Allergien und Atemwegsbeschwerden: Hilfe für Allergiker

In der Solekammer wird die Sole über die Atemwege und die Haut aufgenommen. (Fotos: Kardel)

Starker Juckreiz, Quaddeln am Körper und Husten sind häufig Symptome einer Allergie. Dies gilt insbesondere, wenn die Symptome bestimmten Auslösern zugeordnet werden können – beispielsweise einer Jahreszeit, einem Ort oder einem Futtermittel. Doch wie entstehen Allergien eigentlich? Und was kann ein Pferdebesitzer tun, um sein Allergikerpferd optimal zu unterstützen?

Bei einer Allergie reagiert das Immunsystem überaus empfindlich auf eine eigentlich für den Körper harmlose Substanz. Diese allergieauslösende Substanz wird als Allergen bezeichnet. Ist das Immunsystem auf die Allergene sensibilisiert, reagiert es übermäßig stark, ähnlich wie es das auch bei Krankheitserregern und Fremdkörpern tun würde. Dadurch werden Symptome wie tränende Augen, Magen- und Darmprobleme, Atembeschwerden, Quaddeln oder starker Juckreiz hervorgerufen. Auch Verhaltensauffälligkeiten und Stereotypien wie zum Beispiel Headshaking können Symptome einer allergischen Reaktion sein. 

 

Allergien-Auslöser

 

„In der Regel steckt hinter der eigentlich harmlosen Substanz ein Fremdeiweiß“, erklärt Dr. Sandra Löckener. Die promovierte Biologin und Pferdeernährungsberaterin aus Kaufbeuren in Bayern arbeitet seit rund 20 Jahren im Bereich Tiermedizin und Biologie und hat sich insbesondere auf atemwegserkrankte Pferde spezialisiert und unterstützt Besitzer atemwegskranker Pferde mit ihrem Onlineprogramm bundesweit. „Die Allergieneigung hat eine genetische Komponente. Ob sich eine Allergie aber tatsächlich zeigt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dazu zählen beispielsweise Umwelteinflüsse sowie die Stärke und die Häufigkeit des Allergenkontakts. Ist viel Kontakt vorhanden, zeigt sich die Allergie mit höherer Wahrscheinlichkeit, als wenn kein oder nur sehr wenig Kontakt vorhanden ist. Und auch der individuelle Immunstatus des Pferdes spielt eine wichtige Rolle.“

 

Wenn ein Pferd das erste Mal mit einem Allergen in Kontakt gekommen ist, bildet das Immunsystem Antikörper und es findet eine sogenannte Sensibilisierung statt. Das Allergen wird vom Körper als schädlich befunden und soll bekämpft werden. Ab diesem Zeitpunkt ist der Körper sensibilisiert und reagiert besonders empfindlich auf das Allergen. Kommt es zu einem erneuten Kontakt, wird Histamin ausgeschüttet. Histamin ist ein Hormon und fungiert als Neurotransmitter. Es löst im Körper allergische Reaktionen und typische Allergiesymptome wie Schwellungen von Haut und Schleimhäuten aus. Die schnellste und stärkste Reaktion auf ein Allergen ist ein anaphylaktischer Schock. Dies ist die schlimmste Form und äußert sich zum Beispiel durch Atemnot, Störungen der Organfunktionen, Nesselfieber oder Kreislaufschocks.

Regelmäßige Inhalation hilft Pferden bei Allergie- und
Atemwegsbeschwerden. (Foto: Slawik)


Abhängig von der jeweiligen Allergie treten ganz unterschiedliche Symptome auf. Häufig betroffen sie die Atemwege, die Haut oder es handelt sich um eine Nahrungsmittelallergie. Dr. Sandra Löckener erklärt: „Am häufigsten sind Pferde gegen Heustaub, Pollen, Insekten, Futtermittel, Medikamente und Schimmelpilze bzw. Kontaktallergene wie Ammoniak oder Holzschutzmittel allergisch und die Symptome betreffen die Haut, die Schleimhaut und die Atemwege.“ Sind die Atemwege betroffen, zeigt das Pferd beispielsweise Husten, Schnupfen und Atemwegsbeschwerden.

