Fütterung im Winter: Neue Jahreszeit, neues Futter

Kraftfuttermenge und -zusammensetzung sollten dem Pferd und seinem Trainingsniveau individuell angepasst sein. (Foto: Slawik)

Eine Futterumstellung bei Pferden ist nicht immer einfach. Bei dem Wechsel von Sommer zu Winter gibt einiges zu beachten aber auch ein paar verbreitete Irrtümer. Unsere beiden Expertinnen, Dr. Christa Finkler-Schade, Fachberaterin für Ernährung, und Dr. Anne Mößeler, Fachtieräzrtin für Tierernährung und Diäetik, haben uns aufgeklärt.

Umstellung von Sommer- auf Winterfütterung

 

Der grundlegende Unterschied zwischen der Sommer- und Winterfütterung ist die Tatsache, dass den meisten Pferden im Winter kein frisches Weidegras mehr zur Verfügung steht. Die Grundfutterversorgung muss also im Winter über das Raufutter wie Heu, Grassilage, Heulage oder Stroh erfolgen. Dabei spielt die Qualität eine große Rolle, da das Raufutter bei den meisten Pferden weit über 90 Prozent dessen ausmacht, was sie fressen. Vorab sollte also geklärt werden, ob es sich um einen frühen oder späten, beziehungsweise ersten oder zweiten Schnitt, handelt. „In größeren Betrieben ist es gang und gäbe Raufutteranalysen durchzuführen“, erklärt Dr. Christa Finkler-Schade. Sie können größere Chargen einlagern, die sie dann über einen längeren Zeitraum füttern. Die Winterfütterung, ob in der Box oder im Offenstall, lässt dann eine viel gezieltere und individuellere Fütterung zu. Während die Versorgung von Weidepferden mit Energie und Nährstoffen von der Aufwuchsqualität und der Vegetation abhängt und Zufütterung meist nur begrenzt möglich ist, kann die Futterzufuhr im Winter speziell auf das Pferd abgestimmt und über das Kraft- und Raufutter reguliert werden. „Ich kann also selber entscheiden, ob ich dem Pferd energiereiches oder -armes Futter füttere“, ergänzt Dr. Anne Mößeler. Dies sei einfacher als im Sommer auf der Weide. „Im Winter müssen wir bei Boxenhaltung aber auch die oftmals geringere Bewegung beachten.“ Die freie Bewegung fehle oftmals im Winter, was unter anderem das Risiko einer Verstopfungskolik erhöht.

 

Verschiedene Pferde, verschiedene Bedürfnisse

 

Die Winterfütterung sollte immer auch den Mindest-Raufutterbedarf eines Pferdes berücksichtigen, insbesondere dann, wenn Pferde nicht auf Stroh stehen und damit ihren Bedarf an Strukturstoffen nicht zusätzlich decken können: Eineinhalb Kilogramm Raufutter pro 100 Kilogramm Körpergewicht müssen als Mindestmenge zur Verfügung stehen. Die Verfütterung von gelagertem Raufutter erfordert zudem die Ergänzung mit Mineralstoffen und Vitaminen, da insbesondere die Gehalte an den fettlöslichen Vitaminen A, D, und E mit zunehmender Lagerungsdauer abnehmen. Das bedeutet: Je länger das Futter lagert, desto geringer sind die Nährstoffgehalte. „Deswegen ist die Zufütterung eines vitaminisierten Ergänzungsfuttermittels oder Mineralfutters wichtig“, hebt Dr. Finkler-Schade hervor. In keinem Unterstand und in keiner Box sollte ein Salzleckstein fehlen. Diese sind gegenüber Minerallecksteinen zu bevorzugen, da es lediglich um eine Natrium-Ergänzung (Salz) geht und die Mineralversorgung über Ergänzungs- oder Mineralfutter abgedeckt sein sollte. „Eine adäquate Versorgung kann über Lecksteine nicht sichergestellt werden“, betont die Expertin.

