Wie finden wir das Positive im Negativen?

Kaum ein Sport ist so facettenreich, wie der Pferdesport. Nicht nur die Möglichkeiten, mit dem Pferd den Pferdesport auszuüben sind es, auch die Pferderassen, die für den Sport eingesetzt werden, sind ebenso vielfältig. Und so duplizieren sich in gewisser Weise die Möglichkeiten, die dieser tolle Sport uns bietet. Dies macht vermutlich auch den Reiz dieses Sportes aus. Für jedes Interesse und jedes Lebensalter findet sich eine Komponente, um am Pferdesport teilzuhaben. Und längst ist dieser Sport nicht mehr nur den Reichen vorbehalten, auch wenn diese Meinung in der nicht reitenden Öffentlichkeit leider oft noch vorherrscht.

 

Aber egal, ob wir nun Züchter, Reiter, Fahrer, Horsemanship-Anhänger oder Voltigierer sind, eines ist uns allen gemein: Wir lieben unsere Pferde. Sie sind ein sehr wichtiger Bestandteil unseres Lebens. Oft hat sogar unsere Berufswahl mit dem Einfluss aus dem Pferdesport zu tun. Wir sind bereit, viel für den Partner Pferd in Kauf zu nehmen oder auch zu opfern.

 

Die traurige Wahrheit

 

Und damit sind wir schon mittendrin in der Corona-Zeit. Vermutlich werden wir demnächst unsere Zeitabschnitte in der nachträglichen Betrachtung in drei Teile einteilen: Die Zeit vor Corona – die Corona-Zeit – und die neue Zeit nach bzw. mit Corona.

 

Aber -  die Zeit vor Corona war im Pferdesport auch nicht ganz ungetrübt. Da gab und gibt es Mitgliederschwund in den Vereinen, ebenso konnten viele tolle Veranstalter keine Sponsoren mehr finden und damit verschwanden immer mehr Veranstaltungen. Der Pferdesport wird von vermeintlichen Tierschützern angeprangert. Hinzu kamen Probleme mit sexueller Gewalt, Alkoholmissbrauch und Doping. Ebenso Verwaltungsprobleme, Neid und Missgunst in Vereinen. Auch rechtliche Verordnungen machen der Pferdesportgemeinde das Leben nicht leichter: die Düngemittelverordnung, die Verordnung zur Mistentsorgung, der Tierschutz, das Baurecht in Außenbezirken und einiges mehr.

 

Traurig aber wahr, wenn der Pferdesport in den letzten Jahren in der nicht reitenden Öffentlichkeit stattfand, dann immer nur mit negativen Schlagzeilen belegt. Warum ist das so? Was haben wir alle dazu beigetragen, dass dies so gekommen ist? Und viel wichtiger, was können wir zukünftig tun, damit es anders wird?

 

Könnte es sein, dass wir durch Corona vielleicht wachgerüttelt werden? Das wir kreativ werden, dass es wirklich gute Lösungen gibt, um unseren Sport langfristig belastbar zu erhalten und vielleicht sogar noch auszubauen?

 

Die Lösung und das Problem

 

Im Grunde ist die Lösung ganz einfach: Wir müssen alle an einem Strang ziehen – wir sitzen alle im selben Boot – es kann für alle nur eine Richtung geben!

 

Das Problem zur Lösung dabei, scheint vielmehr die Umsetzung zu sein. Denn so viele verschiedene Möglichkeiten uns unser Sport bietet, so viele unterschiedliche Menschen und Meinungen gibt es in unserer Pferdesportgemeinde dazu auch.

 

Wir wissen alle um die Vorteile unseres Sports. Wir können sogar wissenschaftliche Studien vorlegen, die besagen, dass die soziale Entwicklung von Menschen durch Pferde positiv beeinflusst wird. Jugendlichen, die reiten wird ein höheres Maß an Verantwortungsbewusstsein, sozialer Kompetenz und Durchhaltevermögen attestiert. Reiten ist eine der wenigen Sportarten, die offiziell als Gesundheitssport anerkannt ist und es gibt viele Beispiele, für erfolgreiche Therapien mit Pferden im Behindertensport und bei der Traumabewältigung. Sogar im beruflichen Coaching werden Pferde erfolgreich eingesetzt.

 

Auch kommen aus dem Pferdesport nicht unwesentliche wirtschaftliche Einnahmen für unser Land. Der Gesamtumsatz der Pferdeindustrie in Deutschland bewegte sich in den letzten Jahren bei ca. 6,7 Mrd. Euro. 1,3 Mill. Pferde leben in Deutschland. Im Jahr 2019 wurden 3.567 Turnierveranstaltungen mit 66.281 Prüfungen ausgetragen. (*) Viele junge Start-Ups haben sich in den letzten Jahren auf dem Pferdesektor gegründet.

