Atemwege: Dem Husten auf der Spur

Bei gereizten Atemwegen kann es förderlich sein, das Heu zu bedampfen oder nass zu füttern. (Fotos: Slawik)

Wenn sich im Herbst und Winter die Boxenzeiten wieder verlängern, steigt auch das Risiko für Atemwegserkrankungen und Husten beim Pferd. Aber nicht immer sind die Haltungsbedingungen ausschlaggebend für die gesundheitlichen Probleme. Die IVD Gesellschaft für Innovative Veterinärdiagnostik gibt uns einen Einblick in bakterielle und virale Krankheitsbilder.


 
Die Lunge und der gesamte Atmungsapparat gehören zu den empfindlichsten und wichtigsten Organen des Pferdes. Zusammen mit dem Herz-Kreislauf-System versorgen sie das Tier mit Sauerstoff und entsorgen das Kohlendioxid mit der verbrauchten Luft. Wenn es zu Problemen mit der Atmung kommt, ist die Belastung für den gesamten Organismus groß. Pollen- oder Stauballergien, die heutzutage in der Veterinärmedizin als Equines Asthma beschrieben werden, sind eine Überreaktion des gesamten Atmungsapparats auf Umwelteinflüsse wie Staub, Schimmelpilze oder umherfliegende Pollen. In der Behandlung von betroffenen Pferden hilft also keine Desensibilisierung, sondern nur die Verbesserung der Haltungsbedingungen und in akuten Fällen eine medikamentöse Behandlung.
 
Das Atemsystem des Pferdes ist ein empfindliches Konstrukt, das leicht durch äußere Einflüsse gestört werden kann. Die Schleimhaut reagiert auf störende Reize wie Staub, reizende Gase oder Fremdkörper mit vermehrter Schleimproduktion. Dieser Schleim umhüllt die Verunreinigung und die Atemschutzreflexe wie Prusten oder Husten befördern den Schleim aus dem Körper. Der Atmungsapparat domestizierter Pferde ist permanenten Umwelteinflüssen wie Smog, Umweltverschmutzung und Pilzsporen im Raufutter ausgesetzt. Besonders belastet sind Pferde, die durch ein trockenes Stallklima und eine erhöhte Ammoniakbelastung durch eine Strohmatratze angegriffene Schleimhäute haben.

 

Von Viren und Bakterien


Wie beim Menschen auch, können Erkrankungen der Atemwege auch durch Bakterien oder Viren verursacht werden. Bei einer reinen Virusinfektion zeigt das Pferd wässrig-klaren Nasenausfluss. Erst, wenn sich zusätzlich noch Bakterien als Sekundärerreger ansiedeln, wird das Nasensekret schleimig bis schleimig-eitrig. Eines der ersten Anzeichen für eine Infektion ist die erhöhte Körpertemperatur. Hat das Tier Fieber, sollte es unbedingt geschont werden, damit das Immunsystem nicht zusätzlich belastet wird. „Hier sollte lieber einmal mehr Fieber gemessen werden, wenn man den Eindruck hat, dass das Pferd matt erscheint“, erklärt Dr. Kathrin Strutzberg-Minder von der IVD Gesellschaft für Innovative Veterinärdiagnostik, kurz IVD. Die IVD ist ein tiermedizinisches Labor, das verschiedene Proben von Tierärzten auf Infektionserreger untersucht. Hier landen also die Tupferproben und Abstriche unter dem Mikroskop. „Um eine erhöhte Temperatur feststellen zu können, empfiehlt es sich, die individuelle Temperatur seines Pferdes zu kennen. Dazu sollte auch ohne Verdacht einfach einmal morgens, mittags, abends, in Ruhe und nach dem Training gemessen werden“, rät die Expertin. Wenn sich ein Pferd mit akuter Virusinfektion nicht ausruhen und kurieren kann, können auch bis dahin harmlose bakterielle Besiedler der Atemwege zu schwerwiegenden Erkrankungen führen. „Wir raten zu leichten Spaziergängen an der frischen Luft. Außerdem sollte jegliche Staubbelastung, die die Atemwege zusätzlich reizt, vermieden oder zumindest reduziert werden“, lautet die Empfehlung des Labors.

Im Labor kann der Bakterienstamm ausgemacht werden, um das passende Antiobiotika herauszufinden.