 

Bei der Haut äußert sich eine Allergie in Form von starkem Juckreiz, Hautausschlag und Schwellungen. Futtermittelallergien zeigen sich ebenfalls mit Hautsymptomen wie Juckreiz oder Nesselsucht sowie gastrointestinalen Symptomen wie Kolikanfälligkeit, Kotwasser und Durchfall.

 

Jede Allergie zeigt sich anders

 

„Allergische Reaktionen äußern sich im Bereich Atemwege, Haut und Schleimhaut so oft, weil bei diesen Bereichen anhand der allergischen Reaktion am besten erkannt wird, dass hier ein Allergenkontakt stattfand. Nehmen wir das Beispiel Heustaub und Pollen: Hier zeigt sich die Allergie in den Atemwegen, weil da der meiste Kontakt stattfindet. Bei Insekten oder Kontaktallergenen zeigen sich die Allergiesymptome an der Haut und bei Futtermitteln oft im Magen-Darm-Bereich. Das heißt, dass ich aufgrund der Reaktion des Körpers sehen kann, wo der Allergenkontakt stattgefunden hat. Generell ist es so, dass auf diese Allergene, die ich eben genannt habe, besonders reagiert wird. Heustaub beispielsweise enthält gleiche eine Vielzahl von Allergenen wie Schimmelpilze, Milbenkot und Ausscheidungen anderer Organismen. Das heißt, dass im Heustaub viele Fremdeiweiße enthalten sind, auf die der Körper reagieren kann. Gleiches gilt bei einer Pollenallergie: Entweder blühen sehr viele Bäume gleichzeitig oder ein einzelner Baum blüht mit sehr vielen Blüten. Das heißt, dass der Organismus gleich Kontakt zu sehr vielen Allergenen hat.“

 

Ob der Pferdekörper mit einer Allergie reagiert oder nicht, hängt aber nicht nur mit der genetischen Komponente und dem Allergenkontakt selbst zusammen, sondern auch mit dem Immunsystem des Pferdes. Das Immunsystem besteht aus Billionen von Zellen und reagiert unmittelbar auf kleinste Veränderungen im Pferdeorganismus. Es ist verantwortlich dafür, Viren, Bakterien, Pilze, Keime und andere Krankheitserreger abzuwehren und unschädlich zu machen. Wird das Immunsystem belastet und geschädigt, beispielsweise durch eine nicht artgerechte Pferdehaltung, eine falsche Fütterung, Umweltgifte oder psychische Belastungen wie Stress, hat dies auch unmittelbare Folgen auf die Gesundheit des Pferdes und es kommt zu Erkrankungen und Problemen wie Allergien.

 

Eine zentrale Rolle für das Immunsystem spielt der Darm. Im Darm befinden sich etwa 80 Prozent aller Lymphknoten und mehr als 90 Prozent der Immunzellen werden dort gebildet. Somit ist der Darm das größte Immunorgan des Pferdekörpers. Ist der Darmtrakt jedoch gestört und herrscht ein Ungleichgewicht, entstehen giftige Stoffwechselprodukte, die den Immunhaushalt stören und für Zellstress im Pferdekörper sorgen. „Ein gut eingestelltes Darmmilieu ist wichtig für ein funktionierendes Immunsystem, damit Nährstoffe ideal verwertet werden können und der Verdauungsprozess ideal abläuft“, erklärt Dr. Sandra Löckener und empfiehlt hierfür eine ausgewogene Fütterung mit einem hohen Raufutteranteil und bedarfsgerecht ausgesuchten ergänzenden Futtermitteln. „Der Pferdekörper sollte nicht mit Zusatzstoffen belastet werden, die er nicht braucht. Gleichzeitig darf auch kein Mangel entstehen. Hier kann es sinnvoll sein, in eine Ernährungsberatung zu investieren, um herauszufinden, was das Pferd wirklich braucht. Auch Stress wirkt sich negativ auf das Darmmilieu aus und sollte daher unbedingt vermieden werden.“

Hautquaddeln werden häufig durch Futterallergien hervorgerufen. (Foto: Slawik)

Allergien erkennen

 

