Warum Corona die Chance ist, die Selbstständigkeit voranzubringen

Die Corona-Krise ist das Thema, um das sich gerade alles dreht – sowohl in der Wirtschaft als auch in der Pferdewelt und natürlich im zivilen Leben. Dabei sind auch und ganz besonders die Selbstständigen aus der Pferdebranche betroffen. Wen es mehr und wen es weniger triff und warum erklärt Businesscoach Gina Sophie Brecht.

 

Wen trifft die Krise?

Die Gruppen von Selbstständigen aus der Pferdewelt, die es wohl am wenigsten trifft, sind die, die unweigerlich für die Gesundheit und den alltäglichen Bedarf zuständig sind. Dazu gehören beispielsweise Hufbearbeiter - denn die Hufe wachsen trotz Corona und müssen versorgt werden - , Futtermittelhersteller und -verkäufer – gefressen wird auch immer - , sowie Tierärzte.

Besonders betroffen von der derzeitigen Situation waren Trainer, Reitlehrer und alle Anbieter von Dienstleistungen, die nicht zwingend notwendig, sondern eher „nice to have“ sind.

 

Ist Corona an allem schuld?

Natürlich bringt uns der Ausnahmezustand durch COVID-19 das normale Leben durcheinander. Um aber zu verstehen, warum die Auswirkungen auf den einen stärker und auf den anderen eher moderat sind, schauen wir uns ein paar „Business-Basics“ an.

 

Zuerst: Konjunktur.

Als Konjunktur bezeichnet man die Phasen der Wirtschaft, die immer wieder zyklisch durchlaufen werden. Es gibt vier Phasen: Aufschwung, Boom, Abschwung und Krise. An die letzte Krise erinnerst du dich bestimmt – diese hatten wir 2008/2009 mit der Weltwirtschafts- bzw. Bankenkrise. Danach ging es dann wieder deutlich bergauf (Aufschwung) und seit einigen Jahren befinden wir uns im Boom. Was heißt das? Simpel gesagt: die Menschen haben Geld und geben es auch aus. Beziehen wir das auf die Pferdebranche, kann man verschiedene Entwicklungen feststellen. Zum einen geht es den großen Firmen sehr gut, aber auch kleine Unternehmen und Solo-Selbstständige haben grundsätzlich viele Kunden, sind gut gebucht und verdienen kontinuierlich Geld. Da die Nachfrage der Konsumenten, also der Pferdebesitzer und Reiter, sehr hoch ist, wächst auch das Angebot. Es wird fleißig gegründet und ausgebaut, du findest viele Weiterbildungsangebote (bspw. Ausbildungen zum Tierheilpraktiker oder Osteopathen) und viele Pferdefreunde trauen sich auch, ihr Hobby zum Beruf zu machen.

 

Der Abschwung kommt mit Sicherheit

Mittlerweile weisen jedoch viele Zeichen in der Wirtschaft darauf hin, dass wir uns in Richtung Rezession, also Abschwung, bewegen. Somit ist absehbar, dass es uns bald finanziell weniger gut gehen wird. Wenn die Rezession beginnt, werden u.a. folgende Effekte auftreten: Die Konsumenten werden sparsamen und geben weniger Geld aus. Das heißt, dass vor allem unnötige oder wenige wichtige Kostenpunkte gestrichen werden. Produkte und Dienstleistungen rund ums Pferd, die also eher Kirsche auf dem Sahnehäubchen sind, werden es schwer haben. Die Konsumenten priorisieren dann einfach den alltäglichen Bedarf, kaufen also das, was sie wirklich brauchen.

 

Angebot und Nachfrage

In BWLer-Sprache spricht man davon, dass die Nachfrage nachlässt. Bei der Masse an Anbietern, die jedoch weiterhin auf dem Markt vertreten sind, sorgt die sinkende Nachfrage für einen Preisverfall – die Preise sinken. Durch die sinkenden Preise schrumpfen auch die Umsätze und die Margen. Letztendlich führt dieses zu einer Regulierung des Angebots. Oder mit anderen Worten: Viele Anbieter geben ihr Geschäft auf oder gehen sogar insolvent.

 

Was hat das mit Corona zu tun?

Der plötzliche Crash durch die Corona-Krise führt uns gerade ganz extrem vor, was in einer Krise passiert. Derzeit ist nicht absehbar, wie lange wir in dem aktuellen Ausnahmezustand verharren, in dem alles auf ein Minimum reduziert ist. Derzeit gehen Wirtschaftsexperten davon aus, dass sich in der zweiten Jahreshälfte alles etwas beruhigen und ein Nachholeffekt in vielen Branchen eintreten wird, soweit das möglich ist. Hier wieder ein Beispiel aus der Pferdebranche: Wenn ein Pferdebesitzer aufgrund der aktuellen Situation eine Sattelanprobe verschiebt, kann es jedoch trotzdem sein, dass der notwendige Sattelkauf dann zu späterem Zeitpunkt stattfindet. Der Kauf verschiebt sich also nur. Andererseits gibt es Angebote, die nicht nachgeholt werden können, wie beispielsweise Hotelbuchungen oder die eine oder andere Veranstaltung rund ums Pferd.