Die Bakterien


Die häufigsten Befunde bei Atemwegserkrankungen beim Pferd sind zum einen der Nachweis von Streptococcus (Sc.) equi subspecies (spp.) equi, dem Erreger der Druse oder dem naheverwandten Bakterium Sc. equi spp. zooepidemicus.
 

Die durch Sc. equi spp. equi hervorgerufene Druse ist eine hochansteckende, infektiöse Erkrankung der oberen Atemwege des Pferdes. Die Übertragung des Erregers verläuft direkt über Tröpfcheninfektion. Um schwere Krankheitsverläufe und die Ausbreitung des Erregers möglichst frühzeitig zu verhindern oder zumindest zu reduzieren, ist eine schnelle und korrekte Diagnose äußerst wichtig.
 
Anders als der Druse-Erreger, kommt das Sc. equi spp. Zooepidemicus Bakterium auch bei gesunden Pferden in der Maulhöhle vor. Dieses kann vor allem bei Fohlen und Jungpferden zu Erkrankungen der Atemwege wie Streptokokken-Pharyngitis (Rachenentzündung) oder eitriger Bronchiopneumonie (Lungenentzündung mit Beteiligung der Bronchien) führen. Die klinischen Symptome bei Druse und Sc. equi spp. Zooepidemicus sind nicht eindeutig voneinander zu unterscheiden. Während Druse nur von Pferd zu Pferd oder artverwandten Tieren übertragen werden kann, tritt Sc. equi spp. Zooepidemicus bei allen Haustieren auf und kann auch beim Menschen ausbrechen. „Wir hatten in diesem Jahr einen Hund aus einem Reitstall mit Druse, der eine durch Sc. equi spp. zooepidemicus verursachte Atemwegserkrankung mit Husten zeigte. Eine Unterscheidung der beiden Erreger ist vor allem hinsichtlich der zu ergreifenden Bekämpfungsmaßnahmen von Bedeutung“, nennt Dr. Strutzberg-Minder ein Beispiel.

Bei Fohlen ist Rhodococcus equi eine der häufigsten Ursachen für Atemwegserkrankungen und durch eine eitrige Lungenentzündung mit ausgedehnter Abszessbildung und Lymphadenitis (Entzündung der Lymphknoten) gekennzeichnet. Ein weiterer möglicher Atemwegserreger ist Actinobacillus equuli. Dieses Bakterium gehört eigentlich zur Normalflora der Pferdemaulhöhle, kann aber vor allem bei Fohlen auch Erkrankungen auslösen.
 
Seltener können auch andere Bakterien und Pilze direkt für Atemwegserkrankungen beim Pferd verantwortlich sein.

 

Die Viren

 

Neben den bakteriellen Atemwegserregern sind auch immer wieder Viren nachweisbar. Zu ihnen gehört die Gruppe der Equinen Herpesviren (EHV), mit ihren Typen 1 und 4. EHV-1 wird häufig als „Abortvirus“ bezeichnet. Neben Aborten – also Fehlgeburten – verursacht es aber auch grippeartige (Equine Rhinopneumonie) und neurologische Symptome. Diese Virusvariante trat im März diesenJahres mit schweren Verläufen und Todesfällen auf einem Turnier im spanischen Valencia auf.
 EHV-4, auch „Rhinopneumonitisvirus“ genannt, verursacht vorwiegend Erkrankungen der oberen Atemwege. Diese Virusvariante ist ganzjährig bei Pferden jeden Alters nachweisbar. Bei erwachsenen Pferden verläuft die Infektion meist klinisch unauffällig. Ein hohes Risiko besteht jedoch bei Fohlen bis zum Absetzeralter. Ein einmal infiziertes Tier scheidet als latent (verborgen) infizierter Virusträger lebenslang mit Unterbrechungen das Virus aus und begünstigt somit das Entstehen tierseuchenhafter Verläufe. Durch verschiedene Faktoren wie beispielsweise Stress oder andere Krankheiten kann das Virus jederzeit reaktiviert werden. Besonders Pferde im Alter unter drei Jahren zeigen dann ganz unvermittelt eine fiebrige Atemwegserkrankung (Equine Rhinopneumonitis) mit Nasenausfluss, feuchtem Husten, geschwollenen Lymphknoten, einer Entzündung der Luftröhre und des Rachens (Pharyngotracheitis), Appetitlosigkeit und Teilnahmslosigkeit. Die Herpes-Erkrankung kann durch eine Tupferprobe mittels PCR-Test im Labor nachgewiesen werden.