Besteht Verdacht auf eine Allergie, findet zunächst eine ausführliche Anamnese statt. Hierfür analysiert der Tierarzt die Lebensumstände des Pferdes wie die Haltung, die Fütterung und das Training: Treten die Symptome zeitnah mit Wetter- oder Futterveränderungen auf oder stehen im Zusammenhang mit dem Weidegang, mit einem neuen Futtermittel oder dem Betreten der Reithalle? Reaktionen des Organismus auf die Aufnahme von bestimmten Futtermitteln, äußern sich üblicherweise in Hautsymptomen wie Juckreiz oder Nesselsucht oder Magen-Darm-Problemen. In einigen Fällen können sich sogar Atemwegsbeschwerden zeigen. Treten diese Symptome auf, nachdem ein neues Futtermittel eingeführt wurde, kann dies den Verdacht einer Allergie bekräftigen. Zusätzlich werden klinische Untersuchungen gemacht, um andere Krankheiten mit gleichen Symptomen auszuschließen und eine Diagnose erheben zu können. Hierfür werden bei Auffälligkeiten der Haut beispielsweise Hautproben entnommen, bei Magen-Darm-Problemen wird der Kot untersucht und bei Atemwegproblemen wird eine Bronchoskopie durchgeführt. Hierbei schaut der Tierarzt mithilfe eines Endoskops die Atemwege von innen an und kann sehen, wie die Schleimhaut aussieht und wie viel Schleim vorhanden ist. Auch kann er Schleimproben entnehmen und anhand der Zellzusammensetzung erkennen, was die Ursache des Hustens und wie der Schweregrad der Atemwegserkrankung ist. Darüber hinaus kann mithilfe einer Blutgasanalyse der Zustand der Lungenbläschen ermittelt werden. Ist die Funktion der Lungenbläschen gestört, zeigt sich das in einem geringen Sauerstoffgehalt im Blut.

 

Blutuntersuchungen können darüber hinaus auch Aufschluss über bestimmte Allergien bieten, indem die Antikörper gegen Allergene im Blut bestimmt werden. Eine weitere Möglichkeit ist ein Allergietest. Hier werden dem Pferd verschiedene Allergene in kleinen Mengen unter die Haut gespritzt und je nach Reaktion der Haut ist zu sehen, ob eine Allergie vorliegt oder nicht.

 

Können Krankheiten ausgeschlossen werden und kommt es zur Diagnose Allergie, kann ein Ausschlussverfahren helfen, das Allergen zu identifizieren. „Bei Verdacht einer Futtermittelallergie empfehle ich immer eine Eliminationsdiät, bis sich die jeweiligen Symptome nicht mehr zeigen. Idealerweise geht sie über drei Monate. Während dieser Zeit wird das Pferd mit nur ganz wenigen Einzelkomponenten gefüttert, sprich nur Heu, Gras oder Heu plus Gras oder, wenn ein Zusatzfutter dringend erforderlich ist, nur eine Getreideart statt eines Müslis mit vielen Substanzen. So kann ich sämtliche Allergene aus Speiseplan des Pferdes ausschließen, die beispielsweise Kräutermischungen, Leckerlis, fertig gemischtem Mash und Müsli enthalten sind. Ein Pferd kann beispielsweise allergisch auf eine Pflanze sein, in im Müsli, Mash oder in der Kräutermischung vorkommen. Bei einer getreidelastige Fütterung muss ich auch genau hinschauen, weil getreidelastige Fütterung der Funktionalität der Darmwand schadet, sodass, Fremdproteine unverdaut in den Körper gelangen und dort Allergen sein können.“ Zudem können Konservierungsstoffe und Futtermilben, die in vielen Futtermischungen enthalten sind, Allergen sein. „Reagiert das Pferd auf Futtermilben, kann ich die Reaktion beispielsweise abmildern, indem ich entweder ganz auf Futter verzichte, in dem Futtermilben enthalten sein können, oder indem ich das Kraftfutter einfriere oder stark erhitze und so die Proteinstruktur verändere – das gilt übrigens auch für Heu. Wenn in dieser Zeit die Symptome abklingen, habe ich einen Hinweis auf die mögliche Unverträglichkeit und nehme den Auslöser nicht mehr zurück in den Speiseplan meines Pferdes.“

