Das geht unter die Haut

Zur Behandlung des Sommerekzems sollte der Juckreiz gelindert werden. (Fotos: Slawik)

Die Haut des Pferdes ist das wichtigste Organ und dient dem Körper als erste Immunabwehr und schützt vor Sonne, Nässe und Krankheitserregern wie Parasiten, Pilzen und Bakterien. Zudem nehmen unzählige Nerven der Haut feinste Berührungen wahr. Aus diesen Gründen ist es wichtig, die Haut vor Verletzung und Erkrankung zu schützen. Wir haben die wichtigsten Fakten mit Tierärztin Tina Wassing geklärt.
 

Grundsätzlich wird zwischen nicht-infektiösen und infektiösen Hauterkrankungen unterschieden. Zu den nicht-infektiösen Hauterkrankungen zählen immunvermittelte Erkrankungen, traumatische Hautveränderungen, Kontaktekzeme und Hauttumoren. Angeborene Hauterkrankungen sind sehr selten.

Immunvermittelte Hauterkrankungen sind zum Beispiel das allergische Sommerekzem, die Nesselfieber (Urtikaria) sowie die noduläre Nekrobiose, bei der es zu Knotenbildung kommt. Die Knoten befinden sich häufig in der Sattellage und bereiten dem Pferd in der Regel keine Probleme.

Scheuerstellen an Mähne und Schweif sind die typischen Symptome des Sommerekzems.

Matschige Böden und nasse Weiden schädigen die Haut in den Fesselbeugen, hier entsteht der Nährboden für Maukebakterien.

Das allergische Sommerekzem wird durch Insekten-Allergene ausgelöst, in erster Linie durch Gnitzen. Daher ist der erste Behandlungsschritt die Vermeidung des Kontaktes zu den Insekten. Dies kann durch Aufstallen in den Hauptflugzeiten der Insekten oder durch Eindecken der betroffenen Pferde mit einer Ekzemerdecke erfolgen. Gute Stall-, Auslauf- und Weidepflege reduzieren zusätzlich das Insektenaufkommen. Bei den meisten Sommerekzemern reicht ein Insektenspray als Maßnahme aus. Diese gibt es als Insektizide, die Plagegeister bei Kontakt abtöten können sowie als Repellentien, die meist durch ihren Geruch Insekten abwehren sollen. „Die tierärztliche Behandlung beginnt in den meisten Fällen erst dann, wenn das Pferd sich bereits massiv juckt und scheuert. Die Therapie sollte dann juckreizstillend sein. In vielen Fällen lässt sich durch ein ganzheitliches Behandlungskonzept der Einsatz von Kortikosteroiden vermeiden“, berichtet die Tierärztin aus ihrer Erfahrung. Die Hautirritationen werden dann lokal mit juckreizstillenden und hautpflegenden Lotionen behandelt. „Bei Entzündungen der Haut und Unterhaut können zusätzlich Homöopathika wie Echinacea, Sulfur oder biologische Tierarzneimittel gegeben werden“, führt Wassing weiter aus. Ein eventueller Mangel an Mineralstoffen und Spurenelementen kann durch eine Blutuntersuchung abgeklärt werden. Besteht der Juckreiz weiter, wird über den Einsatz von kortisonhaltigen Lotionen gesprochen. Dadurch sollen eventuelle Sekundärinfektionen mit Bakterien oder Pilzen vermieden werden. „In den Folgejahren sollte die Behandlung des Sommerekzems beginnen, bevor das Pferd Symptome zeigt. Besonders vielversprechend ist eine neuentwickelte Impfung gegen das Sommerekzem, die in der nächsten Zeit auf den Markt kommen soll“, rät die Tierärztin.

Traumatische Hautveränderungen können zum Beispiel durch schlechtsitzende Sättel, Decken oder Bandagen beziehungsweise Gamaschen verursacht werden. Der zu hohe Druck an diesen Stellen führt zu einer Quetschung der Haut und Unterhaut. Ein Hinweis auf Quetschungen sind Schwellungen, die warm und schmerzhaft sind. „Bei zu engen Sätteln wirkt die Haut am Widerrist komprimiert, die Haare an diesen Stellen sind feucht und verklebt“, erklärt die Fachtierärztin für Pferde. In der Behandlung solcher Druckstellen und Quetschungen sollte zunächst das passende Sattelzeug verwendet werden. Zudem sollte der Sattelgurt nicht zu fest angezogen werden. Bei Decken sollte auf Druck- und Scheuerstellen geachtet werden. Bandagen und Gamaschen müssen ebefalls fachgerecht angelegt werden.

„Ist es doch zu einer Druckstelle gekommen, muss dieser Bereich unbedingt entlastet werden. Das heißt, das Pferd darf bei Sattel- oder Gurtdruck bis zur Abheilung nicht geritten werden“, mahnt Wassing. Drückende Decken sollten ausgetauscht und Gamaschen oder Bandagen bis zur Abheilung nicht oder bei medizinischen Gründen nur entsprechend gepolstert angelegt werden. Frische Schwellungen können lokal mit entsprechenden Pasten oder Salben behandelt werden. Treten nässende Hautveränderungen auf, ist es ratsam, den Tierarzt mit der Behandlung der Nekrose zu beauftragen. „Nicht jede Druckstelle führt zu offensichtlichen Schäden an der Haut, manche zeigen sich erst im nächsten Haarwechsel, wenn die Haare weiß nachwachsen“, weiß Tina Wassing.

