer Gang, Muskelzittern, Schwanken, in späteren Stadien auch Festliegen und Koliken sowie rotbrauner Urin. Die Erkrankung tritt meist plötzlich und ohne vorherige schleichende Symptome auf. In den meisten Fällen verläuft die Atypische Weidemyopathie nach wie vor tödlich.

„Betroffene Pferde werden aufgestallt und mit einer Decke gewärmt. Jegliche Ursachen von Stress müssen vermieden werden“, so Dr. Zumnorde-Mertens. „Durch den Einsatz entzündungshemmender und schmerzstillender Medikamente versucht der Tierarzt, den Verlauf der Krankheit abzumildern. Auch wird dem Pferd durch eine Infusion Flüssigkeit zugeführt. Allerdings ist die Prognose in der Regel schlecht.“

Vorbeugende Maßnahmen gibt es einige: Im Herbst und beginnenden Frühling sollte auf abgefressenen Weiden bzw. auf Weiden im Einzugsgebiet der Ahornbäume Raufutter zugefüttert werden, auch sollte man die Weidezeit dort auf ca. zwölf Stunden begrenzen. Wenn sich Eschen- oder Berg-Ahorn in der Nähe befindet, sollte erwogen werden, die Zäune entsprechend zu versetzen. Allerdings kann der Samen bei Wind auch über weitere Strecken übertragen werden, sodass der Pferdehalter Ahorn-Arten auf der Reitanlage (oder angrenzend) immer prüfen sollte. 

Nicht weniger gefährlich ist das gelbblühende Jakobskreuzkraut. Die noch jungen Rosetten des Jakobskreuzkrautes müssen gleich beim Auftreten ausgestochen werden. Weiterhin ist zur Bekämpfung auch die Anwendung von Kalkstickstoff-Dünger zu empfehlen. 

Die deutliche Zunahme des Jakobskreuzkrautes sehen Experten in höheren Jahrestemperaturmitteln und teils auch der Zunahme von Naturschutzgebieten begründet. Zudem wird angenommen, dass die langlebigen Samen über Grasmischungen in Umlauf kamen. 

Bereits 40 bis 80 Gramm Frischmasse pro Kilogramm Körpergewicht können für Pferde tödlich giftig sein. Natürlich klingt diese Menge zunächst einmal übermäßig viel. Denn wohl kaum ein Pferd würde während eines Weideganges 20 Kilogramm der Pflanze fressen. Doch da kommt die Tücke ins Spiel. Das Jakobskreuzkraut und die darin enthaltenen Pyrrolizidin-Alkaloide werden vom Pferdekörper nicht abgebaut. Folglich lagern sich die Giftstoffe an und sorgen deshalb über eine lange Zeit hinweg für die Zufuhr von Gift. Schließlich drohen irreversible Leberschäden, die zum Tode führen. Besonders Jungtiere fressen die unbekannte Pflanze, während sie von Älteren eher gemieden wird, da sie unangenehme Gerüche verströmt und bitter schmeckt. Die jungen Pflanzen des Jakobskreuzkrautes im Frühjahr haben jedoch weder den intensiven Geschmack noch Geruch und können so für alle Pferde zu einer tödlichen Falle werden. Besonders Heu und Silage geraten ist die Pflanze im Übrigen ebenso ihres Geschmackes und Geruches beraubt und wird von Pferden aufgenommen. Darum lauert hier das Jakobskreuzkraut auf besonders tückische Art und Weise, nicht beim direkten Weidegang.

Der Weidezaun sollte zwischen 1,20 und 1,60 Metern hoch sein. Foto: Equipics

Weidezaun und Hecken als dekorative und sichere Begrenzung

Das Frühjahr vor der Saison ist die geeignete Zeit, sich die Zäune der Weiden genauer anzusehen. Sind diese noch funktional und sicher? Je nach Pferdebestand sollte der Weidezaun zwischen 1,20 und 1,60 Metern hoch sein. Dabei geht man etwa von 0,75 bis 0,8 x der Widerristhöhe aus. Damit ein Zaun stabil ist, sollten die Pfähle alle 2,5 bis 5 Meter gesetzt werden Außerdem müssen sie zu etwa einem Drittel ihrer Länge eingegraben werden. Genutzt werden sollten für den Bau der Weidezäune aus Gründen des Umwelt- und Klimaschutzes vornehmlich einheimische Hölzer. Pferde sollten ihn gut erkennen können und natürlich spielt auch die Langlebigkeit und Stabilität des verwendeten Materials eine wichtige Rolle. Neben Holz kann auch Recycling-Kunststoff eine sinnvolle Alternative beim Zaunbau darstellen. Im Kommen sind mittlerweile Elektrozäune, die mit Solar-Strom betrieben werden. Vorteil ist, dass diese auch an Orten ohne Möglichkeiten zum Stromanschluss problemlos betrieben werden können. Zu achten ist beim Kauf neuer Elektrozäunen, dass sie der Europäischen Prüfnorm entsprechen und das VDE-Siegel (Norm 0667) bzw. die EU-Norm EN 61011 besitzen. Dieses sagt aus, dass der jeweilige Zaun in Deutschland zugelassen wurde, was wiederum bedeutet, dass er für Mensch und Pferd unschädlich ist. 