Auch das Sommerekzem ist eine allergische Reaktion. (Foto: Slawik)


Tierheilpraktikerin und Trainerin Lisa Lauenstein-Thölke, die bei Celle einen Therapiestall für Pferde mit Atemwegsproblemen führt, empfiehlt im Zusammenhang mit Allergien immer auch eine ganzheitliche Betrachtung. „Vor allem Atemwegsprobleme haben eine lange Entstehungsgeschichte und wir dürfen uns nicht nur die Symptome wie den Husten anschauen, weil viel mehr dahinterstecken kann. Wir müssen die Zusammenhänge sehen und verstehen, warum ein Pferd beispielsweise hustet. So kann zum Beispiel auch eine Muskelproblematik durch PSSM Husten verursachen, weil die Muskulatur nicht verfügbar ist und die Lunge nicht belüftet wird. Das Pferd kann nicht durchatmen und die Lunge verschleimt. Hier gilt es zunächst gemeinsam mit dem Tierarzt die Reaktion runterzufahren. Im weiteren Verlauf macht es aber durchaus Sinn, die Atemwegsproblematik ganzheitlich zu betrachten. Dazu gehört für mich die Haltungsoptimierung, ein angepasstes Training und auch eine Unterstützung des Immunsystem durch zum Beispiel homöopathische Mittel, spezielle Kräuter oder auch Akupunktur. Hier sollten Schulmedizin und Alternativmedizin Hand in Hand gehen, um nicht nur die Symptome abzustellen, sondern auch die eigentliche Ursache zu finden und aufzuheben.“

 

Allergie behandeln

 

Allergien selbst sind nicht heilbar, weil aufgrund der Allergen-Vielfalt kein Allheilmittel hergestellt werden kann. Die Beschwerden können jedoch mit Medikamenten wie Antihistaminika und Kortison oder einer Hyposensibilisierung (Immuntherapie) gelindert werden. Bei der Immuntherapie, die mehrere Monate dauert, wird das Pferd den Allergenen, auf die es überempfindlich reagiert, in steigender Konzentration ausgesetzt. Auf diese Weise soll sich der Körper schrittweise an die Allergene gewöhnen. Hierfür wird mit denen im Blut identifizierten Allergene eine Hyposensibilisierungs-Lösung hergestellt, die nach einem genauen Zeit- und Dosierungsplan injiziert werden. Die Immuntherapie wird vor allem zur Behandlung von Umweltallergien eingesetzt. Dies können Pollen- und Futtermilbenallergien sein und Allergien gegen Schimmelpilzsporen.

 

Die beste Therapie besteht jedoch darin, die allergieauslösenden Stoffe zu vermeiden, indem die Haltungsform geändert, das Futter optimiert oder das Pferd mit Sommerekzem beispielsweise mit einer Ekzemerdecke geschützt wird. „A und O ist die Vermeidung des Allergenkontakts“, ist Dr. Sandra Löckener überzeugt. „Leider erlebe ich es in der Praxis sehr oft, dass Pferdebesitzer viel darüber nachdenken, wie sie den Organismus ihres Pferdes unterstützen können, statt den Fokus auf die Vermeidung der Allergene zu setzen. Allergenkontakt sollte so weit es geht ausgeschlossen werden - egal wie groß der Aufwand ist. Wird der Allergenkontakt nämlich stark reduziert, kann sich das Immunsystem beruhigen und reagiert nicht mehr so stark. Wichtig ist hierbei auch sich zu verinnerlichen, dass jeder noch so minikleinste Kontakt mit dem Allergen zum Aufflammen der Prozesse führen kann. Das kann die Fütterung eines Leckerlis mit einem Allergen sein oder der einmalige Biss ins trockene Heu. Dies gilt es so penibel wie möglich zu vermeiden. Liegen mehrere Allergene vor und es gib welche, die man auf keinen Fall vermeiden kann, sollten zumindest alle anderen Allergene vermieden werden, um die Gesamtsumme der Allergene runterzufahren. Erst danach sollte über andere unterstützende Maßnahmen fürs Immunsystem nachgedacht werden.“