Bei durch Herpesviren verursachten Erkrankungen mit deutlichen Symptomen entstehen häufig Sekundärinfektionen, insbesondere mit Streptokokken, die sich bei Fohlen und Jungpferden in Lungenentzündungen mit Beeinträchtigung der Bronchien äußern.

„Dank der weitverbreiteten Impfungen gegen Influenza beim Pferd weisen wir diese Viren nur selten nach. Allerdings wird auch nur äußerst selten dazu eine Untersuchung angefordert. Betrachtet man im Vergleich die Nachweishäufigkeit von Influenzaviren trotz Impfung bei anderen Tierarten und dem Menschen, wäre auch beim Pferd möglicherweise eine Untersuchung auf Influenzaviren aus epidemiologischer Sicht und auch zum Schutz vor Ausbrüchen häufiger empfehlenswert, als es in der Praxis durchgeführt wird“, sind sich die Experten der IVD sicher.

Inhalationsgeräte bringen die Medikamente dorthin, wo sie wirken sollen.

Das passiert im Labor

 

Zum Nachweis der bakteriellen Erreger wird eine Probe - zum Beispiel eine Tupferprobe - der Nasenschleimhaut im Labor auf ein Nährmedium ausgestrichen. Dies sind spezielle Agarplatten mit Zusätzen, die das Wachstum der Bakterien fördern. In einem warmen Brutschrank brauchen die meisten Bakterien mindestens 24 Stunden, um ausreichend zu wachsen. Die sichtbaren Bakterienkolonien werden dann von Mikrobiologen beurteilt. „Jede Bakterienart zeigt charakteristische Merkmale, so können wir relevante oder verdächtige Kolonien erkennen“, erklärt Dr. Strutzberg-Minder. Diese Bakterienkolonien werden mithilfe des PCR-Verfahrens als relevante Infektionserreger bestätigt oder ausgeschlossen. Der Vorteil dieser isolierten Bakterien ist, dass zum Beispiel auch ein sogenannter Resistenztest durchgeführt werden kann. Dabei wird getestet, welches Antibiotikum ganz gezielt für den nachgewiesenen Keim wirksam ist und welches durch bakterielle Resistenzbildung eher nicht eingesetzt werden sollte.

Parallel zu Anzucht der bakteriellen Erreger wird das Probenmaterial auch direkt mittels PCR-Test untersucht. Das heißt, die Probe wird auf das Vorhandensein der DNA des gesuchten Erregers getestet. Mithilfe dieses PCR-Verfahrens kann schneller zwischen Sc. equi ssp. equi und zooepidemicus unterschieden werden, damit bei schwerem Krankheitsverlauf auch schon eine erste geeignete Behandlung eingeleitet werden kann, bevor der bakterielle Erreger mit Hilfe der Kultur nachgewiesen wurde. „Je nach Alter, Gesundheitszustand und Konstitution kann dank der Erkennung des Erregers eine gezielte Behandlung erfolgen“, erklärt die Expertin. „Die viralen Erreger werden wie üblich bei Viren routinemäßig nur direkt mittels PCR-Test nachgewiesen. Mit der PCR wird die Erbsubstanz der Viren (DNA oder RNA) vervielfältigt und es können so beim Pferd Influenza-Viren und EHV 1 und EHV 4 nachgewiesen und differenziert werden“.

 

Richtig (be-)handeln

 

Ein gravierender Unterschied besteht in der Behandlung von bakteriellen zu viralen Infektionen. Handelt es sich um eine bakterienbasierte Erkrankung, kann diese gezielt mit Antibiotika behandelt werden. Dazu wird mit einem Resistenztest das richtige Mittel gegen den krankheitsverursachenden Erreger herausgefunden. Antibiotika helfen nicht gegen Viren, hier kann nur das Immunsystem unterstützt werden und mit Medikamenten und Haltungsverbesserung gegen die klinischen Symptome gearbeitet werden. „Die Impfung stellt gerade gegen die viralen Atemwegserreger wie Herpes und Influenza einen wesentlichen Baustein zur Verhinderung schwerer Krankheitsverläufe dar. Bei Pferden gibt es drei Impfungen, die jedes Pferd bekommen sollte. Das sind Tetanus, Influenza und Herpes“, führt die geschäftsführende Gesellschafterin weiter aus. Diese drei Impfungen werden auch von der Ständigen Impfkommission Veterinärmedizin (StIKo Vet), einem Expertengremium aus Tierärzten und Forschern, als sogenannte „Core-Impfungen“ empfohlen. „So kann das Pferd vor schwersten Erkrankungen geschützt werden. Außerdem wird das Risiko der Ansteckung anderer Pferde gesenkt“, sagt Dr. Strutzberg-Minder.

