Fit sein als Lebensstil
Fit sein ist für Anna Abbelen, Laura Klaphake und Jessica von Bredow-Werndl ein Lebensstil, den sie bei aller Hektik im Turnieralltag nicht mehr missen möchten. Allerdings sind sich alle einig, dass nicht nur Sport zum fit sein dazu gehört. „Außerdem bedeutet es für mich, dass man jeden Tag und seine Ereignisse achtsam wahrnimmt und sich positiv ausrichtet. Das verhilft beim Reiten und auch sonst im Leben zu einer ganz anderen Einstellung“, beschreibt Jessica von Bredow-Werndl.
Und fithalten ist natürlich im Winter auch fürs Pferd angesagt. Springreiterin Katrin Eckermann, die im vergangenen Jahr die Stute Chao Lee zum Weltmeistertitel der jungen Springpferde ritt, merkt an, dass die Tiere so oft und so lange wie möglich nach draußen sollten. „Die Pferde bekommen bei mir im Winter Decken drauf, aber ansonsten gibt es zur warmen Jahreszeit keinen Unterschied. Es geht täglich mehrere Stunden raus auf Koppel und Paddock. Den Pferden ist nicht so kalt wie man immer denkt. Deshalb kommen sie bei mir im Sommer und Winter gleich lange nach draußen. Die Pferde sind froh draußen zu sein und das bei jedem Wetter. Manchmal wird von den Menschen das Thema einfach zu sehr durch die eigene Brille gesehen und dramatisiert.“
Auch Dr. Henrike Lagershausen, Leiterin der FN-Abteilung Veterinärmedizin, betont: „Die ganzjährige, tägliche freie Bewegung für jedes Pferd ist ein Muss! Dabei bietet der Freilauf an der frischen Luft die Gelegenheit, sich nach Lust und Laune inklusive dem ein oder anderen Bocksprung zu bewegen. Darüber hinaus ermöglicht dies dem Pferd, auch im Winter die nötige Ration Tageslicht und frische Luft zu tanken, sich den Klimareizen auszusetzen, die Umgebung zu erkunden oder sich ausgiebig zu wälzen. Der tägliche freie Auslauf ist somit sehr wichtig für die physische und psychische Gesunderhaltung eines jeden Pferdes und bietet eine Vielzahl an positiven Effekten für den Organismus. „Täglich und so lange wie möglich!“ sollte das Motto sein. Davon profitiert auch der Reiter: Pferde die auch im Winter täglich ausreichend freie Bewegung bekommen, sind deutlich ausgeglichener, zufriedener und weniger schreckhaft.“
Der Tipp der Veterinärin gegen allzu großen Übermut bei schwierigen Wetterverhältnissen: „Um Verletzungen vorzubeugen, sollten besonders lebhafte Pferde erst nach der Trainingseinheit auf den Paddock oder die Weide gelassen werden. Dies hat mehrere Vorteile: Der Körper des Pferdes ist bereits aufgewärmt und das größte Bewegungsbedürfnis wird schon während der Trainingseinheit abgebaut. Alternativ können die Pferde gerade im Winter vor dem Rauslassen in der Führmaschine oder durch Führen an der Hand aufgewärmt werden.“
Neues ausprobieren
Der Winter ist ideal, um Neues bei der täglichen Arbeit einzubauen und an einzelnen Fragestellungen konzentriert zu arbeiten. „Die Pferde sollen Abwechslung haben und gemeinsam soll die Arbeit Freude machen. Ich versuche jeden Tag ein bisschen anders zu gestalten, damit es spannend bleibt für sie“, berichtet Jessica von Bredow-Werndl über ihre Winterarbeit. „Dazu gehört auch das Reiten ohne Sattel oder Scheutraining. Auch steht für alle Pferde Freispringen auf dem Programm oder die Pferde dürfen sich frei in der Halle bewegen. Außerdem spiele ich immer gern mit den Pferden und fördere damit die Neugier. Die spielerische Arbeit macht die Pferde selbstbewusst und sie bekommen ein besseres Körpergefühl. Abwechslung kann so einfach sein – und macht gerade einen augenscheinlich zunächst tristen Wintertag so viel interessanter. Von der anderen Seite aufsteigen, ohne Sattel – aber besser mit Polster oder Schabracke – reiten, die veränderte Landschaft draußen im Winter bei Schnee oder Raureif am Morgen, Bodenarbeit mit einbauen, schöne Musik zum Reiten hören, Trainingsabläufe ändern – das bringt viel Spaß für alle beteiligten.“
Weltmeisterin Simone Blum nutzt den Winter, um gezielt mit ihren jungen Pferden am Heranführen an den Sport zu arbeiten. Für sie, aber auch für ihre Cracks, steht insbesondere Dressurarbeit auf dem Programm. „Die Pferde gehen je nach Alter und Ausbildungsstand Traversalen, Schulterherein und viele weitere Lektionen bei uns. Wir trainieren regelmäßig Versammlung, Zulegen – und anders als vielleicht manch einer denken möchte, geht das auch mit einem Springsattel. Mein Mann und ich finden, dass das Training der Pferde mit der passenden Dressurarbeit perfekt unterstützt wird und diese auch die Basis bildet. Unsere Pferde müssen durchgeritten sein. Viele Sprünge trainieren bringt nichts, wenn es an der Rittigkeit des Pferdes hapert. Deshalb steht gerade bei den erfahrenen Pferden auch kaum Springtraining auf dem Programm.“