Genügend qualitativ hochwertiges Raufutter ist für jedes Pferd essenziell. (Foto: Slawik)

Sportpferdefütterung

 

Die Fütterung eines Sportpferdes ist im Winter nicht unbedingt anders als im Sommer. „Ich muss immer an das Trainingsniveau angepasst füttern“, beginnt Dr. Finkler-Schade. Wie intensiv Kraft- und Ergänzungsfutter eingesetzt werden müsse, hinge von der Wahl des Produktes ab. „Die meisten Sportpferde sind im Sommer nicht 24 Stunden am Tag auf der Weide, sodass sie sowieso im Stall gefüttert werden.“ Die Veränderungen der Fütterung seien daher nicht drastisch. Es muss insbesondere die Energiezufuhr angepasst werden: Reduziertes Training erfordert eine Reduzierung der Energiezufuhr und ein höheres Pensum eben auch eine höhere Energiedichte im Futter. „Ziel einer guten Fütterung ist es, die Körperkondition eines Sportpferdes durch eine ausgewogene Versorgung positiv zu unterstützen.“ Pauschalisieren kann man das aber nicht. „Der Besitzer sollte sein Pferd und dessen Ernährungszustand im Blick haben, damit es nicht zu dick wird aber auch nicht zu stark abnimmt“, warnt Dr. Mößeler. Dabei spielen auch die Temperaturen eine große Rolle. „Ist es sehr kalt, verbrauchen die Pferde zum Warmhalten ihres Körpers mehr Energie, die dann über das Futter zugeführt werden muss.“ Auch bei Sportpferden ist eine ausreichende Menge an Raufutter enorm wichtig. „Eine Unterschreitung dieser Raufuttermenge kann Störungen im Magen-Darmtrakt – unter anderem Magengeschwüre – bedingen. Daher gilt: so viel Raufutter wie möglich – so wenig Kraftfutter wie nötig.“, betont Dr. Mößeler.

 

Rentnerfütterung

 

Bei Rentnern ist im Winter darauf zu achten, gut vedauliche Futtermittel anzubieten. Ihr Stoffumsatz reduziert sich durch die Alterungsprozesse und möglicherweise ist auch die Zahnfunktion eingeschränkt. „Es sollten höher verdauliche Futtermittel eingesetzt werden wie zum Beispiel früh geschnittenes Heu, eingeweichte Heucobs oder Rübenschnitzel“, rät Dr. Finkler-Schade. „Verlieren die Pferde an Körpersubstanz, sollte das Futter einen höheren Energie- und Proteingehalt aufweisen – wie zum Beispiel Zuchtfutter, Bierhefe, Sojaschrot als Proteinlieferanten und/oder Pflanzenöl als Energieträger.“

 

Jährlings- oder Jungpferdefütterung

 

Junge Aufzuchtpferde bis zwei Jahre sind in der Regel über den Sommer bis in den Spätherbst 24 Stunden am Tag auf der Weide. Werden sie dann zum Ende des Herbstes aufgestallt, ist die Fütterung eine völlig andere und in den meisten Fällen ungewohnt. „In der Aufzucht hat es sich bewährt, den jungen Pferden Raufutter frei zur Verfügung zu stellen“, erzählt Dr. Finkler-Schade. Absetzer/Jährlinge haben einen höheren Nährstoffbedarf als ältere Aufzuchtpferde und benötigen insbesondere eine hochwertige Proteinergänzung, je nachdem wie gut das Raufutter ist – und definitiv Mineralfutter. „Besitzer sollten bei der Auswahl der Proteinergänzung auf die Gehalte an essentiellen Aminosäuren achten, denn die sind für wachsende Pferde im ersten Winter noch besonders wichtig.“ Im Frühjahr ist die Eiweißversorgung bei Weidegang sicherlich unproblematisch. „Nicht umsonst werden die meisten Fohlen zu diesem Zeitpunkt geboren“, berichtet Dr. Mößeler. „Bei Fütterung von Raufutterkonserven ist der Schnittzeitpunkt und Nährstoffgehalt entscheidend – gegebenenfalls profitieren junge Pferde beim Muskelaufbau von einer Eiweißergänzung.“ Deshalb enthalte das Zuchtfutter beziehungsweise das Ergänzungsfutter für Jährlinge immer hochwertiges Eiweiß. Zu intensiv sollte die Fütterung jedoch nicht werden. „Ein zu schnelles Wachstum und eine starke Belastung des Skeletts durch zu viel Gewicht sind nicht förderlich für die Gesundheit.“ Nicht zu vergessen ist der Zahnwechsel bei Jährlingen. Hat der Nachwuchs Probleme, sollte das bei der Fütterung beachtet werden – zum Beispiel sollte dann der Hafer gequetscht verfüttert werden.