 

Die Corona-Krise zeigt die Schwachstellen im System

Wenn Sie selbstständig in der Pferdebranche sind, dann haben Sie jetzt die Möglichkeit, richtig viel zu lernen und zum Positiven zu verändern. Warum? Da es uns allen bisher grundsätzlich ziemlich gut ging, haben wir wichtige Themen auf die lange Bank geschoben. Dazu gehört unter anderem die Arbeit an der eigenen Strategie, verschiedenen Angebotsformaten, der Weiterentwicklung unserer Marketingkanäle oder auch dem Ausbau der eigenen Tätigkeit.

Haben Sie nur ein einziges Angebot – bspw. Wochenendkurse – und sind schwach positioniert – der Reitlehrer für jedermann – werden Sie jetzt ganz schön zu knabbern haben. Das heißt aber auch, dass Sie nicht gut für eine kommende Rezession gewappnet sind. Andersherum: Sind Sie als Experte in Ihrer Nische bekannt und bringen Sie Ihr Angebot über verschiedene Kanäle und Formate zu Ihren Kunden, haben Sie gute Chancen, gestärkt aus der Krise hervorzugehen und langfristig am Markt zu bleiben. Je konkreter und passender die Probleme der Kunden gelöst werden, desto erfolgreicher werden Sie sein – ganz egal, ob Rezession oder Krise.

 

Erfolg hat drei Buchstaben: T U N

Klingt platt, stimmt aber. Sie sollten die gewonnene Zeit nutzen, indem Sie reflektieren und an Ihrem Business und Ihrer Strategie arbeiten. Es wird eine Zeit „Nach Corona“ geben. Wie Sie dann aufgestellt sind, entscheiden Sie heute. Haben Sie immer im Hinterkopf, dass die kommende Rezession dafür sorgen wird, dass der Markt deutlich bereinigt wird. Indem Sie aktiv werden, sich agil und resilient weiterentwickeln, können Sie die Corona-Krise als Chance oder Schubs für Ihre Selbstständigkeit sehen.

 

Fünf Tipps, um dein Business krisensicher zu machen

 

Verstehen Sie Ihre Kunden und seine Probleme besser. Je besser Sie die Sorgen, Nöte und Bedürfnisse Ihres Kunden verstehen, desto besser und passender ist die Lösung, die Sie ihm anbieten können. Dafür reicht es nicht, wenn Sie einen Wunschkunden oder eine Zielgruppe definiert haben. Gehen Sie noch viel tiefer und fragen Sie sich, wie Ihr Kunde denkt. Was sucht er? Was braucht er? Was will er? Je konkreter Sie werden, desto besser.

Bieten Sie verschiedene Formate Ihrer Dienstleistung. Ihr Angebot sollte eine Problemlösung für den Kunden sein. Indem Sie verschiedene Pakete erstellen, können Sie Ihre Interessenten besser da abholen, wo sie stehen. Der eine Kunde möchte gern mit Ihnen persönlich und 1:1 arbeiten, der nächste möchte lieber an einem Seminar mit einer Gruppe teilnehmen. So können Sie auch unterschiedliche Preise veranschlagen und günstigere sowie höherpreisige Formate anbieten.

Verbesseren Sie Ihr „Customer Experience“. Je simpler, unkomplizierter und dabei hochwertiger Ihr Angebot wahrgenommen wird, desto mehr Interessenten werden sich dafür entscheiden. Außerdem können Sie mit einer schlauen Ergänzung Ihres Angebots um beispielsweise vorgefertigte Dokumente o.ä. den Wert und das Wertempfinden Ihres Kunden steigern und damit die Erwartungen übertreffen.

Werbung ist nicht gleich Marketing. Zu einem gekonnten Marketing gehört viel mehr als nur regelmäßiges Posten auf den sozialen Medien. Meine Empfehlung an dieser Stelle: Googlen Sie einfach mal, was alles zum Marketing gehört und überlegen Sie sich eine ganzheitliche Strategie. Viel zu oft verschwenden Selbstständige in der Pferdewelt ihre Zeit auf sozialen Medien, haben Follower ohne Ende, aber viel zu wenig zahlende Kunden. In der Conversion (=Umwandlung von Interessenten zu Kunden) liegt das Geld verborgen. Likes zahlen Ihre Kosten nicht.

Bitten Sie aktiv um Rezensionen und Empfehlungen. Nicht jeder Kunde denkt alleine daran, Sie zu empfehlen oder Ihnen eine Bewertung bei Facebook oder Instagram zu schreiben. Fragen Sie aktiv danach und steigeren Sie so Ihre positive Außenwirkung. Menschen sind Herdentiere! Je mehr tolle Erfahrungsberichte auf Ihrer Seite zu finden sind, desto mehr neue Kunden werden buchen wollen.


Die Expertin

Gina Sophie Bresch ist Pferdebesitzerin, Herzblutunternehmerin, Betriebswirtschafterin und Business Coach mit dem Fokus auf Selbstständige und Unternehmen rund ums Pferd. Sie bietet intensives 1:1-Coaching, Seminare und Webinare an und verbindet dabei theoretisches Wissen aus der BWL mit praktischen Erfahrungen aus Vertrieb und Marketing. Ihr Wunsch ist es, Selbstständige und Unternehmer dabei unterstützen, ihr Business so aufzubauen, dass es die Fachkompetenz und Erfahrung in Sachen Pferd widerspiegelt und unterstreicht. Das Ziel: mit einer smarten Business-Architektur dafür sorgen, dass der Unternehmer sich auf das Wesentliche konzentrieren kann, profitabel arbeitet und so auch Zeit und Geld in sich und seine Weiterentwicklung investieren kann, statt im Hamsterrad fest zu hängen. 

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