Haltungs-Husten
 
Neben Viren und Bakterien sind häufig auch die Haltungsbedingungen Schuld an Atemwegserkrankungen bei Pferden. Von der Stall-assoziierten Atemwegsobstruktion sind aufgestallte Pferde vor allem in der weidefreien Zeit, also im Winter, betroffen. Sie husten, weil ihre Lunge stärker als nötig und in einer allergieähnlichen Art auf Pilzsporen und Feinstaub reagiert, die hauptsächlich in Heu und Stroh zu finden sind. Das Immunsystem und die Atmung der Pferde sind auf die Gegebenheiten der Weite ausgelegt. In warmen, stickigen Ställen mit wenig Bewegung kann sich der Atmungsapart nicht voll entfalten. Abhilfe kann nur ein verbessertes Haltungs- und Fütterungsmanagement schaffen. 
 

Für eine optimierte Haltung sollte den Pferden so viel Frischluft wie möglich zugeführt werden; Idealerweise durch Weidegang oder auf dem Paddock. Außerdem sollte der Stall zu jeder Jahreszeit gut belüftet sein, Wärme ist eher kontraproduktiv. Zudem ist es ratsam, dass sich Besitzer betroffener Pferde über alternative Einstreumöglichkeiten wie entstaubte Holzspäne, Holzhäcksel, Hanf, Erdboden oder Gummimatten Gedanken machen. Das Misten der Box sowie das Fegen der Stallgasse sollte dann erfolgen, wenn sich die Pferde außerhalb des Stalls befinden. So sind sie der Staub- und Schadstoffentwicklung nicht ausgesetzt. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Raufutterqualität: Schimmeliges und staubiges Futter sollte nicht verfüttert werden. Noch besser ist es, nasses oder bedampftes Heu zu füttern, da der Staub so gefressen statt eingeatmet wird. Zudem sollte das Raufutter vom Boden gefüttert werden, beim Zupfen aus dem Netz wird erneut Staub aufgewirbelt, außerdem läuft gelöster Schleim bei einer tiefen Kopfhaltung besser ab.

 

Anzeichen für Atemwegsprobleme:


 - erhöhte Atemfrequenz
 - erhöhter Ruhepuls bis 50 oder 60
 - erschwerte flache Atmung
 - Fressunlust
 - Müdigkeit und Leistungsabfall
 - Nasenausfluss
 - Husten mit oder ohne Nasenausfluss
 - geschwollene Lymphknoten zwischen Ganasche und Unterkieferästen

 

Inhalation als Therapie

 

Mit der Inhalationstherapie werden Medikamente und andere gelöste Stoffe mithilfe eines Gerätes zerstäubt. Sie gelangen über die Einatmung in die Atemwege, lockern und verflüssigen das Sekret in den Bronchien, lösen Verkrampfungen der Bronchialmuskulatur und hemmen Entzündungen im Lungengewebe. Da die Stoffe direkt an ihrem Bestimmungsort ihre Wirkung entfalten, kann die Medikamentendosis oft deutlich reduziert werden.
 

 

Sole – stationär und mobil

 

Immer mehr Pferdebesitzer schwören auf Sole-Therapie für ihr Pferd. Eine Solekammer lässt sich in jedem Stall installieren – weniger aufwendig ist jedoch, einen Sole-Anhänger zu nutzen. Die so genannte Rauminhalation erfolgt mit Sole und/oder ionisiertem Sauerstoff und sorgt dafür, dass das Pferd wieder freier durchatmen kann. Dafür muss sich der Besitzer nicht eigens einen Anhänger anschaffen – immer mehr Firmen bieten die Therapie an und kommen dafür in den eigenen Stall.

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