Bei der Fütterung spielt auch die Gesundheit der Zähne eine große Rolle. Befindet sich beispielsweise ein Jährling im Zahnwechsel, empfiehlt sich gequetschter Hafer. (Foto: Slawik)

Im Kraftfutter kommt es auf die Mineralstoff- und Vitaminversorgung an. Diese sollte ausgeglichen sein. (Foto: Slawik)

Ein Salzleckstein sollte jedem Pferd frei zur Verfügung stehen, da sie ihren Natriumbedarf selber regulieren. (Foto: Slawik)

Zuchtstutenfütterung

 

Bei tragenden Zuchtstuten, die im Laufe des Winters in die hochtragende Phase übergehen, sei es wichtig, dass die Fütterung entsprechend angepasst wird. „Zuchtstuten haben gegen Ende der Trächtigkeit einen viel höheren Mineralstoff- und möglichweise auch Proteinbedarf, das richtet sich nach der Qualität des Futters“, erklärt Dr. Finkler-Schade. „Eine Stute, die im Winter fohlt, muss sehr hochwertig gefüttert werden, da ihr kein Weidegras zur Verfügung steht. Fohlenstuten haben den höchsten Nährstoffbedarf aller Pferdegruppen, sogar höher als der eines Hochleistungspferdes." Außerdem sollte auf die Köperkondition der tragenden Stute geachtet werden. Dr. Mößeler macht deutlich: „Sie sollte über den Winter nicht verfetten, benötigt aber weiterhin Fettreserven für die kommende Laktation, also die Zeit des Säugens.“ Zum Ende der Trächtigkeit sei es ratsam, die Kraftfuttermengen der Stuten zu erhöhen. „Der Platz im Bauch wird immer weniger, dafür benötigt der Fötus immer mehr Energie. Diese muss dem Muttertier über das Kraftfutter zugeführt werden.“ Auch bei Zuchtstuten ist eine auf das Grundfutter abgestimmte Mineralzufuhr essentiell.

 

Die Fütterung von Raufutter

 

Oberste Priorität bei der Fütterung von Raufutter hat die hygienische Qualität. Auf die Frage nach dem Grund erklärt Dr. Mößeler: „Einen geringen Nährwert kann man durch Anhebung der verfütterten Menge oder Kraftfutterergänzungen ausgleichen – Mängel in der Hygiene gefährden hingegen die Gesundheit der Pferde. Insbesondere bei Pferden mit Atemwegserkrankungen verschlimmern sich die Symptome bei Aufstallung im Vergleich zur Weideperiode.“ Das liege daran, dass im Stall allgemein die Belastung mit Staub und Schimmelpilzsporen sowie die Ammoniakbelastung höher seien Bei einem drastischen Temperatursturz bis unter null Grad haben insbesondere Pferde, die in Laufställen oder Offenställen leben, einen ungleich höheren Energiebedarf für ihren Wärmehaushalt, also einen höheren Grundumsatz. Dabei sollte beobachtet werden, wie die Raufutteraufnahme der Pferde steigt. „Sie fressen viel mehr Heu, um ihren zusätzlichen Energiebedarf zu decken“, führt Dr. Finkler-Schade aus. Heu für den uneingeschränkten Zugang bereitzustellen, ist jedoch nicht bei jedem Pferd ratsam. Dr. Mößeler warnt: „Leichtfuttrige Pferde nehmen teils – auch bei regelmäßiger Bewegung – deutlich zu und verfetten.“

Fresspausen sollten niemals länger als sechs Stunden sein. Über Nacht können Heunetze die Fressdauer verlängern. (Foto: Slawik)