Kontaktekzeme können durch lokale Behandlungen mit Salben oder Ölen entstehen und auch durch Gerbstoffe im Leder oder Waschmittel ausgelöst werden. Um diese zu vermeiden, sollte der Einsatz von potenziell-allergie-auslösenden Stoffen vermieden werden. „Wenn das Pferd eine empfindliche Haut hat, sollten neue Salben oder Pflegesprays vor dem großflächigen Einsatz erst an kleinen Hautstellen getestet werden“, empfiehlt die Tierärztin. Meist reicht es aus, die betreffende Substanz abzuwaschen, weitere Therapien sind nur bei länger anhaltender Einwirkung des allergieauslösenden Stoffes nötig.

Pilzbefall zeigt sich bei Pferden in der Regel in kreisrunden Stellen im Fell.

Weißes Fell in der Sattellage deutet auf Quetschungen der Haut durch falsches Sattelzeug hin.

 

Hauttumore

 

Die bekanntesten Hauttumore beim Pferd sind Melanome, Mastzelltumore und Plattenepithelkarzinome. Melanome sind bösartige, durch Melanozyten verursachte Hauttumoren. Sehr häufig kommen diese bei Grauschimmeln im Alter von über 15 Jahren vor, von denen ca. 80 Prozent Melanome haben. Die meisten Melanome entstehen in der Analgegend und an der Schweifrübe. Bei anderen Pferden sind eher die Ganaschenregion, die Genitalien und die Lippen betroffen. Viele dieser Knoten wachsen über die Jahre nur sehr langsam und metastasieren nicht. Es kann aber auch zu einem plötzlichen Wachstum mit Metastasierung kommen, bei einigen Pferden kann das Wachstum schon zu Beginn explosionsartig sein. Oft wird die Diagnose nur anhand der tierärztlichen Untersuchung gestellt. Eine genaue Differenzierung kann über eine histopathologische Zelldifferenzierung erfolgen.
 In vielen Fällen mit langsamem Wachstum und entsprechender Lokalisation bleiben Melanome unbehandelt. Bei einigen Pferden kann das Wachstum durch Medikamente gestoppt oder verlangsamt werden. Je nach Lage und Größe kann auch eine chirurgische Entfernung sinnvoll sein. Ebenso werden Bestrahlungen angeboten. Momentan laufen einige Studien, bei denen Medikamente in den Tumor injiziert werden.

 

Infektiöse Hauterkrankungen

 

Infektiöse Hauterkrankungen können durch Bakterien, Viren, Pilze und Parasiten verursacht werden. Auf jeder gesunden Haut leben viele Erreger, die das Hautmikrobiom bilden und eine wichtige Aufgabe in der Immunabwehr der Haut erfüllen. Offene Wunden zum Beispiel verursacht durch verstärkten Juckreiz oder schlechte hygienische Bedingungen, können dazu führen, dass Bakterien sich vermehren und damit eine Entzündung auslösen. „Eine typische bakterielle Hauterkrankung ist die Mauke, die oft bei Pferden mit langen Behängen noch durch Milben verschlechtert wird“, erklärt die Fachfrau. Mykosen werden durch Pilze ausgelöst. Manche Pilzarten führen zu typisch kreisförmigen Hautveränderungen mit Haarverlust, andere Pilze verursachen eher flächigen Haarausfall mit Juckreiz.

Infektionen mit Viren verursachen oft warzenartige Hautveränderungen. Bei der Papillomatose bekommen insbesondere Jungpferde weiße Warzen, die sich massenhaft vor allem am Kopf ausbreiten und nach einiger Zeit abfallen, ohne Narben zu hinterlassen.

Eine größere therapeutische Herausforderung stellen Sarkoide dar. Sarkoide entstehen durch Infektionen mit bovinen Papillomaviren und bei entsprechender genetischer Prädisposition. „Zusätzlich spielen der aktuelle Immunstatus und Verletzungen eine große Rolle, auch scheinen Insekten an der Übertragung beteiligt zu sein“, sagt Tina Wassing. Sie treten entweder warzig oder blumenkohlartig mit gestielter oder breiter Basis an vielen Körperstellen auf. Neben der warzigen Form gibt es auch sogenannte okkulte Sarkoide, bei denen die Haut etwas verdickt und schuppig ist und die Fläche allmählich hyperpigmentiert und kahl wird. „Leider gibt es keine einheitliche Behandlung für Sarkoide. Neben lokalen Behandlungen werden Sarkoid-Impfstoffe und Injektionen in das Sarkoid angewendet. Größere, gestielte Sarkoide können abgebunden werden, wenn sie an störenden Stellen sitzen. Sie kommen aber gerne an der gleichen Stelle wieder. Das Gleiche gilt auch für die chirurgische Entfernung“, erklärt die Tierärztin.