Pferde mit Atemwegsproblemen sollten kein trockenes Heu fressen. (Foto: Kadel)


Wenn aus einer Allergie
Equines Asthma wird

 

Während sich bei einer Futtermittelunverträglichkeit das Allergen mehr oder weniger leicht vom Speiseplan des Pferdes streichen lässt, sieht es bei Allergien, die die Atemwege betreffen, deutlich schwieriger aus. Dies ist nicht zuletzt auch ein Grund, warum immer mehr Pferde an chronischen Atemwegsproblemen wie Equinem Asthma leiden: Aus einer Allergie wurde chronischer Husten. Ursache hierfür ist das stete Einatmen von Allergenen, das sich aufgrund der Umweltbedingungen nicht komplett vermeiden lässt. Durch den Kontakt mit den Reizstoffen schwellen die Schleimhäute an, es kommt zur Schleimproduktion und die Muskeln um die Bronchien werden enger, weil sie stärker beansprucht werden. Dies erschwert die Atmung und kann im schlimmsten Fall zu Atemnot führen. Es kommt weniger Luft in die Lunge rein und die vorhandene Luft kommt schwerer raus. In diesem Fall wird von einem Bronchospasmus gesprochen. Somit sind Bauchatmung und Atemnot die Folge. Atemwegsprobleme sind mittlerweile sogar der zweithäufigste Grund, warum Pferde eingeschränkt reitbar sind. Und dies schränkt nicht nur die Nutzbarkeit des Reitpferdes ein, sondern ganz massiv auch seine Lebensqualität und sein Wohlbefinden.

 

Therapiemöglichkeiten bei Husten

 

Bekommt das Pferd keine Luft, führt in der Regel kein Weg an Medikamenten vorbei. Bei akutem Husten und Atemnot, verabreicht der Tierarzt abhängig vom Zustand des Pferdes unterschiedliche Medikamente.

 

Um Schleimansammlungen in den Bronchien und der Lunge zu entfernen, können schleimlösende Medikamente, sogenannte Sekretolytika, eingesetzt werden. Leidet ein Pferd an Bronchospasmen, können krampflösende Medikamente helfen, die verkrampften Muskeln rund um die Bronchien zu lösen. Das Pferd bekommt infolgedessen wieder mehr Luft und der angesammelte Schleim kann leichter abtransportiert werden. Liegt eine Entzündung der Atemwege vor, die das Anschwellen der Schleimhaut fördert, wird Kortison verabreicht. Besonders im Anfangsstadium kann Kortison einen schweren Krankheitsverlauf stoppen. Ist der Husten keine Folge von Allergie, sondern liegt ihm eine bakterielle Infektion zugrunde, wird zusätzlich zur symptomlindernden Therapie auch mit Antibiotika behandelt.

 

Darüber hinaus kann die Inhalation mit Sole oder Kochsalzlösung betroffenen Pferden helfen und vor allem chronisch erkrankte Pferde profitieren von der regelmäßigen Aerosoltherapie. Durch das Inhalieren werden die Schleimhäute befeuchtet. Reizende Partikel können sich nicht so leicht festsetzen. Die salzhaltige Inhalationslösung verflüssigt den Schleim in den Atemwegen und macht es dem Pferd leichter, den festsitzenden Schnodder loszuwerden. Für die Inhalation können sowohl eine Maske als auch eine Solekammer oder ein mobiler Inhalationsanhänger genutzt werden. Der Vorteil bei der Inhalation mit Maske besteht darin, dass auch Medikamente vernebelt werden können und dadurch dort wirken, wo sie gebraucht werden: in den Atemwegen. Für die Inhalation von Medikamenten sind auch Dosieraerosolen gut geeignet. Hierbei wird das zu verabreichende Medikament mit einem Sprühstoß vernebelt und gelangt direkt an den Ort der Erkrankung.

 

Die maskenlose Inhalation bietet dagegen den Vorteil, dass die in den Aerosolem enthaltenen Bestandteile nicht nur über das Einatmen aufgenommen werden, sondern auch über die Haut – aus diesem Grund hilft die maskenlose Inhalation in der Solekammern auch Pferden, die an Sommerekzem oder anderen Hauterkrankungen leiden.