Verbreitete Irrtümer und Fehler

 

Immer wieder kommt die Frage auf, ob Pferde gefrorenes Gras fressen dürfen. „Das ist überhaupt kein Problem, wenn die Pferde täglich Zugang zu Gras haben und somit daran gewöhnt sind“, antwortet Dr. Finkler-Schade. „Bei einem reinen Stallpferd, das an die Aufnahme von gefrorenem Gras nicht gewöhnt ist, besteht ein Risiko für Verdauungsstörungen.“ Besonders verbreitet unter Pferdebesitzern ist die Annahme, dass Pferde im Winter warmes Futter benötigen und dadurch gewärmt werden. Unsere Expertin Dr. Mößeler hat dazu eine ganz klare Meinung: „Das ist lediglich eine Art Vermenschlichung. Wenn wir draußen gefroren haben, trinken wir gerne einen warmen Tee.“ Dem Pferd bringe eine warme Portion Mash aber nichts. „Für ein 500 Kilogramm schweres Pferd sind ein bis zwei Liter Mash nichts.“ Wirklich Wärme würde von den Dickdarmbakterien produziert werden, die Heu oder ähnliches abbauen. Auch Dr. Finkler-Schade muss über den Gedanken, warmes Futter an kalten Tagen zu füttern, schmunzeln. "Mash als Kur kann im Fellwechsel oder nach Erkrankungen sinnvoll sein, ist als Dauerfütterung aber nicht zu empfehlen."

Ist das Winterfell erstmal ordentlich gewachsen, wirken manche Pferde schnell pummelig. Bevor eine Radikaldiät begonnen wird, sollte genauestens kontrolliert werden, ob der Schein trügt. „Manche Pferde sind doch deutlich dünner, als sie durch das dicke Winterfell wirken. Das gilt vor allem bei älteren Pferden oder bei denen, die draußen leben.“ Der Tipp unserer Expertin Dr. Finkler-Schade lautet deshalb: „Die Besitzer sollten die Pferde über dem Rippenbogen anfassen. Sind die Rippen gut zu fühlen, ohne viel Kraft aufwenden zu müssen oder ohne, dass sie hervortreten, ist es optimal.“ Abschließend ist zu betonen, dass Pferde sich an Futterumstellungen im besten Fall langsam gewöhnen können, da sich die Darmmikroben entsprechend anpassen müssen.

 

 

Der Zugang zu sauberem Wasser sollte immer gewährt sein. Darauf ist besonders im Winter zu achten - zugefrorene Bottiche oder Tränken müssen vom Eis befreit werden. (Foto: Slawik)

Sofern keine Mängel vorliegen, wird von dem freien Zugang zu einem Minderalleckstein abgeraten. (Foto: Slawik)

Gut zu wissen

Salzleckstein: Insbesondere bei Schweißbildung ist der Natriumbedarf des Pferdes erhöht und kann gegebenenfalls nicht durch das Raufutter gedeckt werden. Daher sollte allen Pferden, außer Fohle, ein Salzleckstein (NaCl) zur Verfügung stehen. Die Pferde decken – außer bei extremen Schweißverlusten – im Allgemeinen den Bedarf über die Aufnahme von Salz selbstständig.

Natriumgehalt: Dr. Finkler-Schade erklärt: „Pferde nehmen im besten Fall bereits eine ausreichende Menge Natrium über ihr Raufutter auf. Der darin enthaltene Gehalt kann jedoch sehr unterschiedlich sein. Dabei spielt der Boden, von dem das Raufutter stammt, ebenso eine Rolle wie die Art der Düngung. Der genaue Natriumgehalt kann nur durch eine Futteranalyse herausgefunden werden. Wenn Pferde vermehrt Wände, Erde oder Hände ablecken, ist das immer ein Zeichen für einen Salzmangel. Ist viel natürliches Natrium im Raufutter, gehen die Tiere kaum an ihre Salzlecksteine, da sie keinen Bedarf haben. Natrium ist das einzige Mineral, bei dem Pferde selbst einen Bedarf verspüren.“

Zum Seitenanfang