Spezielle Ekzemerdecken schützen das Pferd vor Insekten.

Ein Befall mit Parasiten ist in der Regel durch Juckreiz an den betroffenen Stellen gekennzeichnet. Je nach Art des Erregers kann er teilweise schon mit bloßem Auge erkannt werden. So lassen sich Haarlinge und Läuse recht gut im Fell und auf der Haut entdecken. Einen weiteren Hinweis geben auch noch die Eier, die als Nissen an die Haare geklebt werden. Schwieriger wird es bei den Milben, die nur vom Tierarzt mittels eines Hautgeschabsels diagnostiziert werden können. „Abhängig davon, welche Milben vermutet werden, muss das Hautgeschabsel entsprechend tief entnommen werden“, verdeutlicht Wassing.
 

Lästige Mauke

 

Eine einfache Mauke wird durch Bakterien ausgelöst. „Die meisten Maukepatienten sieht man in den feuchten Monaten im Jahr, wenn die Pferde auf den Weiden oder auf den Paddocks vermehrt im Schlamm stehen“, berichtet die Tierärztin aus der Praxis. Durch die anhaltende Feuchtigkeit weicht die Haut auf und Bakterien können leichter in tiefere Schichten eindringen und dort eine Entzündung auslösen. Bei Rassen mit langen Behängen spielen auch Grab- oder Saugmilben eine große Rolle. Diese Milben verursachen Juckreiz, die Pferde beginnen sich zu jucken und durch die entstehenden Hautverletzungen kommt es zu einer Infektion der Wunden mit Bakterien.

Trockene Ausläufe und eine gute Hygiene sind eine gute Präventionsmaßnahme gegen Mauke. „Zeigt das Pferd schon erste Anzeichen von Krustenbildung, so können desinfizierende und pflegende Shampoos zur täglichen Reinigung verwendet werden. Wichtig ist, dass die Fesselbeugen anschließend gut getrocknet werden, das kann mit einem Handtuch erfolgen, bei Pferden mit mehr Behang kann auch ein Föhn zum Einsatz kommen, um die Haut zu trocknen. Anschließend werden pflegende Salben aufgetragen“, beschreibt Wassing die Behandlung. Bei ausgedehnten Hautentzündungen oder dem Verdacht auf Milbenbefall sollte der Tierarzt gerufen werden. Vor dem Einsatz einer antibiotikahaltigen Salbe wird eine Tupferprobe von den Wunden entnommen. So kann im Labor der Keim bestimmt werden und ein geeignetes Antibiotikum zum Einsatz kommen.

Gut zu wissen...

 

Haben die Fellfarben Auswirkungen auf die Hautgesundheit?

Die Fellfarbe wird genetisch bestimmt. Unpigmentierte Abzeichen an den Beinen oder dem Kopf oder bei Schecken haben ein größeres Risiko für Sonnenbrand oder Mauke.
 
 
Wann müssen Wucherungen, Knubbel und Warzen behandelt oder entfernt werden?

Generell sollten Wucherungen, Knubbel und Warzen von einem Tierarzt beurteilt werden und nach entsprechender Diagnostik eine Behandlungsoption besprochen werden. Von Selbstbehandlungen mit Salben und Tinkturen sollte abgesehen werden, da man äußerlich nicht beurteilen kann, welches Gewebe betroffen ist.
 

Wie häufig sollte ich Decken, Schabracken und Co waschen?

Decken und Schabracken sollten je nach Verschmutzungsgrad sowie bei Pferden, die vermehrt schwitzen, häufiger gewaschen werden.


Bei welcher Art von Hautverletzungen sollte der Tierarzt gerufen werden?

Hautverletzungen, die stark bluten, in die Tiefe gehen, in der Nähe eines Gelenkes liegen oder sehr großflächig sind, sollten einem Tierarzt vorgestellt werden. Ebenso Verletzungen, die chirurgisch versorgt werden müssen oder am Auge sind. Generell sollte der Pferdebesitzer bei Unsicherheit lieber den Tierarzt benachrichtigen und bis zu dessen Ankunft die Wunde unbehandelt lassen. Lediglich große Verunreinigungen können unter sauberem, fließendem Wasser entfernt werden. Bei jeder Verletzung sollte der Tetanusimpfschutz geklärt werden.
 
Was ist das Geheimnis schöner Haut?

Eine ausgewogene Nährstoffversorgung ist entscheidend für die gesunde Pferdehaut. Besonders Zink fördert Haut-, Huf- und Fellgesundheit. Zink sorgt für eine Regeneration der oberen Hautschichten. Krustige Veränderungen oder Verdickungen der Haut sowie Haarbruch oder Fellwechselstörungen sind häufig die Folge von Zinkmangel. Weitere Informationen zur bedarfsgerechten Fütterung finden Sie auch in unserem Futterkalender aus der Ausgabe 01/22. Hier gelangen Sie zur Bestellung des Futterkalenders.
 

Unsere Expertin

Tina Wassing ist Tierärztin in Ahaus und betreibt eine eigene Praxis mit dem Schwerpunkt auf biologische Tiermedizin.

Zum Seitenanfang