Bei der Wartung der Zäune, die im Frühjahr zu den wichtigsten Punkten zählt, sollte beachtet werden, nicht nur Litzen und Pfosten zu begutachten, sondern beispielsweise auch die Isolatoren. Bestehen Risse, sollten sie sofort ausgetauscht werden. Auch auf das Weidetor ist zu achten. Es muss es sich – auch nach dem Winter – einhändig leicht öffnen lassen, um die nötige Sicherheit zu gewähren. Am stabilsten sind Metalltore, die zudem eine feste Aufhängung an einem entsprechend dicken Pfosten benötigen. Stabiles und mindestens 70 Zentimeter tiefes Eingraben der Pfosten ist ebenfalls obligatorisch.

Manch eine Pflanze sollte zwar nicht direkt auf der Weide stehen, allerdings eigenen sie sich bestens als Randbegrünung. Rund um die Weide bieten Hecken einen Lebensraum für allerlei Insekten, Amphibien, Vögel und kleine Säugetiere. Geeignet sind Schlehen, Wildrosen, Hainbuchen, Feuerdorn, Weißdorn oder auch Holunder. Nicht selten sind die Außenflächen von Weiden „Brachland“. Doch dies kann beispielsweise durch die gezielte Ansaat bienen- und schmetterlingsfreundlicher Pflanzen verhindert werden. Im Sommer tummeln sich die Nützlinge geradezu am Rand der Weide. Auch Baumstämme mit Bohrlöchern können an diesen Stellen ausgelegt als natürliche „Wohnungen“ für Insekten. Steinstapel in Ecken können ebenso wie Totholz als Unterschlupf dienen. Ist eine Wasserstelle vorhanden, fühlen sich Libellen und Co. wohl. Außerdem bieten sie Wasser für die Insekten in trockenen Sommern.

Tränken: Wasser marsch!

Niemals übersehen werden dürfen bei der Instandhaltung der Weide die Tränken. Denn auch für unsere Pferde bedeutet Wasser Leben – nicht nur, aber besonders im heißen Sommer. Täglich, besser zwei Mal am Tag, sind die Tränken zu kontrollieren. Denn gerade jetzt kann Flüssigkeitsverlust auftreten, auch bei Pferden. 10% sind für das Pferd die kritische Grenze, ab welcher Einschränkungen festzustellen sind. Der Tod würde bei 20% eintreten. Bis zu 60 Liter kann ein durchschnittlich großes Reitpferd täglich trinken. 

Es sollte stets frühzeitig Wasser nachgefüllt werden, dabei kann gleich ein Blick auf die Intaktheit des Mechanismus geworfen werden. Bei der Kontrolle der Tränken sollten Kleinteile, Blätter, Insekten und Co. herausgesammelt werden. 

Am besten geeignet sind Selbsttränken, die sehr gut zu installieren sind, sofern die Weide nah an der Wasserleitung des Hofes liegt. Eine Selbsttränke hat den Vorteil, dass es hier kein dauerhaft stehendes Wasser gibt, welches wiederum im Sommer Insekten prächtig gedeihen lässt. Bei solchen Becken ist es wichtig, dass die Umgebung sich nicht zu einer Art „Sumpf“ entwickelt. Hilfreich sind dabei spezielle in den Weideboden eingefügte Gitter.

„Weitere Möglichkeiten sind fest installierte Tränken oder Tröge, die über unterirdisch verlegte Wasserleitungen oder Brunnen mittels einer Pumpe gespeist werden“, so Gerlinde Hoffmann. „Außerdem gibt es auch fahrbare Möglichkeiten durch geschlossene Wasserbehälter, die mit Niederdrucktränkbecken bestückt sind.“

Installiert werden sollte die Tränke an einer Stelle, die von mehreren Seiten gut zugänglich ist, sodass auch rangniedrige Pferde Platz finden. 

Auf einer Sommerweide darf auch ein Salzleckstein nicht fehlen. Er versorgt gerade in der heißen Sommerzeit mit lebenswichtigen Elektrolyten und kann damit häufige Mangelzustände durch Schwitzen ausgleichen. Wichtig ist, dass der Leckstein irgendwie „verpackt“ ist, das Pferd aber dennoch leicht herankommt. Denn Regen ist der große Feind von Salz und lässt den Stein ungeschützt einfach „abschmelzen“. Man kann deshalb – aus einem Plastikeimer oder Kanister – ein Häuschen um den Leckstein herum bauen und dieses beispielsweise am Weidezaun oder Unterstand befestigen. Für Fohlen darf der Leckstein nicht erreichbar sein, da es sonst zu Durchfall und Vergiftungen kommen kann.

 

 

Lecksteine sollten auf keiner Weide fehlen. Foto: Equipics

Zum Seitenanfang