 

Und was machen wir daraus? Leider viel zu wenig! Wir unterstützen uns nicht, wir legen uns sogar gegenseitig oftmals Steine in den Weg. Warum können wir uns nicht alle als die verantwortungsbewussten Menschen zeigen, als die wir uns gegenüber der Öffentlichkeit immer darstellen. Unser Verhalten spiegelt unser Tun und umgekehrt. Zusammenhalt wird das Zünglein an der Waage sein.

 

Viele Vereine und Betriebe rund um den Pferdesport werden es nach Corona sehr schwer haben. Vermutlich wird es einige sogar auch nicht mehr geben. Die Vielfalt in unserer Pferdewelt wird im gewerblichen und gemeinnützigen Bereich Schaden nehmen.

 

Was können wir tun

 

Trotz der Krise arbeiten viele aus unserer Pferdegemeinde daran, dass wir auch in der Nach-Corona-Zeit noch unseren Sport ausüben können. Dies geschieht überwiegend auf ehrenamtlicher Basis. Verhandlungen mit den Ministerien, um die Bewegung und den Umgang mit den Pferden in der Corona-Krise zu sichern. Der Entwurf von Maßnahmenkatalogen, für den „Einstieg in den Ausstieg“ und die immer wieder getätigten Aufrufe zur Einhaltung der Maßnahmen zur Infektionseindämmung, sind zurzeit die aktuellsten Tätigkeiten.

 

Wir sollten die Zeit aber unbedingt auch nutzen um über das Danach nachzudenken. Wie möchten wir zukünftig unseren Sport in der Öffentlichkeit darstellen? Was werden unsere Anliegen gegenüber der Politik und der Öffentlichkeit sein? Und ganz wichtig: Wie wollen wir uns zukünftig verhalten, um eine positivere Resonanz auf unseren Sport zu erhalten?

 

Denn nur eine positive Annahme unseres Sports in der Öffentlichkeit sichert uns die Zukunft. Sie sichert uns Nachwuchs und sie sichert uns die gute Zusammenarbeit mit der Politik, den Tierschutz- und Umweltverbänden. Nur so kann es gelingen Menschen, die bisher noch nichts mit dem Pferdesport zu tun hatten, für uns zu gewinnen.

 

Hier ist ganz klar eine positive, ehrliche und vor allem stetige Öffentlichkeitsarbeit gefragt. Nach dem Motto viel hilft viel, ist es dann vielleicht nicht so schlimm, wenn nach ganz vielen guten Nachrichten auch mal eine nicht so gute kommt. Es wäre auch nicht ehrlich, immer nur über die goldenen Seiten zu berichten. Trotzdem scheint es mir, können wir da von anderen Sportarten lernen. Auch im Fußball, Tennis, Leichtathletik etc. gibt es negative Meldungen über unrühmliche Vorkommnisse. Trotzdem hat man den Eindruck, dass der Gesamteindruck, der von dort nach außen dringt, nicht so zerstörend ist, wie er in der letzten Zeit im Reitsport war. Dies ist sicher auch auf eine gute Öffentlichkeitsarbeit zurückzuführen. Hier könnte der alte Spruch: „Tue Gutes und rede drüber!“, gut zu Rate gezogen werden.

 

Unterstützung, Zusammenhalt und Kreativität

 

Nutzen wir außerdem die Zeit und schenken wir unserem Vereinsleben wieder mehr Aufmerksamkeit. Wir erleben zurzeit alle, was Physical-Distancing heißt und wie schwer wir uns alle damit tun. Wir vermissen alle das Miteinander. Unsere Reitvereine- und Betriebe sind es doch, in denen wir baldmöglichst wieder mit Menschen zusammen sein wollen, die die gleichen Interessen haben. Unterstützen wir uns gegenseitig, überlegen wir uns Maßnahmen, die allen helfen. Das können Maßnahmen zu Umstrukturierungen in Vereinen sein, die den Fortbestand des Vereins sichern. Es können Spendenaktionen sein, es können neue Konzepte zu Jugendarbeit, zu allgemeinen Vereinsarbeiten und vielem mehr sein. Ganz wichtig wird es auch sein, wirklich einmal kreativ über die Gewinnung von neuen Mitgliedern nachzudenken. Hier gilt es Maßnahmen zu entwickeln, die neugierig auf unsere Pferde, den Umgang und den Sport mit ihnen machen. Wie ticken Menschen heute, was ist ihnen wichtig, in welche Richtung soll sich ihr Verein, ihr Betrieb entwickeln?

 

Sehen wir die Corona-Krise doch als kleines Reset für unseren Sport und versuchen wir, mit vielen guten Ideen, Mut zu ihrer Umsetzung und vor allem mit Zusammenhalt und gegenseitiger Unterstützung etwas aus dem durch die Krise erlebten zu machen. Denn wir haben alle einen kleinen Vorgeschmack darauf erhalten, was es für uns bedeuten würde, wenn wir unseren Sport nicht mehr ausüben dürften. Das Glas ist immer noch halbvoll – bringen wir es zum Überlaufen.


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