 

Bei der Wahl des Inhaliergeräts gibt es verschiedene Optionen. Die am häufigsten verbreitet ist die Inhalation mit Ultraschallverneblern. Diese vernebeln die Flüssigkeit, indem sich durch besonders schnelle Schwingungen kleinste Teilchen der Inhalationsflüssigkeit ablösen. Wichtig bei der Gerätewahl ist die Größe der erzeugten Partikel: Idealerweise haben sie eine Größe von 1-5 µm (Mikrometer). Sind die Partikel nämlich zu groß, dringen sie nicht weit genug in die Atemwege vor und die Inhalation wirkt weniger effektiv.

Beim Heu bedampfen werden Keime abgetötet. (Foto: Kadel)


Atemwegsprobleme: Staubfrei ist das A und O

 

Bei Atemwegsproblemen spielt neben der Symptombekämpfung aber vor allem eine Optimierung der Lebensbedingungen eine wichtige Rolle. Die beste Therapie kann nur dann langfristig erfolgsversprechend sein, wenn auch die Haltungsbedingungen angepasst werden. So gilt in Sachen Pferdehaltung: Staubfrei ist das A und O. Wenn ein (chronisch) hustendes Pferd in einem reinen Boxenstall gehalten wird, sollten unbedingt Reize verhindert werden, die der ohnehin schon gereizten Lunge schaden: Beim Füttern, Misten und Fegen wird in der Regel sehr viel Staub aufgewirbelt. Hier sollte darauf geachtet werden, dass die Arbeiten erfolgen, wenn das Pferd nicht in der Box steht. Auch sollte auf staubige Einstreu verzichtet werden und lieber mit Spänen oder Miscanthus statt mit Stroh eingestreut werden. Einstreu ist häufig stark ammoniakbelastet und reizt damit die ohnehin schon durch die Allergie angegriffenen Atemwege zusätzlich. Daher ist Boxenhygiene ebenfalls wichtig. Werden atemwegserkrankte Pferde in Boxen gehalten, sollte auf ausreichend Frischluft und staubarme Einstreu geachtet werden. Bei der Haltung im Offenstall ist wichtig, dass der Boden nicht staubt, wie es bei Sandböden und anhaltender Trockenheit leicht passiert.

 

Neben der staubarmen Haltung sollte vor allem auch die Fütterung im Fokus der Aufmerksamkeit liegen – insbesondere, wenn die Pferde in Gruppenhaltung im Offenstall leben, wo das Futter in der Regel nicht individuell auf das betroffene Pferd zugeschnitten werden kann. „Wichtig ist, Raufutter in bester Qualität mit möglichst wenig Milbenkot und Schimmelpilzsporen zu füttern. Allerdings befinden sich diese Substanzen aufgrund des Herstellungsprozesses selbst im allerbesten Heu. Wie die Fütterung atemwegserkrankter Pferde im Detail aussieht, ist zudem von Fall zu Fall unterschiedlich“, sagt Dr. Sandra Löckener und zählt die Möglichkeiten auf, die betroffene Pferdebesitzer haben: Heu waschen, Heu bedampfen, Heulage oder Heuersatzprodukte wie Heucobs füttern oder das Heu desinfizieren. „Alle diese Systeme haben Vor- und Nachteile. Zum Desinfizieren von Heu habe ich noch keine richtige Meinung, hier probiere ich noch aus, wie es sich auswirkt und was es im Pferdekörper bewirkt. Beim Bedampfen und der Fütterung von Heuersatzprodukten steht die thermische Entkeimung im Vordergrund. Dabei werden Mikroorganismen abgetötet und sind nicht mehr so allergieauslösend, die toten Mikroorganismen werden im bedampften Heu jedoch trotzdem vom Magen-Darm-Trakt aufgenommen. Beim Waschen geht es ums Ausspülen der Allergene. Zudem sind die Partikel nicht mehr lungengängig, weil beim Auswaschen Heustaub gebunden wird. Bei mir im Rehabetrieb bekommen die Pferde gewaschenes Heu, denn damit habe ich persönlich die besten Erfahrungen gemacht. Zusätzlich wird geguckt, ob die Pferde noch eine thermische Entkeimung brauchen. In Einzelfällen habe ich sogar schon mit Einfrieren gearbeitet.“ Dr. Sandra Löckener empfiehlt das Waschen von Heu auch für Pferde, bei denen ein normaler Atemwegsinfekt vorliegt. Heustaub reizt die Atemwege und verzögert so die Heilung. Der Infekt dauert länger. „Zudem gibt es aktuell eine Studie, die untersucht, ob es einen leistungssteigernden Aspekt gibt, wenn gesunde Pferde mit gewaschenem Heu gefüttert werden. Die Untersuchung ist aber noch im Prozess und die Statistik nicht abgeschlossen. Daher kann ich hierzu noch nicht viel sagen.“

 

Auf die Fütterung mit trockenem Heu würde die Fachfrau nach Möglichkeit komplett verzichten. „Heustaub ist Allergieauslöser Nummer eins und da es bei akuter und chronischer Atemwegsproblematik um die Vermeidung des Allergenkontakts geht, bin absolut dafür, dass betroffenen Pferden kein trockenes Heu gefüttert wird. In diesem Fall kann es sich dem Allergenkontakt nämlich nicht entziehen.“ Sollte aus verschiedenen Gründen nur die Fütterung von trockenem Heu möglich sein, empfiehlt Dr. Sandra Löckener, dass das Pferd das Heu nicht direkt vom Ballen frisst, sondern dass das Heu vorher gut aufgeschüttelt wird.

 

Neben der Optimierung von Haltung und Fütterung spielt bei Hustenpferden vor allem auch die angepasste Bewegung eine wichtige Rolle. Bewegung unterstützt die Selbstreinigung der Atemwege. Hat ein Pferd zu wenig Bewegung, lagern sich Schleim, Bakterien und Fremdstoffe in der Lunge ab und belasten die Atemwege. Allerdings muss die Bewegung immer der Situation des Pferdes angepasst sein. Hat ein atemwegserkranktes Pferd Symptome und macht pro Minute mehr als 30 Atemzüge, ist es nicht trainierbar, denn es bekommt nicht ausreichend Luft.

Tierheilpraktikerin und Trainerin Lisa Lauenstein-Thölke baut die Trainingstherapie ihrer atemwegserkrankten Rehapferde immer individuell auf dem jeweiligen Gesundheitszustand der Pferde auf: „Mir geht es in erster Linie darum, den Körper wieder nutzbar zu machen. Im ersten Schritt gebe ich den Pferden ihre Rippenbewegung zurück und nutze hierfür unter anderem die Bewegungstherapie unter biomotorischen Aspekten. So sorge ich dafür, dass wieder Luft ins System kommen kann. Anschließend lasse ich die Pferde in der Solekammer inhalieren und weiß, dass das, was das Pferd einatmet, auch wirklich tief in die Lunge kommen und wirken kann.“ Nach der Inhalation steht angepasste Bewegung an, bei der die Ausdauer im Fokus steht. „Im Trab und Galopp löst sich der Schleim am besten. Und wenn die Pferde danach mit tiefem Kopf fressen, erlebe ich manchmal, dass der Schleim läuft, als ob ein Wasserhahn aufgedreht wurde.“ Allerdings hängt die eigentliche Bewegungstherapie bei Atemproblemen immer auch sehr stark vom jeweiligen Zustand des Pferdes ab, erklärt Lisa Lauenstein-Thölke. „Hat ein Pferd akute Atemnot, kann ich es nicht im Trab und Galopp trainieren oder stand es ein halbes Jahr auf der Weide, kann ich es nicht 20 Minuten im Trab oder Galopp laufen lassen.“ Bei Pferden, bei denen gar nichts geht und ankommt, setzt sie gern auch eine Magnetfelddecke ein. Magnetfelddecken erzeugen ein elektromagnetisches Signal, dessen Schwingungen vom Körper aufgenommen werden und die Körperzellen in Eigenschwingungen versetzen. Dies wiederum regt die Durchblutung und den Zellstoffwechsel und somit die Sauerstoffversorgung des Körpers an, die bei einem atemwegserkrankten Pferd nicht immer optimal ist.

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